Wenn Sie wollen. nennen Sie es Führung. Cyrus Achouri

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Einwand gegen die Selbstorganisationstheorie, da diese Veränderungen im Kontext von Umwelteinflüssen keineswegs ausschließt. Im Gegensatz zur traditionellen darwinschen Lehre wird die Veränderungsleistung aber nicht als Repräsentationsleistung gewertet, vielmehr entsteht die Veränderung durch eigengesetzliche Operationen des Organismus. Mit anderen Worten: Die Umgebung beeinflusst die Pflanze jeweils unterschiedlich; die Lösung, die der Löwenzahn hierfür findet, beruht jedoch auf seiner inneren Organisation.

      Hierzu ein Beispiel mit einfacheren Organismen: Wenn wir an die Orientierung von Bakterien in der Umwelt denken, macht es kaum Sinn, von Erkenntnis, Wahrnehmung und Repräsentation der äußeren Umwelt zu sprechen. Vielmehr werden physische Änderungen registriert und bewertet, so etwa, wenn sich Bakterien auf Zucker oder Licht zu- bzw. von Säure oder Wärme fortbewegen. Die Impulse von außen sind nicht instruktiv, sondern nur restriktiv. Die traditionelle darwinsche Lehre versteht Anpassung als Repräsentation der Umwelt, die moderne Evolutionsbiologie versteht sie im Sinne der Selbstorganisation als Überlebensfähigkeit. Veränderungen zwingen uns zur Anpassung. Aber auch hier gilt: Je größer unsere Fähigkeit ist, uns so zu organisieren, dass dies mit den Anforderungen der Umwelt übereinstimmt, umso erfolgreicher können wir Veränderungen bewältigen und umso besser sind unsere Regenerationsaussichten nach Rückschlägen, psychologisch auch Resilienz genannt. (Joyce 2008)

       Komplexe Lebensformen – nach darwinistischer Theorie unsinnig

      Der moderne evolutionsbiologische Gedanke der Koevolution von makro- und mikroskopischen Lebensaspekten modifiziert das darwinistische Verständnis von rückkopplungsfreier Anpassung des Lebens an eine vorgegebene Umwelt. Im Darwinismus passt sich die Mikroevolution an eine Umwelt an, deren Evolution nicht im Fokus steht. Postdarwinistische Evolutionsbiologie sieht jedoch nicht in der erfolgreichen Anpassung des Lebens an eine bestehende Umwelt das formende Element, vielmehr bestimmt demnach die Gesamtheit der ökologisch vernetzten Lebensprozesse die genetische Verankerung von Lebensformen. Bestünde der Sinn der Evolution in der darwinistischen Anpassung, so wäre die Entwicklung komplexer Lebensformen unsinnig, die frühesten Lebewesen waren bereits weitaus besser an ihre Umwelt angepasst. (Jantsch 1992)

      Konkurrenz, Kooperation und Koevolution

       Kooperation – wichtiger als Konkurrenz

      Darwin hat die Rolle der Konkurrenz überbetont, und dies ist später im Sozialdarwinismus, insbesondere bei den Nationalsozialisten, missbraucht worden. In der modernen Evolutionsbiologie wird dagegen die Bedeutung der Symbiose in der Natur betont. Mehr als die Hälfte der Biomasse lebt in symbiotischen Beziehungen. Und auch für die heutige Ökonomie mit ihren hochkomplexen Produkten ist Kooperation nicht nur logistisch eine Voraussetzung für den Erfolg. Die zukünftigen globalen Herausforderungen lassen sich nur synergetisch und kooperativ lösen, miteinander und nicht gegeneinander. Betrachtet man die evolutionsbiologischen Prinzipien näher, so zeigt sich, dass dem (sozial-)darwinistischen Begriff der Konkurrenz nicht die Bedeutung zusteht, die er vielfach bekommen hat. Kooperation und Kreativität haben demgegenüber eine viel stärkere Rolle in der Evolution gespielt.

      Schon der russische Fürst Peter Kropotkin, ein Zeitgenosse Darwins, wies darauf hin, dass bereits im Tierreich die gegenseitige Unterstützung unter Artgenossen und ihre Verteidigung mehr zähle als das Prinzip von Kampf und Konkurrenz. So steht für Kropotkin fest, dass die im Sinne Darwins »Fittesten« nicht diejenigen sind, die ständig Krieg gegeneinander führen, sondern die, die sich unterstützen und wechselseitige Hilfe annehmen. Ameisen und Bienen etwa hätten auf den hobbesschen »Kampf aller gegen alle« verzichtet und stünden sich besser dabei.

       Kritik an Darwins Selektionsprinzip

      Kropotkin geht so weit, einen evolutionären Imperativ aufzustellen: »Streitet nicht! … Daher vereinigt Euch – übt gegenseitige Hilfe!« (Kropotkin 1908, 67f.) Streit und Konkurrenz seien für eine Art immer schädlich. Auch lehre die Natur uns, dass die Mittel zur Vermeidung von Kampf vorhanden sind. Zwar könne im Kampf ums Überleben während bestimmter Lebensperioden, bestimmter Jahreszeiten oder Generationen tatsächlich eine Selektion der Fittesten erfolgen, das aber sei kein allgemeines evolutionäres Prinzip. Wenn sich die Evolution zu einem Großteil auf das Überleben der Fittesten in Zeiten des Unglücks gründen würde, so wäre nicht Darwins nach oben gerichteter Gradualismus die Folge, sondern der evolutionäre Rückschritt. Dies liegt für Kropotkin daran, dass natürliche Auslese lediglich diejenigen Individuen schonen kann, die mit der größten Fähigkeit zur Entbehrung begabt sind, letztlich aber in ihren Möglichkeiten immer hinter denjenigen zurückbleiben, die bessere Umstände vorfinden. Diese Kritik an Darwins Selektionsprinzip hatte bereits Tschernyschewski angeführt: »Das Übel kann kein Gutes hervorbringen.« (Zit. nach: Kropotkin 1908, 66) Vielmehr sei zu beobachten, dass die natürliche Auslese fortwährend gerade solche Wege wählt, bei denen sich Konkurrenz möglichst vermeiden lässt.

       Koevolution

      Die Prinzipien von Kooperation und Selbstorganisation führen zu einem weiteren Prinzip der Systemtheorie, dem der Koevolution. Im Gedanken der Koevolution beeinflussen sich zwei benachbarte Systeme, und aus diesen Feedbackschleifen entstehen emergente Systeme, die Lernen und Evolution auf einer höheren Ebene ermöglichen. (Johnson 2001) Evolution lässt sich nicht auf die einseitige Anpassung eines Organismus an die Umwelt beschränken, weil die Umwelt selbst wieder durch lebende Systeme gestaltet wird, die wiederum zur Anpassung und Kreativität fähig sind. Die Frage, wer sich nun wem anpasst, lässt sich daher am ehesten dadurch beantworten, dass es eine gemeinsame, fortwährende Entwicklung gibt. (Lovelock 1991)

      Der Gedanke der Koevolution rückt die Integration pluraler Lebensformen in den Mittelpunkt, Leben, das nicht darauf aus ist, sich gegenseitig zu zerstören, sondern vor allem daran interessiert ist, zu überleben, in Koevolution mit anderen Lebensformen. Selbst da, wo auf denselben Lebensraum und dieselben Ressourcen zurückgegriffen wird, kommt es selten zu einem Konkurrenzkampf, bei dem nur der Stärkere überlebt.

       Vernetzung statt Kampf

      Es gibt dagegen viel mehr Beispiele für Koexistenzen, die sich nebeneinander entwickeln, um sich gegenseitig nicht mehr zu stören. Die Leguane der Gattung Anolis beispielsweise leben in der Dominikanischen Republik eng zusammen und ernähren sich von denselben Insekten. Jede Art bewohnt jedoch eine andere Ebene der Bäume, manche bevorzugen den Schatten, manche die Sonne – und so vermeiden sie einen Konflikt. (Otto/Ondarza 2009) Leben hat die Erde nicht durch Kampf, sondern durch Vernetzung erobert, wie es die Biologin Lynn Margulis (Margulis/Sagan 1986) ausdrückt. Die These, dass individuelle Konkurrenz die dominante evolutionäre Überlebensstrategie sei, ist auch schon deshalb angreifbar, weil Individualismus in der Evolution erst spät auftritt. Primitives Leben ist dagegen in hohem Maße durch makroskopische Strukturen wie Kolonien, Gesellschaften und Ökosysteme geprägt.

       Dawkins und das »egoistische Gen«

      Das Konzept der »egoistischen« Gene, das der Biologe Richard Dawkins entworfen hat (1989), widerspricht nicht den Prinzipien von Kooperation und Koevolution, auch wenn das auf den ersten Blick so scheinen mag. Das Interesse der Gene, nicht nur auf den eigenen Fortpflanzungserfolg zu blicken, sondern auch auf den der Verwandten, kann man zwar im weiteren Sinne egoistisch nennen, im Rahmen der Erhaltung des Genpools liegt hier aber durchaus auch ein kooperatives Verhalten vor. Kooperation ist sogar als eine der Grundeigenschaften von Genen zu verstehen. Über den selektiven Druck und die damit verbundene Reproduktionsfähigkeit hinaus verdanken Gene ihre komplexe Entwicklungsfähigkeit vor allem drei biologischen Grundprinzipien, dem der Kooperation, der Kommunikation und der Kreativität.

      Insbesondere der Kooperation wird dabei eine zentrale Rolle für die Entstehung

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