Innovationsmanagement im Sport. Regina Roschmann

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Innovationsmanagement im Sport - Regina Roschmann

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im Sport können darüber hinaus mit institutionellen Veränderungen verknüpft sein, insbesondere mit neuen Wegen, den Sport zu organisieren. Beispiele hierfür sind die Einrichtung neuer Dachverbände, Clubs, Richtlinien oder Regeln, aber auch die Einführung neuer Arten, Sportaktivitäten zu finanzieren oder die Zuschauer in Sport einzubeziehen (vgl. Tjønndal (2017), S. 299). Relativ radikale institutionelle Veränderungen spielten sich beispielsweise im deutschen Profifußball mit der Ausgliederung der Lizenzspielerabteilungen in Kapitalgesellschaften ab, die der DFB mit Beschluss vom 24.10.1998 den eingetragenen Vereinen – in engen Grenzen – erlaubte. Ausgegliedert wurden jedoch in der Folge nicht nur Lizenzspielerabteilungen in den Clubs, auch der DFB selbst gründete einen neuen Verband, welcher als neuer Mitgliedsverband im DFB zum 01.07.2001 den Betrieb der beiden Bundesligen übernahm. Die Entscheidung kam unter hohem Druck der Bundesligavereine zustande. Die Belange des finanziell attraktiven Profifußballs wurden nunmehr innerhalb des Ligaverbands unter den 36 Mitgliedern, also den Clubs der beiden Bundesligen, und nicht mehr unter allen ca. 26.500 Mitgliedsvereinen innerhalb des DFB geregelt. Littkemann, Brast und Stübinger attestieren dem DFB dadurch einen enormen Machtverlust und deuten die Amateurvereine als die großen Verlierer, weil sie noch stärker in die Abhängigkeit der Profivereine geraten (vgl. Littkemann/Brast/Stübinger (2003)).

      Das Beispiel ist in vielerlei Hinsicht relevant, will man die Besonderheiten von Innovationen im Sport verstehen. Es zeigt unter anderem, wie Innovationen nicht nur demokratischen Aushandlungsprozessen unterliegen, sondern auch, wie sie von besonderen Machtverteilungen bzw. der Art und Weise, wie Macht und Druck ausgeübt werden können, abhängen. Natürlich spielen Aushandlungsprozesse und Macht auch außerhalb des Sports eine Rolle, beispielsweise wenn die Marktmacht eines Unternehmens es erleichtert, ein Produkt am Markt durchzusetzen oder die Kompetenzverteilung bei Führungskräften es erlaubt, über die Einführung innovativer Prozesse innerhalb des Unternehmens zu entscheiden. Wenn aber – etwas überspitzt formuliert – mehr als 26.500 formal gleichgestellte Beteiligte eine Entscheidung treffen, die 36 von ihnen besserstellt und den Rest davon schlechter, dann ist dies schon eine sehr besondere Situation, die man verstehen muss, um Innovationsmanagement im Sport erfolgreich umsetzen zu können. Das Beispiel zeigt aber auch, wie innerhalb des Sports Innovationen durch Verbandsregeln eingeschränkt sein können, in diesem Fall insbesondere durch die Vorgaben des DFB an die Wahl der Rechtsform für die Kapitalgesellschaft und die genaue Ausgestaltung der Beziehung zum Mutterverein.

      Der ein oder andere mag daran zweifeln, dass es sich bei diesen Vorgängen um eine Innovation handelte – schließlich existierten Kapitalgesellschaften zum Zeitpunkt dieser Entscheidung bereits seit langer Zeit. Man könnte dies also auch als ein Beispiel der Organisationsentwicklung oder des Change Managements deuten. Verdeutlicht man sich aber, wie tief verankert das Vereinswesen damals im Profisport in Deutschland war und selbst im hochkommerzialisierten Männerfußball zumindest im Hintergrund bis heute ist – noch immer sind dort die Lizenzspielerabteilungen an einen Mutterverein gekoppelt, noch immer gibt es vielbeachtete Mitgliederversammlungen in den Profisportvereinen, bei denen auch Belange des Profibereichs umfassend diskutiert werden und noch immer existieren in der 1. Fußballbundesliga eingetragene Vereine – dann können die dargestellten Veränderungen durchaus als radikal neu eingestuft werden.

      Die Literatur ist sich diesbezüglich jedoch nicht einig. Teichmann schlussfolgert aus den Überlegungen zu Verbandsvorgaben, dass Entscheidungen im Rahmen eines Innovationsmanagements für Fußballunternehmen irrelevant seien, weil diese wesentliche Gestaltungsmöglichkeiten an die Ligaveranstalterin Deutsche Fußball Liga (DFL) abgeben, was eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Differenzierung von der Konkurrenz einschränkt. Außerdem verhindern nach Teichmann ((2007), S. 87, S. 149) die hohe Imitierbarkeit, die aus der umfassenden Berichterstattung resultiert, und die hohe Fluktuation der Spieler, die z. B. die Einführung innovativer Spielsysteme behindert, eine größere Bedeutung von Innovationen im professionellen Fußball. Diese Aussage erscheint jedoch allenfalls bedingt nachvollziehbar und mag in einer eingeschränkten Sichtweise von Innovationen im Sinne einer Produktinnovation oder in Form innovativer Spielsysteme begründet sein. Zwar erschweren sicherlich eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten durch den Verband in vielerlei Hinsicht die Generierung von Innovationen. Umgekehrt ließe sich aber gerade daraus die Notwendigkeit ableiten, sich an anderer Stelle von der Konkurrenz abzuheben – wozu Innovationen einen wesentlichen Beitrag leisten können.

      image Entrepreneurship image

      Als weiterer Typus sportbezogener Innovationen wird das Entrepreneurship – gedeutet als innovatives, Risiken in Kauf nehmendes, proaktives Verhalten – genannt. Im Sport steckt dieses Konstrukt aufgrund fehlender theoretischer Fundierung noch in den Kinderschuhen. Es bezieht sich auf die Fähigkeit und den Willen von Personen, Gemeinschaften und Organisationen, neue Ideen im Sport zu entwickeln und durchzusetzen. Dies können u. a. Athleten und Trainern oder auch Sportveranstalter sein, die Innovationen zur Problemlösung einsetzen (vgl. Tjønndal (2017), S. 299). Auf Entrepreneurship wird in Kapitel 2.4 umfassend eingegangen.

      image Innovationen im Bereich sozialer Angelegenheiten des Sports image

      Der Einsatz von Innovationen im Bereich sozialer Angelegenheiten des Sports kann u. a. die Einrichtung neuer Sportprogramme betreffen, die beispielsweise auf mehr soziale Gerechtigkeit ausgerichtet sind. Es kann aber auch auf neue Veranstaltungen wie die Paralympischen Spiele abzielen oder auf die Nutzung neuer Methoden, um mehr Menschen zum Sport zu motivieren (vgl. Tjønndal (2017), S. 299). Ein Beispiel hierfür ist die Initiative Kicking Girls. Sie richtet sich an Mädchen aus bildungsfernen Schichten und Mädchen mit Migrationshintergrund. Durch das gut verzahnte Angebot von Mädchenfußball-Arbeitsgemeinschaften und Fußballturnieren für Grundschülerinnen, Mädchenfußball-Camps und Coach-Ausbildungen für weibliche Jugendliche sollen die Persönlichkeitsentwicklung und Sportsozialisation dieser Mädchen positiv beeinflusst und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden (vgl. Althoff/Dellwisch/Kuhlmann/Teetz (2018)). Die mittlerweile bundesweit verbreitete Initiative Kicking Girls entwickelte sich im Jahr 2011 aus einem Modellprojekt, das 2002 mit der Gründung der ersten Mädchenmannschaft im 1. FC Ohmstede begann. Als Efolgsbedingungen des Projektes wurden der Beginn in der Grundschule, die Bedeutung der AG als Kooperation von Grundschule und Verein, die Verankerung von Zielen in der AG durch Wettkämpfe und Turniere, die Einbeziehung der Eltern und eines Netzwerkes aus Stadtteilmanagement und Schulsozialarbeit, die Qualifikation und Einbindung jugendlicher Fußballassistentinnen, die Beachtung von interkulturellem Wissen und religiösen Regeln und die Emanzipation durch Mädchenfußball identifiziert (vgl. Gebken (2014), S. 21 ff.). Auch hier zeigt sich wieder: Die Projektbausteine sind auf den ersten Blick nicht neu und dennoch bedurfte es der konkreten Maßnahmen des Projektes, um die genannten Zielgruppen zu erreichen. Eine lange Entwicklungsdauer bei gleichzeitiger Erprobung und der Notwendigkeit zur umfassenden Kenntnis von sozialen und kulturellen Zusammenhängen lassen sich aus der Projektbeschreibung herauslesen und ließen sich als wichtige Merkmale für den Innovationsprozess in diesem konkreten Fall deuten. Als Besonderheit des Sports zeigt sich in diesem Beispiel auch die Ansprache der speziellen Zielgruppe, die sich hier aus sozialen Gründen ergibt. Für den Fußballverein wäre es aus rein sportlicher Sicht prinzipiell zunächst gleichgültig, welchen Herkunftshintergrund die Mädchen haben, die sich in der Fußballmannschaft zusammenfinden. Und trotzdem wurde hier mit hohem Aufwand ein spezifisches, innovatives Angebot entwickelt, um soziale und eben nicht primär sportliche oder gar gewinnorientierte Ziele umzusetzen.

      image Verbessertes Management und verbesserte Führung im Sport image

      Weitere Innovationen im Sport

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