Gestern Kollege – heute Vorgesetzter. Dagmar Kohlmann-Scheerer
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Gestern Kollege – heute Vorgesetzter - Dagmar Kohlmann-Scheerer страница 5
Wie soll Klaus Gerdes reagieren?
Die Kollegin und Frau Burg zu einem Dreiergespräch bitten, um die Angelegenheit auch mit der Beschuldigten zu klären? Nun, diese Reaktion liegt nahe.
Gefahren eines Dreiergesprächs bei Beschwerden
Weshalb er genau dies nicht tun darf:
1 Die Beschuldigte streitet im Dreiergespräch alles ab. Dann steht Aussage gegen Aussage. Der Vorgesetzte kann nichts Konstruktives zur Lösung beitragen, außer zu versuchen, die Kampfhennen wieder zu versöhnen.
2 Womöglich schwächt Frau Burg plötzlich ihre Vorwürfe der Kollegin gegenüber ab. Nun hängt an Klaus Gerdes der Nimbus, er würde aus jeder „Mücke einen Elefanten“ machen, oder die ganze Geschichte wirkt plötzlich übertrieben. Fazit: Die Wahrheit kommt nicht ans Licht und Misstrauen dem neuen Chef gegenüber ist gesät.
3 Letzte Variante: Die beiden einigen sich. Alles stellt sich als großes Missverständnis heraus. Motto: Nein, so war es doch gar nicht gemeint. Quintessenz: Der Chef steht blöd da, Misstrauen ist entstanden, die Wahrheit kommt wieder nicht an den Tag und in Zukunft bleiben weitere Informationen auf der Strecke.
Lösungsansatz
Lösung: Den Beschwerdeführer nach Vorschlägen fragen
Klaus Gerdes sollte sich ruhig und gelassen die Geschichte von Frau Burg anhören, ohne zunächst Stellung zu beziehen. Anschließend kann er dann gezielt nachfragen: Wie oft ist es passiert? Was genau hat dazu geführt? Was hat Frau Burg schon versucht, um das Problem selbst aus der Welt zu schaffen? Sollte Frau Burg noch nichts unternommen haben, dann könnte Klaus Gerdes im Sinne seiner Mitarbeiter reagieren und Frau Burg anregen, sich selbst Gedanken darüber zu machen, wie sie das Problem lösen könnte. Er kann ihr dabei motivierende Hilfestellung geben, die richtigen Worte für ein Gespräch mit der Kollegin zu finden.
Lösung: Sich selbst ein Bild machen
Falls sich das Problem für ihn so darstellt, dass es den Erfolg des Unternehmens bedroht, dann muss Klaus Gerdes der Sache selbst auf den Grund gehen. Dazu begibt er sich beispielsweise mehrmals überraschend und zu verschiedenen Zeiten an die Arbeitsplätze der beiden Damen, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Sollte er danach auch der Ansicht sein, dass hier ein eklatanter Missstand herrscht, dann wird er die Verursacherin des Missstandes zu einem Gespräch bitten. Jetzt kann er aus eigener Beobachtung schildern, was geschehen ist, und muss sich nicht auf die subjektive Schilderung einer Betroffenen verlassen.
Damit wirkt er gerecht und klar und hat allen Intrigenspielchen souverän entgegengewirkt.
Fallstrick 6: Freundschaft
Das folgende Rollenspiel von Michael Birkenbihl (M. Birkenbihl: Rollenspiele schnell trainiert, 1996) beschreibt die Realität sehr genau:
Beispiel: Zwei Lebensweisen prallen aufeinander
Markus Bock arbeitet seit knapp vier Jahren als Bezirksvertreter. Er hat immer gute Leistungen erbracht – wenn er auch niemals unter den ersten Dreien war. Daran liegt ihm nichts, er führt eine sehr gute Ehe, hat zwei reizende Kinder und hält sehr viel von Lebensqualität. In dieser Einstellung war er sich immer mit seinem Kollegen Wolf Hilt einig, der vor etwa sechs Monaten zum Gebietsverkaufsleiter befördert wurde. Mit diesem Mann verband Markus eine dicke Freundschaft, die beiden Familien verbrachten jedes zweite Wochenende miteinander; Wolf ist außerdem Taufpate des zweijährigen Söhnchens von Markus.
Seit der Beförderung hat sich Wolf verändert, angeblich hat er keine Zeit mehr für die Treffen am Wochenende – im letzten halben Jahr fanden nur noch zwei Familienkontakte statt. Beim letzten Treffen, als alle schon etwas getrunken hatten, kam es zu einer erregten Auseinandersetzung. Markus (und seine Frau) warfen Wolf vor:
Seit dieser Auseinandersetzung im privaten Kreise ist diese alte Freundschaft praktisch tot. Markus’ Frau ist auch dieser Meinung. Jetzt wurde Markus vom „Herrn Gebietsverkaufsleiter“ zu einer Aussprache gebeten. Markus ist aber nicht bereit, seine gesamte Lebensphilosophie infrage stellen zu lassen – nur damit der neue Gebietsverkaufsleiter Erfolge nachweisen kann! Soll er doch zusehen, wie er mit diesen „Führungsmethoden“ zurechtkommt!
Die Mehrzahl der Gruppe ist übrigens Markus’ Meinung und signalisiert ihre negative Einstellung zum „veränderten“ Wolf durch ein distanziertes und unterkühltes Verhalten ihm gegenüber. Möglicherweise wird Wolf Markus vorwerfen, er habe die Gruppe gegen ihn aufgehetzt.
Wolf Hilt ist vor sechs Monaten zum Gebietsverkaufsleiter befördert worden und seitdem für sieben Mitarbeiter verantwortlich. Die Umstellungsschwierigkeiten waren doch größer, als er sich vorgestellt hatte. Er hat sich nur durch Einsatz von viel Zeit und Energie in seiner neuen Position etablieren können. Ohne die tatkräftige Unterstützung durch seinen Vertriebsleiter wäre das ganze Unterfangen möglicherweise misslungen. Es ist eben zweierlei: einen Bezirk zu bearbeiten oder Menschen zu führen! Eigenartigerweise erwuchsen ihm Schwierigkeiten aus einer Richtung, aus der er sie am wenigsten erwartet hatte: Der Kollege Markus, mit dem er seit Jahren befreundet ist, stellt sich quer. Früher verbrachte er jedes zweite Wochenende mit ihm und seiner Familie. Wegen der Mehrarbeit, die mit der Beförderung auf ihn zukam, vor allem durch den Papierkrieg, hat er sich an den Wochenenden zu Hause hingesetzt und gearbeitet. Dadurch ist der private Kontakt zu Markus fast ganz zum Erliegen gekommen. Als Wolf, nach längerer Pause, mal wieder ein Wochenende bei Markus verbrachte, machten dieser und seine Frau ihm Vorwürfe; seit der Beförderung sei er ein ganz anderer Mensch geworden! Er würde jetzt ganz anders denken! Offensichtlich hätte man in der Zentrale eine „Gehirnwäsche“ mit ihm durchgeführt! Wolfs Frau griff auch in die Diskussion ein, um ihn zu verteidigen – und schließlich ging man auseinander, ziemlich angetrunken und mit einem schalen Geschmack auf der Zunge ...
Nun hat Wolf als Gebietsverkaufsleiter Dinge festgestellt, von denen er früher nichts wusste. So zum Beispiel, dass sein ehemaliger Freund seine Touren nicht exakt plant und mehr nach Lust und Laune (und nach Wetterverhältnissen) durch die Weltgeschichte reist. Außerdem nimmt Markus manchmal seine Frau mit; vor allem dann, wenn er durch eine landschaftlich reizvolle Gegend fährt. Dabei macht er ausgedehnte Kaffeepausen in schön gelegenen Ausflugslokalen. Schließlich ist Markus der Meinung, dass 50 Prozent des von der Zentrale verlangten Papierkriegs unnötig seien; um zu beweisen, dass dieser Papierkrieg volumenmäßig nicht zu schaffen sei, macht er „Dienst