Evolution statt Revolution. Anke Nienkerke-Springer
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Diese Kernaussagen sollen nun näher ausgeführt werden.
»Man weiß nie, was daraus wird, wenn die Dinge verändert werden. Aber weiß man denn, was daraus wird, wenn sie nicht verändert werden?«
ELIAS CANETTI
Kapitel 1
Die unternehmerische Lebensaufgabe
Ihr Check für die schnelle Übersicht | |
Was dieses Kapitel bietet | Es gibt fünf Merkmale, die ein evolutionäres Unternehmen, das einer unternehmerischen Lebensaufgabe nachkommen will, erfüllen sollte. |
Fortschritte, die Sie erzielen können | Sie prüfen, welche der entscheidenden Merkmale eines evolutionären Unternehmens bei Ihnen bereits realisiert sind. |
Mehr als nur ein Unternehmen
Mithilfe authentischer Beispiele lässt sich veranschaulichen, worum es jetzt geht: um Unternehmen, die nicht nur allein einer unternehmerischen Aufgabe nachkommen wollen, nämlich Umsätze steigern, Gewinne machen und Marktanteile ausbauen. Vielmehr stehen Unternehmen im Fokus, über die wir sagen können: »Das ist mehr als nur ein Unternehmen«, weil es eine Haltung hat, eine Lebensaufgabe erfüllen will, ein höheres Ziel verfolgt. Zu diesen Unternehmen gehört zum Beispiel der Outdoor-Ausrüster VAUDE im baden-württembergischen Tettnang-Obereisenbach am Bodensee.
Weniger Egodenken, mehr Konzentration auf große Ziele
Geschäftsführerin Antje von Dewitz hat die Vision, als »nachhaltigster Outdoor-Ausrüster Europas einen Beitrag zu einer lebenswerten Welt« zu leisten, »damit Menschen von morgen die Natur mit gutem Gewissen genießen können«. Das nachhaltige Denken über die Generationen hinweg, die Weitung der Perspektive über die rein ökonomische Ausrichtung hinweg und der Versuch, durch ein sinnvolles Miteinander mit den Mitarbeitern gemeinsam etwas zu schaffen, zeigen, dass wir es mit einem Unternehmen zu tun haben, das sich seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung stellt. Dafür übernimmt die Geschäftsführerin persönliche und unternehmerische Verantwortung, indem sie umweltschädliche Mobilität so weit wie möglich vermeidet und es sich zum Ziel gesetzt hat, die gesamte Produktpalette ökologisch und sozial herzustellen. (Zu den VAUDE-Zitaten siehe VAUDE: Nachhaltigkeitsbericht 2017)
Beiträge für eine lebenswerte Welt
Bei der GLS Gemeinschaftsbank in Bochum ist diese Verabschiedung von einer egozentrierten Haltung gleichfalls zu beobachten. Die Bank ist sozial-ökologischen Grundsätzen verpflichtet, denkt bei ihren Geschäftsaktivitäten an das Klima, die Unternehmens- und Betriebskultur und ist von einem offenen und ehrlichen Miteinander im Umgang geprägt. Die Verantwortlichen pflegen einen Führungsstil, der von einem ganzheitlichen Menschenbild ausgeht. Die Bank will nicht einfach nur Geldgeschäfte abwickeln, sondern einen Beitrag zum gesellschaftlichen Wandel leisten, der auf die Wahrnehmung sozialer und ökologischer Verantwortung abhebt.
Ein weiteres Beispiel ist das Start-up-Unternehmen Share GmbH mit dem Claim »Teilen für eine bessere Welt«, das Kunden und Interessenten zu Spenden anregen will. Damit bedient das Social Start-up gleich mehrere Trends: Die Menschen schenken immer öfter Firmen das Vertrauen, die auf ethischen Konsum und verantwortliches und wertegetriebenes Unternehmertum achten. Das mögen sie nicht immer ganz uneigennützig machen, es gibt mittlerweile viele Konzerne, die öffentlichkeitswirksam spenden und Sozial- und Umweltschutzprojekte fördern. Und selbstverständlich will auch die Share GmbH Geld verdienen, Produkte verkaufen und wachsen. Aber das allein genügt den Verantwortlichen nicht – unabhängige Beobachter analysieren: Was die Gründer »von anderen unterscheidet, sind ihre Motivation und der Unternehmenszweck. Es geht ihnen nicht um maximalen Profit oder einen baldigen Börsengang. Sie wollen sozialen Konsum in Deutschland etablieren, indem sie das Spenden einfach machen (…) Für jeden verkauften Bionussriegel etwa verspricht Share, einen Menschen in Not mit einer Mahlzeit zu versorgen.« (Rosenbach, Salden 2018, S. 72)
Es geht nicht darum, die Aktivitäten der genannten Firmen im Einzelnen zu bewerten. Von Bedeutung jedoch ist bei den Beispielen stets die Haltung, die hinter den unternehmerischen Entscheidungen und Aktivitäten steht. Den Verantwortlichen in den Firmen geht es nicht allein darum, dem Kunden Produkte anzubieten, die ihm einen Nutzen stiften. Nein, sie verbinden mit ihrem Unternehmertum eine Vision, eine Zwecksetzung und, so möchte ich es nennen, eine unternehmerische Lebensaufgabe, die über sich selbst hinausweist. Sie wollen nicht nur einfach Produkte oder Dienstleistungen verkaufen, sondern verfolgen vielmehr einen höheren Zweck, den sie jeweils in einer Kernbotschaft zum Ausdruck bringen. Unternehmer und Führungskräfte zeigen Haltung, sie nehmen eine eindeutige Position ein, über die man vielleicht diskutieren und streiten kann, aber eines ist deutlich: Mit dieser Haltung beweisen sie klare Kante. Und sie trauen sich auch, im Kontext ihrer jeweiligen Lebensaufgabe motivierende Worte in den Mund zu nehmen, so etwa, wenn VAUDE-Geschäftsführerin Antje von Dewitz von einer »lebenswerten Welt« spricht, zu der sie gemeinsam mit ihren Mitarbeitern einen substanziellen Beitrag leisten möchte.
Wie immer, wenn jemand eine unmissverständliche Haltung einnimmt, gilt: Die genannten Firmen und ihre Verantwortlichen verfügen über ein Alleinstellungsmerkmal, werden aber auch angreifbar, weil sie gegen den Strom schwimmen. Das sorgt für Zustimmung und Sympathie, und teilweise für Ablehnung und Skepsis. Auf jeden Fall aber kann man sagen: »Die trauen sich etwas zu, die versuchen etwas Neues, das ist ein Unternehmen mit Persönlichkeit, das sich nicht nur um sich selbst und Gewinnmaximierung um jeden Preis dreht. Das ist mehr als nur ein Unternehmen, für das sich Menschen zusammengeschlossen haben, um Geld zu verdienen!« Bei VAUDE ist es zum Beispiel die Verknüpfung von Nachhaltigkeit und Vertrauenskultur im Unternehmen, bei Share die Intention, sozialen Konsum zu etablieren, bei der GLS Bank die Etablierung sozialökologischer Finanzgeschäfte. Die Lebensaufgabe und Mission eines Unternehmens können aber natürlich auch in anderen Aktivitäten bestehen. So unterstützt Lycka durch den Kauf von Bio-Produkten Kinder in Burundi, damit diese eine Schulmahlzeit erhalten. Das Unternehmen Lemonaid produziert Limonade und