Atlan 778: Schatzkammer des Todes. Harvey Patton
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Falls es nun, wie er vermutete, auf Tessal tatsächlich noch eine Zeitgruft gab, konnte sie ihm dabei eine große Hilfe sein. Mehr noch, vielleicht fand er dort auch Mittel, die er gegen den Marschall aus der Vergangenheit einsetzen konnte! Dann würde es keine zweite Invasion durch seine Flotten mehr geben, und somit war indirekt auch die Forderung des Schwarzen Ritters erfüllt. Und wenn er, wie er vage hoffte, außerdem noch etwas über Corloque erfuhr ...
Goman-Largo hatte sich in seinem Sitz zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Inzwischen hatte POSIMOL bereits den Antrieb der STERNENSEGLER aktiviert, und dessen gedämpftes Summen wirkte beruhigend auf ihn. So sehr sogar, dass er mitten im Nachdenken in den Schlaf hinüberglitt, ohne es zu merken.
Dafür hatte aber Neithadl-Off die Überzeugung gewonnen, nun lange genug geschmollt zu haben. Sie fuhr ihre Sensorstäbchen wieder aus und trippelte zu ihm hinüber, und dann kam ein entrüsteter Pfiff aus ihrer Mundleiste.
»Große Worte schwingen und andere madig machen, das kann er. Wenn er aber seinen Willen durchgesetzt hat, ist der Held müde!«, lautete ihr abfälliges Urteil.
Die STERNENSEGLER war indessen bereits in den Linearraum gegangen und jagte mit höchster Fahrtstufe ihrem Ziel entgegen.
*
Es war soweit, alle Tessaler waren wieder voll bei Besinnung. Allerdings hatte sich herausgestellt, dass sieben von ihnen leichte Verletzungen davongetragen hatten.
Sie wurden provisorisch verbunden, einige andere opferten ihre Unterwäsche dafür. Trotzdem brauchte keiner der Männer zu frieren, auch die ganz leicht bekleideten nicht. Die Temperatur in dieser Unterwelt war relativ hoch im Gegensatz zu jener in den primitiven Unterkünften auf dem eisigen Depotplaneten Tichex.
Ein echter Trost war das jedoch nicht.
Sorays Leute besaßen weiter nichts als das, was sie am Leibe trugen, und das war bei den meisten wenig genug. Dazu kamen außer den drei Kombistrahlern noch etliche Gegenstände, die sich in den Uniformen der Männer im Cockpit und des Obmanns befanden. In der Zwischenzeit hatte man diese hervorgeholt und begutachtet, aber das Resultat gab keinen Anlass zu großem Optimismus.
Drei Vibromesser mit nur spannenlangen Klingen, zwei elektronische Feuerzeuge und ein Universalwerkzeugbesteck, das Derlag nach dem Abschluss der langwierigen Reparaturen am Linearraumtaster in der Beintasche seiner Uniform vergessen hatte. Dies war alles, mit dem sich im Notfall etwas anfangen ließ, alles übrige konnte man getrost vergessen.
Soray saß auf der Kante seines Muldenbetts, betrachtete diese spärliche Ausbeute und sah überlegend vor sich hin.
Er hatte seinen spontan gefassten Entschluss, ins Blaue hinein auf die Suche nach seinem Schiff zu gehen, inzwischen revidiert. Die Logik sagte ihm, dass die Entführer – ganz gleich, wer immer sie auch sein mochten – die YOI I bestimmt nicht in unmittelbarer Nähe des Raumes untergebracht hatten, in dem er sich nun befand.
Zwar war der Aufklärer mit seinen nur zwanzig Mannshöhen Länge nicht besonders groß. In der Breite maß er jedoch reichlich sechs Höhen und in der Vertikalen immerhin fast vier davon. Damit stand fest, dass er nur durch einen geräumigen Schacht hier nach unten gebracht worden sein konnte, vermutlich in einen Hangar.
Wenn überhaupt!, resümierte der Obmann skeptisch. Es kann auch sein, dass die YOI I noch irgendwo auf der Oberfläche dieser Welt steht und man nur uns hier unten gefangen hält. Verdammt, wenn sich nur endlich einer dieser Entführer sehen ließe! Dann wüssten wir wenigstens, mit wem wir es zu tun haben, und vielleicht ließe sich durch Verhandlungen etwas zu unseren Gunsten erreichen.
Diesen Gefallen hatten sie ihm jedoch bisher nicht getan, obwohl nun schon mehr als drei große Zeiteinheiten vergangen waren.
Noch litten die tessalischen Raumfahrer keine Not. Doch es konnte nicht mehr lange dauern, dann mussten sich Hunger und Durst bemerkbar machen, und was dann ...?
In diesem düsteren Raum gab es nichts weiter als die Muldenbetten, jede Menge Staub und abgeplatzte Steinfladen. Ein Zustand also, der für tessalische Raumfahrer absolut unwürdig war, und die absolute Missachtung durch die Entführer kam noch dazu.
Ein gerechter Zorn erfasste den Obmann, er schnellte hoch und sah die abwartend herumstehenden Männer an.
»Ganz egal, was dabei herauskommt – wir brechen aus!«, knurrte er aufgebracht. »Natürlich gehe ich dabei voran, ich nehme einen der drei Strahler, Hauptmann Derlag und Adjutant Grablyn die beiden anderen. Wir bilden die Vorhut, und uns folgen drei Männer mit den Vibromessern. Wer meldet sich freiwillig dafür?«
Wie bei allen guten Soldaten hielt sich die Begeisterung für die freiwillige Teilnahme an einem Risikoeinsatz in engen Grenzen. Nur wenige Hände gingen zögernd hoch, Soray verteilte die Messer an die Nächststehenden und bedachte den Rest mit einem kühlen Blick.
»Ich werde mir jene merken, die gekniffen haben, beim Heiligen Stein!«, erklärte er streng. »Und gerade ihr werdet nun mitkommen, allerdings ohne eine Waffe ... Nur zwei bleiben zurück, um sich um die Verletzten zu kümmern.«
In weiser Voraussicht bestimmte er dazu den Piloten und den Navigator. Diese beiden waren die wichtigsten Leute, sofern es gelang, den Aufklärer zu entdecken und wieder in Besitz zu nehmen. Dann setzte sich der Obmann in Bewegung und ging mit energischen Schritten auf den einzigen Ausgang zu.
Die große Tür bestand aus einem stumpfgrauen Metall, das aber deutliche Spuren von Korrosion aufwies. Das bestätigte Sorays Auffassung über das Alter der subplanetaren Anlage, aber immerhin war die Tür verschlossen. Allerdings nur mit einem mechanischen Schloss, Soray stellte das mit einem raschen Blick fest und wandte sich an den Hauptmann.
»Nun bist du dran, Derlag, mit deinem Universalbesteck. Du wirst es doch wohl schaffen?«
»Kein Problem, Obmann«, versicherte sein Stellvertreter, und damit behielt er auch Recht.
Es dauerte nur knapp zwanzig Sekunden, dann gaben die Halterungen der primitiven Verriegelung nach. Leise knirschend schnappten sie zur Seite, der Hauptmann lächelte stolz und trat zurück.
»Der Weg ist frei, Obmann!«, bemerkte er lakonisch. »Jetzt hast du die Ehre, uns aus der Gefangenschaft zu führen, wie es einem hohen tessalischen Offizier gebührt.«
Das war natürlich gewaltig übertrieben, denn noch wusste niemand, was sich jenseits dieser Tür befand. Diese Ungewissheit bereitete auch Soray einiges Unbehagen, aber er spürte förmlich die Blicke seiner Untergebenen im Rücken. Er hatte erklärt, dass er ihnen vorausgehen würde, und so musste er es nun auch tun.
»Mir nach!«, stieß er betont energisch hervor, hob den Strahler mit der rechten Hand und drückte mit der linken die mit rötlicher Patina überzogene Klinke nieder.
Dann gab er dem Portal einen Stoß, es schwang knarrend auf und gab den ersten Abschnitt eines langen Weges frei.
*
Die STERNENSEGLER hatte, da die Kursdaten vorlagen, die Strecke ohne Unterbrechung zurückgelegt. Schon nach wenigen Stunden lief das Überlichttriebwerk aus, das Singen der Linearkonverter hörte auf. Das Schiff glitt in den Normalraum zurück, das kalte Funkeln der Sterne erschien auf den Bildschirmen, und POSIMOL verkündete:
»Linearflug