Perry Rhodan 2910: Im Reich der Soprassiden. Uwe Anton
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Aber insgeheim rechnete ich nicht damit, dass die Thoogondu mir unbedingt die Wahrheit offenbarten. Falls sie sie überhaupt selbst kannten und sich nicht der eigenen Propaganda unterworfen hatten.
»Selbstverständlich werden wir deinen Wunsch erfüllen, Rhodan. Aber ...«
»Aber?«
»Nicht als Erinnerungsgast. Es ist nicht ratsam, in kurzer Zeit zu viele Erinnerungen auf diese Weise zum Leben zu erwecken. Dein Verstand könnte sich verwirren. Dir ist nicht damit gedient, wenn die Erinnerungen sich in deinem Kopf vermischen und du sie nicht mehr voneinander unterscheiden kannst.«
»Was schwebt dir stattdessen vor?«
»Traditionelle Wege. Wir verfügen schließlich über viele konventionelle Aufzeichnungen aus dieser Zeit. Ich lasse einige davon abspielen und erkläre dir die Zusammenhänge. Bilder lügen nicht. Auf diese Weise bekommst du ebenfalls authentische Eindrücke aus der Vergangenheit.«
Bilder lügen nicht! Schon das war eine kühne Behauptung. Wenn die Thoogondu sogar Erinnerungen manipulieren konnten, dürften Bilder kein Problem für sie darstellen. Ich musste mir meinen Teil eben denken.
»Ausgezeichnet«, sagte ich.
»Ich hänge ungern der Vergangenheit nach«, warf Puoshoor ein. »Warum sollte Perry Rhodan stattdessen nicht einmal mit eigenen Augen ein Beispiel für das segensreiche Wirken sehen, das die Thoogondu seit ihrem Eintreffen in Sevcooris entfaltet haben?«
»Also ist es entschieden.« Der Gondu hob wieder eine Hand und drehte beide Daumen.
Hinter mir hörte ich leise Geräusche. Die Bediensteten im Thronsaal waren offensichtlich auf alles vorbereitet und machten sich sofort daran, den Wunsch ihres Herrschers zu erfüllen.
»Bis zum Eintreffen der Thoogondu war Sevcooris eine Galaxis, in der Kriege tobten, interstellare Kriege ebenso wie solche auf den einzelnen Planeten«, erzählte Narashim. »Das Gondunat hat den Kriegen Einhalt geboten. Mit Diplomatie, mit Verhandlungsgeschick, wenn es sein musste aber auch mit Gewalt ...«
Mit Gewalt, dachte ich. Warum überraschte mich das nicht?
»Es gibt genug Beispiele für das segensreiche Wirken des Gondunats«, sagte Puoshoor. »Welches sollen wir nehmen?«
»Welches schlägst du als konkretes Anschauungsbeispiel vor, Ghuogondu?«
Puoshoor dachte kurz nach. »Das Sternenreich der Soprassiden, Gondu.«
Narashim hob zwei Daumen an. »Eine gute Wahl, mein Sohn.« Er wandte sich an mich. »Das Sternenreich der Soprassiden ist eines jener Reiche, die erst vor wenigen Generationen von Krieg und Leid befreit wurden ... und nun unter der Schirmherrschaft des Gondunats aufblühen. Es hat das Goldene Reich, also das Gondunat, zum Vorbild genommen und sich fortan Sopranat genannt. Sein Regierungschef nennt sich Soprandu.«
»Also weitgehend völlige Angleichung?«, fragte ich.
»Urteile nicht vorschnell, Perry Rhodan! Sieh dir die Bilder an!« Wie auf ein Stichwort bildete sich ein Holo im Thronsaal. Die dreidimensionale Darstellung zeigte einen Planeten, einen grünen Planeten, wie ich kaum je einen gesehen hatte.
»Der Untergang hat eine ganz eigentümliche Faszination, nicht wahr?«, drang wie aus weiter Ferne die Stimme des Gondus an mein Ohr. »Eine fast schon perverse Anziehungskraft. Man kann sich kaum von ihr lösen, von den Bildern, die mit der Katastrophe einhergehen. Zumindest ich kann das nicht. Kannst du es, Perry Rhodan?«
*
»Das Gleichgewicht des Schreckens war ein Ungleichgewicht geworden, und man suchte nach neuen Mitteln und Wegen, die andere Seite auszulöschen, ohne die eigene Existenz aufs Spiel zu setzen. Man hätte sie gefunden, davon bin ich überzeugt. Doch dann kamen wir, und wir haben sie gerettet!«
Mit diesen Worten beendete der Gondu seinen Bericht.
Ich schwieg nachdenklich.
»Du siehst also«, fuhr Narashim ohne Pause fort, »wir handeln uneigennützig und zum Wohl der Völker dieser Galaxis. Wir bestreben keine Angleichung, wir führen ein Gegenprogramm zu der tiefen Vergangenheit durch. Die Soprassiden sind ein Beweis für das segensreiche Wirken des Gondunats hier und heute, für die behutsame Heranführung neuer Partner in die Gemeinschaft der Sternenvölker von Sevcooris!«
»Willst du dich bei ihnen umsehen?«, fragte Puoshoor. »Dich mit eigenen Augen überzeugen, dass wir zum Vorteil von ganz Sevcooris handeln?«
Überrascht sah ich ihn an. »Ihr würdet mich zu den Soprassiden fliegen lassen?«
»Natürlich«, sagte der Ghuogondu ernst.
Ich musste nicht lange überlegen. »Ja, ich würde gerne zur Hauptwelt der Soprassiden fliegen. Vorausgesetzt, mein Team darf mich begleiten.«
»Dann ist es beschlossene Sache«, sagte Puoshoor. »Ich werde euch persönlich mit der DAAIDEM dorthin bringen. Ihr habt ja ohnehin noch eure Quartiere an Bord.«
Wie eine Verschleierungstaktik kam mir dieses Angebot jedenfalls nicht vor.
2.
DAAIDEM
Erneut überwältigte mich der Prunk und Pomp an Bord der DAAIDEM, doch diesmal legte sich das Erstaunen schnell. Mittlerweile hatte ich Erkenntnisse über die Thoogondu gewonnen, die mir halfen, ihre Denkweise besser einzuschätzen.
Die DAAIDEM war das Schiff des Thronfolgers, das die Vormacht des Goldenen Reiches repräsentieren sollte. Der schamlos ausgestellte Überfluss, die Buntheit, aus der immer wieder das Knallweiß des Pedgondits und die allgegenwärtigen, goldenen Intarsien hervorstachen, entsprachen nur dem Bild, dass der Ghuogondu vom Goldenen Reich hatte ... und von dem Gondunat, das seit seiner Geburt sein Leben bestimmt hatte.
Das er irgendwann ausfüllen würde.
Sfianid und Kauttuno, die wir schon von unserem ersten Aufenthalt an Bord kannten, begrüßten uns wie alte Bekannte. Sie waren ausgefuchste Diplomaten, behandelten uns mit der nötigen Vertrautheit, damit wir uns so wohl wie möglich fühlten und das Gefühl hatten, an einen Ort zurückzukehren, der so etwas wie Heimat in der Fremde darstellte.
Gleichzeitig blieben sie distanziert und respektvoll und schufen auf diese Weise eine gewisse Distanz, die in ihren Augen dringend nötig war und wohl auch ihrem Naturell entsprach.
Unsere Waffen lieferten wir freiwillig ab, als wir die DAAIDEM betraten. Wir waren Gäste und mussten die Gebräuche unserer Gastgeber respektieren. Außerdem hätten uns Handwaffen sowieso kaum geholfen, sollte es hart auf hart kommen.
Die beiden Thoogondu führten uns zu den luxuriösen Gästequartieren, die wir bei unserem ersten Aufenthalt an Bord bewohnt hatten. Ich bezweifelte nicht, dass diese Suiten lückenlos abgehört und überwacht wurden.
Meine Begleiter waren erfahren genug, um ähnliche Gedanken zu hegen. Dean Tunbridge, der 40 Jahre alte Terraner, der das kleine, autonome Einsatzteam namens Squad kommandierte, das mich begleitete, sah sich wortlos um, schaute mich dann an und verdrehte die Augen.