Perry Rhodan 1263: Die Freibeuter von Erendyra. Peter Griese
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In den folgenden Monaten hatte sich Path unter der unauffälligen Führung Jennifers den neuen Lebensverhältnissen gut angepasst. Sie verspürte zum ersten Mal wirkliche menschliche Wärme, und in der Fremdrassen-Psychologin besaß sie einen Gesprächspartner, mit dem sie stundenlang diskutieren konnte, ohne dass dieser die Gelassenheit verlor.
Für ihre rasche Weiterentwicklung und die Stabilisierung ihres inneren Gleichgewichts spielten aber auch andere Punkte eine Rolle.
Die Begegnung mit Perry Rhodan hatte in ihr einen Schock ausgelöst, denn sie hatte nie wirklich daran geglaubt, dass der Terraner nach Trakarat eilen würde, um sich mit ihren lächerlichen Problemen zu befassen. Durch die ewigen Redereien ihres Vaters hatte sie Rhodan für unnahbar, ja fast für irreal gehalten. Dieser Glaube war entmystifiziert worden, und das hatte ihr geholfen.
Aber auch das Fernweh, das so viele Galaktiker ergriffen hatte, hatte vor ihr nicht haltgemacht. Es war ihr leichtgefallen, alle Bande zur Heimat zu zerreißen und ein neues Leben zu beginnen. Wirklich wichtig daran war vor allem, dass sie sich nicht mehr allein fühlte.
Durch diese Ereignisse hatte sie viel von ihrer jugendlichen Aufsässigkeit und ihrem eigenbrötlerischen Gehabe verloren. Ein neues Selbstbewusstsein war in ihr erwacht. Man wollte sie haben! Und mehr noch: Jennifer Thyron machte kein Hehl daraus, dass ihre Fähigkeit, Realhologramme zu erzeugen, unter Umständen äußerst wertvoll sein konnte. Teks Lebensgefährtin hatte keine Probleme gehabt, Path das Gefühl zu vermitteln, dass man sie auch brauchte.
Einen Haken hatte die ganze Sache dennoch. Mit der Beruhigung des Gefühlslebens des Anti-Mädchens war dessen Fähigkeit, Hologramme allein durch ihren Willen zu erzeugen, gemindert worden. Versuche, die Path allein und fast heimlich mit Jennifer Thyron durchgeführt hatte, hatten gezeigt, dass sie problemlos holografische Bilder herstellen konnte. Ob sie jedoch wieder in der Lage sein würde, echt-materielle Hologramme zu schaffen, musste die Zukunft zeigen.
»Du bist eine Realholografin«, hatte Jennifer mehrfach behauptet. Sie hatte zweifelnde Blicke geerntet, und sie war sich selbst auch nicht darüber im Klaren gewesen, ob diese Aussage nicht nur ihrem Wunschdenken entsprungen war.
Äußerlich hatte sich Path nicht verändert. Sie war noch immer das überschlanke Mädchen mit blasser Hautfarbe, 1,65 Meter groß. Ihre rotblonden Haare trug sie glatt und schulterlang. Das mit Sommersprossen übersäte Gesicht strahlte etwas Spitzbübisches aus und gab selbst Jennifer Thyron bisweilen Rätsel auf.
Path benahm sich wie eine Erwachsene, aber ihr körperliches Erscheinungsbild verriet, dass sie erst noch eine Frau werden würde. Sie war in dieser Hinsicht ein Spätentwickler. Ihr Geist war dem Körper deutlich um einige Jahre voraus.
Um ihre magere Gestalt zu verbergen, bevorzugte sie weite, wallende Kleider, die bis an die Fußknöchel reichten. Oder sie trug ein solches Gewand über einer Bordkombination oder einem SERUN. Jennifer äußerte sich nicht zu diesem Spleen, denn der Festigungsprozess des Mädchens war noch lange nicht abgeschlossen.
Path brauchte Ruhe, um in jeder Hinsicht zu sich selbst zu finden. Dass dafür aber auch Verantwortung erforderlich war, die sie selbst tragen musste, verriet ihr die Psychologin und Ersatzmutter noch nicht.
»Ich mache dir doch keine Vorwürfe, Path«, erklärte der Smiler. »Wir sind mit einer bestimmten Absicht an diesen Ort gekommen, und wir haben nichts erreicht. Ich habe vorhin mit Reginald Bull und Roi Danton gesprochen, die mit der EXPLORER bzw. der LOVELY BOSCYK ihren Zielen im Sinn des ›Dritten Weges‹ nachgehen. Dort sieht es besser aus. Roi hat Hinweise auf ein größeres Sternenimperium gefunden. Er will dieser Spur nachgehen und glaubt sich schon am Ziel seiner Sehnsüchte. Und auf der EXPLORER scheint man sich verteufelt wohl zu fühlen. Da macht wohl so ziemlich jeder, was er will, und Bully findet Gefallen an dieser neuen Art Freiheit. Und bei uns? Hier tut sich nichts. Nur der Frust kriecht langsam in unsere Knochen.«
»So schlimm ist es doch nicht«, wiegelte Jennifer ab.
»Es ist so schlimm, mein Herzblatt.« Ronald Tekener ballte die Fäuste. »Die Sehnsucht nach den Weiten und Wundern des Kosmos kann nicht über fehlende Erfolgserlebnisse hinwegtäuschen. Ich mache mir da nichts vor, und du solltest das auch nicht tun. Es muss etwas geschehen.«
»Vielleicht weiß Vi einen Rat«, meinte Path.
»Ich habe mit ihr gesprochen.« Tek schüttelte den Kopf. »Das Schiff ist auch nicht schlauer als wir. Es richtet sich primär nach unseren Wünschen. Aber bei deren Realisierung kann es nur sehr bedingt helfen, denn wie wir gesehen haben, befindet sich im Vorfeld von Erendyra nichts. Da scheitert auch die Intelligenz einer Virenpositronik.«
»Erendyra ist nah.« Das Anti-Mädchen deutete auf die holografische Darstellung, die Vi in den Raum projiziert hatte. »Wenn hier nichts ist, dann vielleicht dort.«
»Ein guter Gedanke, Path.« Der Smiler nickte zustimmend. »Ich habe mich auch schon mit dieser Überlegung befasst. Es ist natürlich ein Problem, in einer riesigen Galaxis die Spur eines verschollenen Raumschiffs zu finden, aber diese Suche ist immer noch sinnvoller als das sinnlose Herumschippern in dieser Öde. Wir brechen die Suche ab und fliegen direkt nach Erendyra. Und dort forschen wir weiter.«
Jennifer Thyron war deutlich anzusehen, dass sie zumindest leichte Bedenken gegenüber diesem Plan hegte. Sie wiegte nachdenklich ihren Kopf. Als aber Path zustimmte, schloss sie sich schon aus psychologischen Gründen der Meinung ihres Mannes an.
In diesem Moment meldete sich das Virenschiff mit seiner tiefen, aber doch weiblichen, wohlmodulierten Stimme.
»Ich empfange einen seltsamen Funkspruch, Ronald. Der Inhalt ist in einem fremden Idiom gehalten, und die Sendung ist schwach. Sie zeigt jedoch typische Anzeichen eines schwachen Notrufs.«
»Lass mich das bitte hören, Vi.«
»Gern.«
Ein leichtes Prasseln erfüllte die Atmosphäre in der Kommandozentrale. Dann wurden einzelne kurze Zeichen hörbar, die eine entfernte Ähnlichkeit mit Morsezeichen besaßen. Die Lautstärke schwankte sehr stark.
»Ich mache einen kurzen Flug«, bot das Schiff an, »um die Signale aus einer anderen Richtung zu empfangen und so eine grobe Peilung durchführen zu können. Oder bestehen da Einwände?«
»Nein, nein«, beeilte sich Tekener zu sagen.
In die unverständlichen Signale der Funknachricht mischte sich nun eine Stimme. Sie klang rau und hart, aber auch flehend. Ronald Tekener verstand jedoch kein Wort. Auch diese Stimme wechselte extrem in der Lautstärke. Zeitweise war sie nur ein Gemurmel im Hintergrund, dann waren einzelne Worte ganz deutlich zu hören.
»Ich kann einzelne Begriffe übersetzen«, teilte das Virenschiff mit. »Sie ergeben jedoch keinen Zusammenhang. Ich führe jetzt eine erste Peilung durch und mache dann noch eine Etappe. Einverstanden?«
»Natürlich«, stimmte Tekener zu. »Was hast du denn herausgehört?«
»... die Saubande mit den ... Briefen. Es kann auch Sonderrechte bedeuten. Häufig taucht der Begriff Gorim auf, bei den es sich wahrscheinlich um einen Namen mit einer bestimmten Bedeutung handelt. Das ist bis jetzt alles.«
»Gut. Was macht die Peilung?«
»Die