Atlan 74: Das Imperium der Gauner. Kurt Mahr
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Penetschky hatte seine Rolle zunächst recht erfolgreich gespielt. Niemand, nicht einmal Tekeners engster Freund Kennon, hatte Verdacht geschöpft. Vor rund einer Stunde allerdings war die Bombe geplatzt. Ohne dass er sich darauf hatte vorbereiten können, war ihm die Wahrheit über Ronald Tekeners Hintergrund und eigentliche Aufgabe wie ein Kübel eiskalten Wassers über den Kopf gegossen worden. Die Aufklärung verdankte er keinem geringeren als dem Lordadmiral Atlan, der den vermeintlichen Tekener von Quinto-Center per Hyperfunk anrief, um ihn erstens wegen seines eigenmächtigen Verhaltens im Falle Phoras von Chatron zu tadeln und sich zweitens nach seinem Befinden zu erkundigen.
Penetschky, der den Anruf in Tekeners Rolle empfing, war zunächst wie vom Donner gerührt. Er gab ein paar unzusammenhängende Antworten, an denen der Arkonide zu erkennen glaubte, dass sein Star-Spezialist noch weiterer Pflege bedurfte. Sobald die Verbindung jedoch unterbrochen war, hatte Penetschky sich auf den Weg gemacht, um seinen Auftraggeber von dem Ungeheuerlichen in Kenntnis zu setzen. Er hatte das Verwaltungsgebäude der UHB fast fluchtartig verlassen, weil er sich dort nicht mehr sicher fühlte.
Unterwegs hatte er Zeit, sich den Vorfall noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Er hatte voreilig und unklug gehandelt. Er hätte sich durch die Panik nicht verleiten lassen sollen, seinen Posten bei der UHB zu verlassen. Jedermann in der UHB wusste, dass er heute morgen aus dem Hospital entlassen worden war – als ein Mann, der den tödlichen Biss einer Paytra-Spinne eben noch überwunden hatte. Man erwartete von ihm, dass er sich in seinem Arbeitszimmer befand. Wurde bemerkt, dass er das Gebäude im Handumdrehen wieder verlassen hatte, dann war es möglich, dass man Verdacht schöpfte.
Jetzt jedoch war es zu spät. Er war auf dem Wege, die Unvorsichtigkeit war begangen. Er erreichte das Bildsprechzentrum, ohne dass ihm unterwegs jemand besondere Beachtung geschenkt hätte. Im Zentrum wählte er eine SD-Zelle, die es ihm ermöglichte, seinen Gesprächspartnern so zu begegnen, als säßen sie ihm gegenüber.
Er wählte Phoras' Anschluss und erhielt sofort Antwort. Die beeindruckende Gestalt des Akonen erschien auf dem dreidimensionalen Bildschirm. Er schien zu erschrecken, als er Penetschky erblickte.
»Was fällt Ihnen ein?«, fuhr er den falschen Tekener an. »Welches Risiko gehen Sie ein! Welche Gefahr ...« Penetschky hob die Hand, woraufhin Phoras erstaunlicherweise verstummte. Es lag etwas in Penetschkys Blick, das den Akonen davon überzeugte, dass hier etwas Besonderes vorlag.
»Holen Sie Kadebku«, sagte Penetschky.
»Ist das nötig?«, erkundigte sich der Akone.
»Sie fallen hintenüber, wenn Sie erfahren, wie nötig das ist«, gab Penetschky zurück.
Augenblicke später war Kadebku zur Stelle. Penetschky nahm sich Zeit, den kleinen, grauhaarigen Terraner zu mustern. Kadebku wirkte unscheinbar, und dennoch hatte Tekeners Double den undeutlichen Eindruck, er spiele im Duumvirat der beiden Gauner die wichtigere Rolle.
»Halten Sie sich fest«, begann Penetschky die Unterhaltung. »Wir vermuteten richtig, als wir schlossen, dass sich hinter Tekener mehr verberge, als er nach außen hin sehen lässt.«
Phoras' Miene nahm den Ausdruck des Unbehagens an. Minart Kadebku zwinkerte nicht einmal.
»Also – was ist es?«, fragte er trocken.
»Tekener ist Oberst der United Stars Organisation.«
Er sah, wie das Blut aus dem Gesicht des Akonen wich. Aus der kräftigen, Stärke ausstrahlenden Physiognomie wurde eine bleiche Maske der Angst. Phoras öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber der Schreck hatte seine Stimmwerkzeuge lahmgelegt. Auf Penetschky machte das Bild einen unauslöschbaren Eindruck. So sah der Mann aus, der den Milliardenraubzug gegen die UHB geplant hatte?
Ganz anders Minart Kadebku. Jetzt, in diesem Augenblick, lernte Penetschky den kleinen Grauhaarigen kennen. Er blieb äußerlich kühl. Nur eine geringfügige Weitung der Augen besagte, dass Penetschkys Botschaft überhaupt angekommen war.
Schließlich fand der Akone seine Stimme wieder.
»Sie sind völlig verrückt!«, polterte er los. »Das ist unmöglich. So etwas Irrsinniges habe ich noch nie gehört. Mann ... was haben Sie eingenommen, dass Sie so einen Unsinn verzapfen?«
Penetschky ließ die Schmähungen ruhig über sich ergehen. Er wusste, dass er recht hatte.
Kadebku fragte ruhig:
»Woher haben Sie die Information?«
Penetschky lächelte knapp.
»Ich hatte mich kaum in Tekeners Büro häuslich niedergelassen, da erhielt ich einen Anruf von Quinto-Center. Der Anrufer war Lordadmiral Atlan höchstpersönlich.«
Phoras wollte ein zweites Mal hochfahren, aber Kadebku gebot ihm mit einer Handbewegung Schweigen.
»Sie machen uns auch nichts vor?«, erkundigte er sich bei Penetschky, und in seiner Stimme schwang ein gefährlicher Unterton.
»Nein«, antwortete Tekeners Double einfach.
Kadebku schien ihn zu mustern. Penetschky fühlte sich unbehaglich. Bei dem kleinen Terraner wusste man nie, woran man war.
»Das ändert die Sache«, äußerte sich Kadebku schließlich.
»Sie werden doch dieses alberne Märchen nicht für bare Münze nehmen?«, dröhnte Phoras von Chatron, der seine Selbstbeherrschung und damit seine hochfahrende, pompöse Art wiedergewonnen hatte. »Solch einen Unsinn hat mir noch nie jemand ...«
»Ereifern Sie sich nicht«, fiel ihm Kadebku ins Wort.
»Aber ...«
»Aber – nichts!«, beharrte der Grauhaarige, nun in schärferem Tonfall.
»Der Mann hat nichts davon, wenn er uns eine solche Geschichte nur vormacht. Außerdem ist sie leicht zu überprüfen.«
»Betrachten Sie sich dazu eingeladen«, sagte Penetschky spöttisch.
Kadebku nickte.
»Ich persönlich glaube Ihnen. Aber es gibt da immer ein gewisses Element des Zweifels, das beseitigt werden muss.«
»Ich verstehe.«
»Unsere Pläne sind damit natürlich, über den Haufen geworfen«, fuhr Kadebku fort. »Der Bankraub findet nicht statt.«
»Wieso nicht?!«, schäumte Phoras. »Ich sehe keinen Grund ...«
»O doch – Sie sähen einen, wenn Sie sich nur eine Sekunde lang Zeit nähmen, darüber nachzudenken. Die UHB dient der USO als Fassade. Wenn wir die UHB ausrauben, haben wir sofort die USO auf den Fersen. Und wie lange, glauben Sie, können wir der United Stars Organisation standhalten?«
Die Proposition schien dem Akonen nicht zu gefallen. Er schwieg. Kadebku wandte sich von neuem an Penetschky.
»Sie