Wenn Sie wollen. nennen Sie es Führung. Cyrus Achouri

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Wenn Sie wollen. nennen Sie es Führung - Cyrus Achouri Dein Business

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als graduelle Störung der Autopoiese. Auch dies kann als Ordnungsfunktion verstanden werden, allerdings nur im Sinne einer Negation S(n). Zusätzlich ist Ordnung systemtheoretisch auch immer schon im Sinne der Selbstorganisation (So) sowie der Iteration (I) vorhanden. Die beiden Formeln lauten in ihrer Kurzfassung demnach:

Systemischer Formalismus Darwinistischer Formalismus

       Unterscheidungskriterium externer Maßstab

      Beim darwinistischen Modell wird die Anpassungsleistung des eigenen Systems und gegebenenfalls fremder Systeme über einen dritten Maßstab gemessen; dabei ist dann Konkurrenz im Spiel. Hingegen variiert das systemische Modell lediglich die eigenen Operationen (V), ohne Referenz auf die Umwelt oder andere Systeme als externem Maßstab.

      Vielleicht kann Zenons Paradoxon von Achill und der Schildkröte den Unterschied noch einmal verdeutlichen: Eine Schildkröte wettet mit dem schnellen Achill, dass er sie, mit einem kleinen Vorsprung bedacht, nie einholen könne, und sie behält recht. Achill muss nämlich immer erst zu dem Punkt kommen, an dem sie schon ist. Während Achill die Strecke bewältigt, die die Schildkröte als Vorsprung bekommen hat, verschafft sich die Schildkröte einen neuen – wenn auch kleineren – Vorsprung. Und so geht es weiter. Mithin kann sich Achill asymptotisch annähern und die Entfernung ständig verringern, aber er kann das Tier doch nie einholen. Die Parabel verdeutlicht die Unmöglichkeit systemischen Wettkampfs. Im darwinistischen Verständnis des Wettkampfs würde natürlich Achill siegen, denn Wettkampf würde dann als Vergleich der beiden gegenüber einem dritten Maßstab verstanden werden, in diesem Fall einer gesetzten Ziellinie.

       Unterscheidungskriterium Konkurrenz

      Unter erkenntnistheoretischen Gesichtspunkten legt das darwinistische Modell in seiner Abbildtheorie einen philosophischen Realismus zugrunde. Daher wird Adaption als Vergleich mit einem externen dritten Maßstab verstanden. Das eigene System vergleicht sich und andere Systeme anhand des durch die Umwelt vorgegebenen Maßstabs, dem Tertium Comparationis. Konkurrenz kann somit definiert werden als der Vergleich aller Organismen am Maßstab ihrer Anpassung an die Umwelt.

      In systemtheoretischer Perspektive findet kein Vergleich statt, da erkenntnistheoretisch die Außenwelt weder erkannt noch fokussiert wird. Die Umweltanpassung (A(U)) wird hier lediglich als Variation (V) eigener Systemordnung verstanden. Hat man dies verstanden, wird auch klar, dass im systemtheoretischen Sinne ein Organismus nicht zu anderen in Konkurrenz treten kann. Ein Vergleich mit anderen setzt einen Vergleichsmaßstab als drittes Moment voraus. Wird dieser nicht angelegt, kann man zwei Individuen in ihrer jeweiligen Einzigartigkeit nicht vergleichen. Mit sich selbst in Wettkampf zu treten, ist ebenfalls unsinnig, denn Konkurrent und Maßstab werden dann identisch.

       Unterschiedliches Verständnis von »Leistung«

      Die Differenz von Umweltanpassung im darwinistischen Sinne (A(U)) und Variation im systemischen Sinne (V) zeigt sich beispielsweise auch darin, wie Motivation und Leistung eines Organismus definiert werden. Im darwinistischen Sinne entspricht Leistung einer Anpassungsleistung, die mithilfe eines externen Maßstabs, der überindividuell gesetzt ist, ermittelt wird. Dieser Maßstab ist für alle Organismen gleich. Im systemischen Sinne entspricht Leistung der Variationsleistung, eine Leistung, die von außen gleichsam erzwungen wird, auf Ebene der Selbstorganisation aber immer schon vorhanden ist. Dagegen scheint der darwinistisch verstandene Organismus aktive Leistung an die Adaption zu binden, die Leistung wird damit durch das Delta von Umwelt- zu Selbststruktur bestimmt. Fehlt dieses Delta, findet sich im Organismus nach dieser Theorie zunächst kein Leistungsinteresse. Aus diesem Paradigma ergibt sich auch die geläufige Folgerung, dass die Natur des Menschen so gestrickt sei, dass er vor allem unter Druck und Anpassungszwang zu Leistung bereit sei.

       Unterschiedliches Verständnis von »Motivation«

      Auch Motivation wäre demnach im darwinistischen Sinne extrinsisch, durch den Anreiz, das Delta zu vermindern, geprägt. Im systemischen Sinne dagegen ist Motivation immer schon vorhanden, noch vor jeder Perturbation. Dies zugestanden, können wir uns fragen, ob Motivation durch Perturbation nicht reziprok zum darwinistischen Verständnis gesehen werden muss, also als abnehmend bei zunehmender Perturbation. Ein Organismus, der die Selbstorganisation aufrechterhalten will, fühlt sich durch Perturbationen in seiner Organisation gestört und nicht motiviert. Konkurrenz kann somit nach systemischer Theorie kein leistungssteigerndes Mittel sein. Konkurrenz kann in systemischem Verständnis gar nicht als solche wahrgenommen werden, weil der hierfür nötige Vergleichsmaßstab im System fehlt. Zum anderen wird Leistungsdruck in systemischer Weise nicht mit Adaptionsleistung beantwortet, sondern mit Variation, welche mit verminderter Selbstorganisation gleichgesetzt werden kann. Dies wird, aller Wahrscheinlichkeit nach, Motivation aber nicht stärken, sondern schwächen. Das darwinistische Paradigma der Konkurrenz hingegen verspricht eine Leistungssteigerung durch Anpassungsdruck.

      In dem Maße, wie die Systemtheorie Anpassung in diesem Sinne nicht kennt, sind auch die Begriffe von Leistung und Motivation neu zu definieren. Leistung findet demnach immer schon statt, unabhängig vom vorhandenen Umweltdruck. Ebenso ist die Motivation, Leistung zu erbringen, im selbstorganisatorischen System bereits ab ovo angelegt. Hindert man Systeme an ihrer Tätigkeit, so werden Motivation und Leistung gemindert, nicht gefördert. Diese Aussagen haben entscheidende Folgerungen für Unternehmen und erfolgreiches Performance-Management, wie wir in Kapitel 11 noch sehen werden.

       Der unverstandene Darwin?

       Soziale Instinkte

      In zahlreichen späteren Interpretationen ist Darwin einseitig in Richtung Sozialdarwinismus ausgelegt worden, und das prägt auch heute noch vielfach unser Verständnis. Dabei steht er systemtheoretischen Überlegungen in der Evolutionsbiologie näher, als es in der öffentlichen Rezeption deutlich wird. Obwohl Darwin nur noch wenige Instinkte als verhaltensprägend für den Menschen ansieht, führt er doch Liebe und Sympathie durchaus als instinktive Merkmale an. Das Motiv der Hilfeleistung ist für ihn beim Menschen ein modifizierter Impuls, der zusätzlich zu seinen vererbten Merkmalen durch Lob und Tadel der Mitmenschen beeinflusst wird. Je höher allerdings die Entwicklung von Organismen, desto geringer sei die Bindung an Instinkte – und dies gilt auch für gegenseitige Hilfe. Für Darwin werden Liebe, Sympathie, Selbstbeherrschung und Hilfsbereitschaft zu einem großen Teil auch von Gewohnheit bestimmt; sie lassen sich stark von der Lebensführung und den Urteilen des sozialen Umfeldes beeinflussen.

      In höher entwickelten Kulturen weiten sich soziale Instinkte und Sympathien auch auf Fremde aus. (Darwin 1871) Darwin führt darüber hinaus das Prinzip der Unterstützung Schwacher an, um das Wohl der Gemeinschaft zu erhalten. Dementsprechend haben diejenigen Gemeinschaften die meisten Nachkommen, welche die meisten harmonisierenden Mitglieder haben.

      In Anlehnung an Herbert Spencer geht Darwin von der Möglichkeit aus, dass moralische Neigungen sich vererben, wie er überhaupt einen Teil »Lamarckismus« in sich trägt, wenn er behauptet, dass Gewohnheiten, die generationenlang ausgeübt werden, dazu neigen, vererbt zu werden. (Darwin 1905) Eine vollständige Lösung vom Lamarckismus propagierte erst später der Neodarwinist August Weismann. (Mayr 1988)

       Darwin

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