30 Minuten Typisch ich, typisch du. Frauke Ion
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Vorwort
„Das ist ja mal wieder typisch für dich!“ Diesen Satz haben wir alle schon gehört bzw. anderen gegenüber geäußert. Aber was ist „typisch“? Und was meinen wir genau, wenn wir auf diese Weise versuchen, unserem Gegenüber zu spiegeln, dass wir ein bestimmtes Verhaltensmuster wahrnehmen, das uns Schwierigkeiten bereitet?
Sich selbst und andere wirklich zu verstehen – hinter diesem Wunsch steht das zutiefst menschliche Bedürfnis, stabile Beziehungen gestalten zu können. Wir alle kennen Gefühle von Ratlosigkeit bis Verzweiflung, wenn wir reden, ohne verstanden zu werden, oder es uns wiederholt nicht gelingt, das Verhalten eines anderen Menschen nachzuvollziehen. Gleichzeitig wünschen wir uns, dass unsere „typischen“ Eigenheiten Akzeptanz erfahren oder großzügig über sie hinweggesehen wird.
Auch in Unternehmen sind die Ausprägungen gestörter Kommunikation vielfältig. Sie reichen von subtilen Verstimmungen bis zu handfesten Konflikten, die häufig gravierenden wirtschaftlichen Schaden anrichten. Während Zuschreibungen schnell gemacht sind, scheint es herausfordernd, ohne „Schubladisierung“ zu hinterfragen, warum man die Zusammenarbeit mit einem Teammitglied als mühelos und angenehm, mit einem anderen schlichtweg als anstrengend erlebt. In Zeiten virtueller Zusammenarbeit und sich schnell verändernder Teamkonstellationen ist es besonders wichtig, sich situationsgerecht auf unterschiedlichste „Typen“ einstellen zu können, ohne sich in der eigenen Persönlichkeit zu verbiegen.
Das vorliegende Buch möchte Ihnen einführendes Wissen über das Diagnoseinstrument Insights Discovery® vermitteln, das mithilfe eines Vier-Farbenergie-Modells individuelle Verhaltenspräferenzen abbildet. Insights Discovery® basiert auf der Typologielehre C. G. Jungs und ist in vielen Anwendungsbereichen vom Einzelcoaching über Teamentwicklung bis zu organisationalen Veränderungsprozessen hochwirksam einsetzbar. Sie lernen, wie Sie typengerechter kommunizieren und die Zusammenarbeit erfolgreicher gestalten. Die Annahme, einen anderen Menschen ändern zu können, ist eine Illusion, die wir ablegen müssen, wenn wir aufrichtiges Interesse an gelingender Kommunikation haben. Wir laden Sie daher ein, Ihre eigenen Präferenzen und deren Auswirkungen auf Ihr Arbeitsumfeld zu reflektieren. Tipps und Beispiele aus dem Unternehmensalltag helfen Ihnen dabei, das neu gewonnene Wissen sofort umzusetzen.
Eine Warnung vorweg: Es ist wahrscheinlich, dass Sie bislang „schwierige“ Menschen nach der Lektüre in einem völlig neuen Licht sehen. Erschrecken Sie also nicht, wenn Gespräche plötzlich unkomplizierter und zielführender ablaufen. Und nein – Ihr Gegenüber ist nicht über Nacht ein anderer Mensch geworden.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!
Silke Hermann und Frauke Ion
1. Typologie – eine Einordnung
Die Typologie oder auch Typenlehre hat das Ziel, Menschen nach ihren Persönlichkeitseigenschaften in verschiedene Verhaltenstypen zu kategorisieren. Demnach ist Verhalten „typisch“. Wenn Sie bei diesem Satz mit dem Kopf schütteln und sagen, dass Menschen sich nicht in Schemata pressen lassen, dann haben Sie recht. Die Typologie will sie auch nicht in Schubladen stecken, sondern Verhaltenstendenzen aufzeigen, in denen sich Menschen mehr oder auch weniger stark wiederfinden können.
Das Interesse an der Typologie ist nicht neu. Schon vor über 2500 Jahren beschäftigten sich Philosophen, Naturforscher und Mediziner mit der Frage: „Wieso verhalten sich Menschen unterschiedlich?“ Um die Entstehung der Typologie besser zu verstehen, lassen Sie uns einen kurzen Ausflug in die Historie der Typenlehre unternehmen.
1.1Wurzeln und Entwicklung
Die Typologie oder Typenlehre hat ihren Ursprung in der Antike. So basierte die „Vier-Elementen-Lehre“ des griechischen Philosophen und Naturforschers Empedokles (495–435 v. Chr.) auf der Theorie, dass der Mensch durch die vier Naturelemente Feuer, Luft, Wasser und Erde geprägt sei.
Hippokrates (460–370 v. Chr.) ging in seiner Profession als Arzt der Frage nach, warum Menschen, die unter derselben Krankheit oder Verletzung leiden, unterschiedlich mit den Folgen bzw. Symptomen umgehen. Er sah unterschiedliche Körpersäfte dafür verantwortlich und teilte Menschen demnach in vier Temperament-„Typen“ mit unterschiedlichen Verhaltensweisen ein:
Auch wenn Empedokles’ und Hippokrates’ Erklärungen, Naturelemente bzw. Körperflüssigkeiten seien die Ursache für Verhalten, nicht dem heutigen wissenschaftlichen Stand entsprechen, sind ihre Beobachtungen und Einteilungen dennoch bis heute relevant.
Schon vor über 2500 Jahren beschäftigten sich Philosophen, Naturforscher und Mediziner wie Empedokles und Hippokrates mit der Erforschung wiederkehrender Muster im menschlichen Verhalten. |
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1.2Carl Gustav Jung – Wegbereiter und Visionär
Mit seinem 1921 erschienenen umfassenden Werk „Psychologische Typen“ schuf der Schweizer Arzt und Psychiater C. G. Jung (1875–1961) die Grundlage für eine Reihe an Persönlichkeitsdiagnostiken. So gehen neben Insights Discovery® diverse andere bekannte Instrumente auf die Arbeit Jungs zurück. Nicht zuletzt hängt dies mit der über Jahrzehnte anhaltenden Popularität seines Werks zusammen. Jung, der in Abgrenzung zur Psychoanalyse seines ehemaligen Lehrers und Freundes Sigmund Freud die Analytische Psychologie begründete, beobachtete während der Arbeit mit Patienten divergierende, aber wiederkehrende Muster im menschlichen Verhalten. Das unterschiedliche Erleben von subjektiver Realität führte Jung ursächlich auf persönlichkeitsbezogene Merkmale zurück, die er anhand von drei Ebenen bzw. drei Präferenzpaaren beschrieb: