Sammelband 3 Thriller: Neue Morde und alte Leichen. Thomas West

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Sammelband 3 Thriller: Neue Morde und alte Leichen - Thomas West

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Verrückte sein!‟

      „Ziemlich langer Name.‟ Orry hob ratlos die Achseln. „Scheinen sich sehr wichtig zu nehmen. Solche Leute spielen in der Regel keine große Rolle.‟

      „Da wäre ich vorsichtig.‟ Jonathan McKees graue Brauen wanderten nach oben.

      „In einem Bericht der Kollegen aus Indianapolis habe ich neulich mal von einem rechtsradikalen Rassistenverein gelesen, der sich Arischer Widerstand nennt, aber so was ...‟ Mit einer wegwerfenden Handbewegung deutete Clive auf das Papier.

      „Eine Gruppe mit diesem Namen ist meines Wissens noch nie in Erscheinung getreten‟, sagte der Chef.

      „Zionistischer Finanzhai, Niggerarzt!‟ Milo tippte sich an die Stirn. „Weißer Widerstand zur Befreiung von Gottes eigenem Land – wo leben wir denn? Im finsteren Mittelalter? Oder in der Hitlerzeit?‟

      „Mach deinen nächsten Urlaub mal in gewissen Kuhdörfern unseres glorreichen Südens, Kollege!‟ Orry verzog das Gesicht zu einem sarkastischen Grinsen. „Dort wirst du mehr Mittelalter finden, als du dir träumen lässt.‟

      „Das, was Sie Hitlerzeit nennen, ist in einigen Köpfen noch lang nicht vorbei, Milo.‟ Der Chef stand auf. „Und ob das Mittelalter je ganz aufhören wird ...‟ Er winkte ab. „Lassen wir das.‟

      „Und nun?‟ Ich reichte ihm das Bekennerschreiben.

      „Wir machen zunächst einmal weiter, wie heute morgen besprochen‟, sagte der Chef. „Jay und Leslie kümmern sich um Curseley, bis es für eine Anklageschrift reicht. Orry und Clive bleiben mit der CIA in Kontakt und versuchen, die Hintermänner von Al Turabi herauszufinden. Und Sie beide ermitteln im sozialen Umfeld des Arztes.‟

      „Und das hier?‟ Milo zeigte auf die E-Mail.

      „Hier geht es um nationale Sicherheitsinteressen, um Terrorismus. Ich muss das Hauptquartier informieren. Und das Innenministerium in Albany. Vielleicht sogar das Weiße Haus.‟

      Der Chef ging zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. „Schon möglich, dass wir morgen um diese Zeit eine Sondereinheit gebildet haben. Verstärkt durch Antiterror-Spezialisten aus Washington. Ich sag Ihnen rechtzeitig Bescheid, Gentlemen.‟

      Die Entscheidung fiel am Spätnachmittag. Milo und ich ließen uns gerade die Wecker in der Uhrenabteilung von Macy′s zeigen, als der Anruf aus der Zentrale kam. Der Chef bestellte uns in die Federal Plaza.

      Am frühen Abend versammelten sich vierzehn Agenten und Agentinnen im großen Konferenzsaal. „Ladies und Gentlemen. Es geht um die Sprengstoffanschläge und den Bekennerbrief‟, eröffnete der Chef das Briefing.

      „Unser Direktor in Washington, Louis Freeh, hat den Fall auf Bitten des Weißen Hauses zur Chefsache erklärt. Das Schreiben wird noch analysiert, aber wir sollten die Androhung weiterer Anschläge ernst nehmen. Morgen werden zur Verstärkung zwei Spezialisten unserer Anti-Terror-Einheit aus Washington zu uns stoßen.‟

      Am nächsten Tag stellten wir die Sondereinheit zusammen. Milo und ich gehörten genauso dazu, wie Orry und Clive. An jenem Mittwoch veröffentlichten sämtliche Zeitungen in New York City das Bekennerschreiben des sogenannten Weißen Widerstandes zur Befreiung von Gottes eigenem Land.

      Die Nachrichtensendungen waren voll von dieser üblen Geschichte, und am Donnerstag konnte jeder Zeitungsleser in den Vereinigten Staaten den Wortlaut des Schreibens mit eigenen Augen lesen.

      Am Donnerstag Abend wurde die Nationalgarde in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. In Brooklyn fanden wir einen Supermarkt, der den Wecker verkaufte, mit dem die Terroristen den Zeitzünder gebaut hatten. Und am Freitag gab es praktisch in der ganzen Stadt keinen öffentlich zugänglichen Internetanschluss mehr, der nicht von einem Special Agent oder einem zivilen Detective des NYCPDs observiert wurde.

      9

      Er träumte, seine Frau würde ihn streicheln.

      Ein schöner Traum. Paul Glendale staunte, während er ihn träumte. Es kam in letzter Zeit höchst selten vor, dass sie sich von ihm streicheln ließ. Und dass sie ihn zum letzten Mal gestreichelt hatte ... Gott, wie lange war das eigentlich her!?

      Während Paul Esthers Hand über seine Brust und seinen Bauch gleiten fühlte – er träumte, ihre Hand würde tiefer und tiefer gleiten – während er das also fühlte, oder träumte, oder wie auch immer, hörte er, wie sie seinen Namen rief. „Paul! Paul!‟

      Sie rief ihn laut, und ihre Stimme klang erregt, während sie ihn rief. „Paul! Paul!‟ So erregt klang sie, dass er sich an die Frühzeit ihrer dreiundzwanzigjährigen Ehe erinnert fühlte. Und das erregte ihn selbst. Es war ein schöner Traum, wirklich wahr – ein Traum voll süßer Verheißung.

      „Paul! Wach endlich auf!‟ Paul Glendale riss die Augen auf. Und der Traum zerstob wie ein Schaumberg in der Badewanne unter einem kalten Wasserstrahl.

      Die Leselampe auf Esthers Nachttisch brannte. „Nun wach schon auf, bitte!‟ Ihre Stimme klang jetzt eher besorgt als erregt, fast weinerlich. Und in ihrem Gesicht spiegelte sich nicht die Spur sexuellen Verlangens. Ängstlich wirkte sie. Und vorwurfsvoll. Den Zug in ihrer Miene kannte Paul gut.

      „Was denn los?‟ Er wandte den Kopf nach rechts. 3.27 Uhr zeigte der Wecker auf seinem Nachttisch. „Noch nicht mal halb vier – hat die Schule angerufen?‟

      Tatsächlich – das kam ihm als erstes in den Sinn. Paul Glendale war Direktor einer Highschool in Benson Hurst, einem südlichen Stadtteil Brooklyns. So eine Schule konnte auch mal brennen, oder von Einbrechern heimgesucht werden. In so einem Fall ...

      „Blödsinn‟, sagte Esther. „Ich glaub, da war jemand an der Haustür.‟ Paul machte ein ungläubiges Gesicht. „Ehrlich ... das Außenlicht ist angegangen.‟

      Esther war eine ängstliche Natur, ganz sicher war sie das. Ging nicht schlafen, bevor die beiden siebzehn- und achtzehnjährigen Söhne aus der Discothek oder von der Party zurück waren. Und wenn die Jungens einmal mit der Schulklasse oder der Jugendgruppe für ein paar Tage unterwegs waren – zum Zelten, zum Segeln, zum Skifahren, egal zu was – dann betete Esther doppelt soviel wie sonst und rief ihre Söhne zweimal am Tag an.

      Paul hatte es aufgegeben, darüber die Stirn zu runzeln oder Esther gar erziehen zu wollen. Kein Mann, der die Frauen wirklich kennengelernt hatte, versuchte noch, auch nur eine einzige von ihnen verändern zu wollen.

      „Ich schau mal nach.‟ Paul schob sich aus dem Bett.

      Wozu hat eine ängstliche Frau einen Mann, wenn nicht, um ihn wecken zu können, wenn sie Angst hat?, sagte er sich. Und konnte sich eine ebenfalls möglich Antwort nicht verkneifen:

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