Dem Kunden verpflichtet. Ingrid Gerstbach
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•Die passende Umgebung schaffen. Da die Ergebnisse in einem komplexen Kontext nicht vorhersehbar sind, müssen sich Führungskräfte auf die Schaffung einer Umgebung konzentrieren, aus der gute Ergebnisse hervorgehen können, anstatt zu versuchen, vorher festgelegte Zielvorstellungen umzusetzen, und dabei unerwartete Möglichkeiten zu verpassen. Vor vielen Jahren hat 3M beispielsweise eine Regel eingeführt, die es Forschern erlaubt, 15 Prozent ihrer Zeit für jedes Projekt zu verwenden, das sie interessiert. Ein Ergebnis dieser Vorgehensweise sind die überaus populären und erfolgreichen Post-it-Haftnotizen.
Entscheidungsfindung in einer komplexen Welt
Stellen Sie sich vor, Sie werden zu einem Tatort gerufen. Vor Ihnen liegen sieben tote Menschen, überall ist Blut. Chaos und Panik, wohin Sie sehen. Was machen Sie? Wo sollen Sie beginnen? Was ist passiert? Wer macht so etwas und warum?
Vermutlich waren es solche Fragen, die dem stellvertretenden Polizeichef, Walter Gasior, am 8. Januar 1993 in Palatine durch den Kopf schossen, als er das Fast-Food-Lokal betrat, in dem zuvor sieben Menschen brutal getötet worden waren.2 Und das für weniger als 2000 Dollar, denn mehr hatten die beiden Attentäter nicht erbeutet. Walter Gasior hatte jedenfalls keine Zeit, sich die passenden Worte zurechtzulegen, er musste schnell handeln und vor allem mehrere Rollen gleichzeitig ausfüllen. Denn er war damals nicht nur als Vertreter der Polizei vor Ort, sondern musste als Sprecher der Polizeiabteilung sowohl den trauernden Familien als auch einer verängstigten Gemeinschaft erklären, was passiert war und wie die Polizei vorgehen würde. Eine weitere Herausforderung waren die zahlreichen Reporter, um die er sich ebenfalls kümmern musste.
Gasior gelang es letztlich aufgrund seiner Erfahrung und seiner Flexibilität, alle Aufgaben erfolgreich zu meistern. Eine Fähigkeit, die viele Unternehmen in turbulenten Zeiten gut brauchen könnten, aber nicht haben. Die gewünschten Ergebnisse bleiben aus, denn es bedarf vorab Entscheidungen, die wiederum eine Vielzahl von anderen Reaktionen auslösen.
In den meisten Unternehmen, in denen ich unterwegs bin, verlassen sich die Führungskräfte viel zu oft auf Ansätze, die in der Vergangenheit bereits gut funktioniert haben. Nur herrschten damals andere Bedingungen. Die Handlungen der Menschen, die im und am Unternehmen arbeiten, sind eben nur zu einem gewissen Maß vorhersagbar. Manches Mal funktionieren die erstbesten Lösungen erstaunlich gut. Aber je komplexer und unkoordinierter die Umstände werden, desto eher braucht es andere Ansätze. Es gibt nun mal keine Einheitslösung.
Vielmehr ist es an der Zeit, dass Unternehmen ihre traditionellen Wege verlassen und damit beginnen, ihren Blick und ihre Entscheidungsfindungsfähigkeiten zu erweitern. Es geht darum, neue Perspektiven zu entwickeln. Dabei hilft es, sich bewusst zu werden, in welchem Kontext das Problem steht, das bearbeitet wird.
Das Cynefin-Framework
Das Cynefin-Framework ist ein Modell, das Probleme, Situationen und Systeme beschreibt. Dieses Framework differenziert zwischen fünf Kontexten: einfach, kompliziert, komplex, chaotisch und verwirrt. Diese Unterscheidung liefert einen Ansatzpunkt dafür, welche Typologie von Erklärungen und / oder Lösungen hilfreich sein kann. Jeder Kontext bzw. Bereich fordert unterschiedliche Aktionen.
Das Wesen der fünf Kontexte macht es besonders schwierig, zu erkennen, wann man sich in welchem Bereich befindet. Das Cynefin-Framework soll Führungskräften als Instrument dienen, um die Dinge aus neuen Blickwinkeln zu betrachten, komplexe Konzepte zu assimilieren und Probleme und Chancen zu identifizieren. Mit diesem Ansatz bekommen Manager ein Modell an die Hand, das ihnen hilft, die interne Kommunikation zu verbessern, indem sie den jeweiligen Kontext, in dem sie und ihr Unternehmen sich gerade befinden, besser erkennen und verstehen können.
Der Begriff »Cynefin«, ausgesprochen ku-nev-in, stammt aus dem Walisischen. Dieses Wort wird »üblicherweise im Deutschen mit ›Lebensraum‹ oder ›Platz‹ übersetzt […], obwohl diese Übersetzung nicht seine volle Bedeutung vermitteln kann. Eine vollständige Übersetzung des Wortes würde aussagen, dass wir alle mehrere Vergangenheiten haben, derer wir nur teilweise bewusst sein können: kulturelle, religiöse, geographische, stammesgeschichtliche usw.«, heißt es auf Wikipedia. »Der Begriff wurde von dem walisischen Gelehrten Dave Snowden gewählt, um die evolutionäre Natur komplexer Systeme zu veranschaulichen, einschließlich ihrer inhärenten Unsicherheit. Der Name ist eine Erinnerung daran, dass alle menschlichen Interaktionen stark von unseren Erfahrungen beeinflusst und häufig ganz davon bestimmt sind, sowohl durch den direkten Einfluss der persönlichen Erfahrung als auch durch kollektive Erfahrung wie Geschichten oder Musik.«
Differenzierung verschiedener Kontexte
Im Laufe der Zeit hat Snowden das Framework aufgrund von unzähligen verschiedenen Anwendungen weiterentwickelt. So hat beispielsweise die Unterstützung eines Pharmaunternehmens bei der Erarbeitung einer neuen Produktstrategie genauso zur Entwicklung beigetragen wie die Unterstützung einer Regierung bei ihren Bemühungen, Mitarbeiter in die Politikgestaltung miteinzubeziehen.
Das Cynefin-Framework sortiert die Probleme, denen sich die Manager gegenübersehen, in fünf verschiedene Kontexte. Diese sind durch die Art der Beziehung zwischen Ursache und Wirkung definiert. Vier von diesen Kontexten – der offensichtliche, komplizierte, komplexe und chaotische – geben Leitplanken vor, wie sich Manager in diesen Situationen verhalten und wie sie diese Situation als solche erkennen können. Der fünfte Bereich ist äußerst schwierig zu identifizieren. In diesem regiert die Unordnung. Sie tritt dann ein, wenn alle anderen vier Kontexte nicht passen.
Die Verwendung des Cynefin-Frameworks hilft aber nicht nur, bessere Entscheidungen zu treffen, sondern auch Probleme zu vermeiden, die entstehen, wenn innerhalb eines dieser Kontexte – auch »Domänen« genannt – Fehler entstehen.
Die komplexe Domäne ist in der Geschäftswelt viel verbreiteter, als den meisten Unternehmen bewusst ist. Sie erfordert unterschiedliche und kontraintuitive Antworten. Die Welt ist nun mal die meiste Zeit irrational und vor allem unvorhersehbar. Deswegen braucht es neue Denkweisen, um darauf zu reagieren.
Einfache Kontexte: Die Domäne der Best Practice
Einfache Kontexte zeichnen sich durch Stabilität und klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen aus. Sie sind für jeden leicht zu identifizieren, denn die Antworten liegen auf der Hand und müssen in den seltensten Fällen hinterfragt werden. Es ist der Bereich des Altbekannten. Entscheidungen sind klar und können schnell getroffen werden, weil alle Beteiligten ein gleiches Verständnis haben. Es sind Bereiche, die sich wenig bis gar nicht ändern. Typische Probleme sind solche, die Unternehmen beispielsweise bei der Abwicklung eines Auftrags bei einem bestehenden Kunden haben können.
Wenn es sich um einfache Kontexte handelt, gilt es, die Dinge einfach zu handhaben und