Perry Rhodan 1633: Eine Falle für die MAGENTA. Arndt Ellmer
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Читать онлайн книгу Perry Rhodan 1633: Eine Falle für die MAGENTA - Arndt Ellmer страница 2
»Ich kenne diese Theorien, Bully. Sie haben etwas für sich. Gehen wir doch einfach mal davon aus, dass die Ennox in ihrer Heimat keine großen Möglichkeiten haben, herumzureisen. Diese Fähigkeit, die sie besitzen, wirkt vielleicht erst außerhalb einer bestimmten Region von, sagen wir mal, einer Million Lichtjahren. Innerhalb dieses Bereichs müssten sie eine Raumfahrt besitzen, und die haben sie nicht, weil bei ihrer Fähigkeit des Kurzen Weges nie eine Notwendigkeit bestand, sie zu entwickeln mitsamt der übrigen Technik, die dazugehört. Dieses Manko, nicht zu wissen, was innerhalb dieser einen Million LJ geschieht, welche Völker da leben und wie sie leben, führt zu einer stark ausgeprägten Neugier, die sich dann in der Fremde entlädt, dort, wo die Ennox hingelangen können.«
»Myles!« Bully blieb vor Staunen der Mund offen. »Weißt du, was du da gerade tust? Du bist auf dem besten Weg dazu, das Geheimnis der Ennox zu entschlüsseln!«
Der Wissenschaftler schüttelte den Kopf.
»Es ist eine von tausend möglichen Antworten. Mehr nicht, Bully. Wäre es so einfach, würden die Ennox sich anders verhalten. Nämlich so, dass wir auf keinen Fall auf diesen Gedanken kämen.«
Bully brummelte etwas, was einer Mischung aus Zweifel und Zustimmung gleichkam.
»Egal!«, meinte er schließlich. »Wir sollten uns dadurch nicht von den aktuellen Problemen ablenken lassen. Wir sehen uns heute Abend.«
»Ich freue mich schon darauf.«
Er sah Bully nach, bis dieser aus seinem Blickfeld verschwunden war. Dann wandte er sich wieder den Messergebnissen zu.
*
Ein statischer Zustand stellte nie eine gute Ausgangsbasis für konkrete Untersuchungen oder weiterführende Ergebnisse dar. Und die Tote Zone war ein solcher Zustand. Das Auftauchen der »Flaschenpost«, wie der Kristall scherzhaft genannt wurde, erschien in einer solchen Situation wie ein Wunder. Da rätselte und rechnete man monatelang an Phänomenen herum, deren Herkunft man nur erahnen konnte, und dann hielt man plötzlich einen Gegenstand in Händen, der einem Mut machte, mehr über die Tote Zone zu erfahren.
Oder wenn nicht darüber, dann wenigstens über deren Begleiterscheinungen.
Geradezu revolutionär wirkte die Erkenntnis, dass der Gegenstand eine negative Strangeness aufwies. Strangeness stellte im Grunde einen abstrakten Begriff dar. Ein absoluter Wert ließ sich nicht definieren, lediglich die Unterschiede konnten messtechnisch bestimmt werden. Zur Vereinfachung hatten die galaktischen Wissenschaftler bereits vor langer Zeit der Strangeness des Standarduniversums den Wert Null zugeordnet. Die in den Hyperraum eingebetteten, vermutlich unzähligen Paralleluniversen besaßen abweichende Werte unterschiedlicher Qualität. Im einen unterschied sich die Lichtgeschwindigkeit um eine Winzigkeit vom bekannten Standardwert, in einem anderen war das Plancksche Wirkungsquantum ein wenig größer oder kleiner. Entsprechend der Festlegung eines bestimmten Ereignisses im Hyperraum benötigte die Hyperphysik fünf Koordinaten, drei räumliche, eine zeitliche und eine Strangeness-Koordinate. Mit diesen konnte die Existenz eines Paralleluniversums zunächst einmal definiert werden. Mit Definition war dabei eine Orts- und Zeitbestimmung gemeint, wenngleich diese Begriffe auf den fünfdimensionalen Raum nicht direkt anwendbar waren, denn sie beinhalteten lediglich die Möglichkeiten einer Beschreibung des Standarduniversums.
Die Möglichkeiten und die Vorgehensweise der Untersuchung eines Gegenstandes auf seinen derzeitigen und ursprünglichen Strangeness-Wert verliefen wesentlich komplizierter, als die reine Definition vermuten ließ. Doch in den Jahren seit dem Auftauchen des ausgeglühten Zellaktivators hatten Myles Kantor und andere Wissenschaftler in dieser Richtung deutliche Fortschritte erzielt, so dass heutzutage die Bestimmung eines Strangeness-Wertes keine Arbeit von Wochen oder Monaten mehr darstellte.
Das Phänomen einer negativen Strangeness war bisher unbekannt gewesen und passte nicht zu dem Weltgefüge, wie es erlebt, erforscht und berechnet worden war. Eines galt allerdings als gesichert. Dem Hyperraum als übergeordnetem Medium aller vorhandenen möglichen Universen konnte man die negative Strangeness nicht zuordnen. Myles und alle anderen Wissenschaftler in der Milchstraße behalfen sich mit der Erklärung, dass es sich um einen bisher noch unentdeckten Bereich handelte.
Der Gedanke, mit Hilfe der »Flaschenpost« die Herkunft der Toten Zone bestimmen zu können, führte zu nichts, so verlockend er auch war. Innerhalb der pulsierenden Toten Zone hatte man keine Werte einer negativen Strangeness gefunden. Der Zusammenhang mit dem Auftauchen des einundzwanzigflächigen Kristalls erschien als reiner Zufall, und die Vermutung Czyks festigte sich, dass die Ursachen der Toten Zone irgendwo im Standarduniversum, aber weitab von der Lokalen Gruppe zu finden waren.
Bloß wo?
Myles hätte viel darum gegeben, wenn er es gewusst oder wenigstens geahnt hätte.
Welche Bedeutung besaß die negative Strangeness der beiden Gegenstände? Was hatten der ausgeglühte Zellaktivator und die »Flaschenpost« gemeinsam? Damals auf Lingora hatte Icho Tolot den Aktivator aus dem Wrack der über zehntausend Jahre alten tefrodischen SAMUR geborgen. Wie man inzwischen wusste, hatte das Gerät eine abenteuerliche Zeitreise hinter sich, und mehr als zweitausendvierhundert Jahre hatte es doppelt existiert. Einmal aktiv an der Brust eines der beiden Mutanten Fellmer Lloyd oder Ras Tschubai. Das andere Mal als totes, ausgeglühtes Ding unter der Oberfläche von Lingora. Darum war bei der negativen Strangeness von einer Strangeness der Zeit gesprochen worden.
Myles fragte sich zu Recht, ob das Pyramidenprisma ebenfalls eine Zeitreise aus der Vergangenheit oder der Zukunft hinter sich hatte, ob es sich um ein Nebenprodukt der Spiegelung auf Arkon II handelte oder um eine zielgerichtete Botschaft. Wenn ja, wie lautete sie, und wo in oder auf dem Kristall war sie zu finden? Wer war der Absender? Paunaro in der Raumzeitfalte? Oder stammte sie von der Macht, die Legionen von Söldnern für ein Unternehmen rekrutierte, wie Roi Danton es bei seinen Beobachtungen auf Kaahar verstanden hatte? Die Parallelen zu Tekeners Erlebnissen auf dem Planeten Accaro III ließen sich nicht von der Hand weisen.
Der Begriff Sinta ging Myles nicht mehr aus dem Kopf. Irgendwie schien es nahe liegend, dass die immateriellen Erscheinungen mit den Bemühungen jener Macht in Zusammenhang standen.
Die Haluter hatten festgestellt, dass die Raumzeitfalte durch eine Barriere von innen blockiert wurde. Während noch die Untersuchungen liefen, hatte man festgestellt, dass die Barriere ein wenig durchlässig wurde. Bruchstücke einer Botschaft waren empfangen worden, deren Absender nur vermutet werden konnte. Vor einer fremden Macht wurde darin gewarnt. Was lag näher als zu vermuten, dass es sich dabei um Sinta handelte.
Myles warf einen nachdenklichen Blick auf den hermetisch verschlossenen Gegenstand, der ihm auf so unerwartete Weise in den Schoß gefallen war. Weitere Untersuchungen waren nötig, immer und immer wieder. Bis ein brauchbares Ergebnis vorlag. Überraschungen waren nach dem derzeitigen Stand allerdings nicht zu erwarten.
Mit einem Seufzer wandte er sich ab und verließ das Labor auf demselben Weg, den schon Bully genommen hatte. Er suchte seine Unterkunft in der Forschungsanlage auf, wo er bereits erwartet wurde. Die Gestalt im Wohnzimmer eilte auf ihn zu und nahm ihn in den Arm.
»Mutter!«, flüsterte er bewegt. »Du hattest dein Kommen erst für den Abend angesagt!«
Enza arbeitete derzeit in der Forschungsanlage Hourtin an der Ostküste des terranischen Atlantiks. Es ging um ein ehrgeiziges Projekt für einen unbedeutenden Planeten irgendwo am äußeren Rand der Westside der Milchstraße. Auf der trockenen und relativ heißen Welt sollte ein großes, natürliches Becken von etwa tausend Kilometern