Zu den Klippen von Vanikoro. Jean-Francois de Lapérouse
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Gleichfalls am frühen Morgen hatte ich ein zweites Boot unter dem Befehl von Schiffsleutnant Boutin an Land geschickt, mit der Weisung, den Strand nicht zu betreten, wenn das Langboot der Astrolabe schon vor ihm angekommen sei; in diesem Fall solle er es dabei bewenden lassen, vor der Reede Sondierungen vorzunehmen und sie in aller Eile abzuzeichnen. Herr Boutin näherte sich infolgedessen der Insel nur bis auf einen Büchsenschuss. Die Prüfung des Ankergrundes ergab, dass er aus mit einigem Sand vermischten Felsen bestand. Herr de Monneron zeichnete das Fort so gut, als habe er sich an Land befunden, und Herr de Lamanon stellte fest, dass die Felsen aus Basalt und geschmolzenem Gestein bestanden, das wohl von einigen ausgebrannten Vulkanen herrührte. Diese Vermutung fand ihre Bestätigung darin, dass Pater Receveur eine Menge Steine an Bord brachte, die durchaus vulkanischen Ursprungs waren und keine weitere Beimischung aufwiesen als Stücke von zertrümmerten Schalentieren und Korallenzinken.
Aus den von Herrn de Vaujuas und Herrn Boutin erstatteten Berichten ersahen wir deutlich genug, dass wir auf der Insel Trinidad weder das benötigte Holz noch Wasser bekommen würden. Ich entschied mich daher, sofort nach der Insel Santa Catarina vor der Küste Brasiliens zu steuern. Santa Catarina ist der Ort, an der sich von alters her die Seefahrer auf dem Weg in die Südsee verproviantieren.
Indem ich nun Kurs auf Santa Catarina nahm, hatte ich zugleich die Absicht, mich von dem Dasein der Insel Ascençaon zu überzeugen, die nach der Angabe des Herrn Daprès hundert Meilen westwärts von Trinidad, und zwar nur 15 Grad weiter nach Süden, liegen soll. Zufolge des von Herrn Poncel de la Haye, eines ehemaligen Kommandanten der Fregatte La Renommée, geführten Tagebuchs war ich allerdings davon überzeugt, dass verschiedene Seefahrer, unter ihnen auch Frézier, dem Irrtum verfallen waren, sie seien auf Ascençaon gelandet, während sie doch in Wahrheit bei Trinidad vor Anker gelegen hatten. Hier schien mir, bei allem Respekt vor Herrn Poncel de la Haye, eine Korrektur der bisherigen Erdbeschreibungen angebracht.
Die zwei Tage, welche wir auf der südlichen Seite der Insel zubrachten, verschafften uns hinlängliche Muße, Messungen vorzunehmen, die Herr de Bernizet dann der von ihm gezeichneten Karte der Insel zugrunde legte. Sie weicht nur geringfügig von der Karte ab, die Dr. Halley angefertigt hat und die mir Herr de Fleurieu in Brest übergab. Die von Herrn Duché de Vancy gezeichnete Ansicht besitzt eine so frappierende Ähnlichkeit, dass sie Seefahrer, die vor der Südhälfte von Trinidad vor Anker gehen, vor jedem Irrtum bewahrt. Die Natur hat diesen Felsen gewiss nicht dazu bestimmt, jemals bewohnt zu werden, da weder Menschen noch Tiere hier ihr Auskommen finden. Da aber die Portugiesen fürchteten, irgendeine europäische Nation könne sich des Eilands bemächtigen, um von dort aus Schleichhandel mit Brasilien zu treiben, beeilten sie sich, es zu besetzen, so sehr es ihnen auch zur Last fällt.
Am 18. Oktober um die Mittagszeit nahm ich Kurs auf die Insel Ascençaon. Wir segelten bis zum 24. abends stets nach Westen und blieben stets in derselben Richtung, bis ich alle weiteren Nachforschungen aufgab. Bis dahin hatte ich gegen Westen eine Strecke von einhundertfünfzehn Meilen zurückgelegt und immer so klares Wetter gehabt, dass ich im Umkreis von zehn Meilen Land sehen konnte. Ich kann also guten Gewissens behaupten, dass die Insel Ascençaon bis ungefähr zum 7. Grad westlicher Länge unter der Meridianhöhe von Trinidad und unter der südlichen Breite bis in die Gegend, die zwischen 20 Grad 10 Minuten und 20 Grad 50 Minuten liegt, nicht vorhanden ist, da ich diese ganze Fläche sehr deutlich übersehen konnte.
Am 25. Oktober wurden wir von einem sehr heftigen Gewitter überfallen. Gegen acht Uhr abends schien der Himmel rings um uns her in Feuer zu stehen; wo wir nur hinsahen, schossen Blitze herab, und auf der Spitze unseres Blitzableiters zeigte sich das Sankt-Elms-Feuer. Diese Naturerscheinung wurde nicht nur uns zuteil; wir bemerkten dieses gleiche Sankt-Elms-Feuer auch auf der Mastspitze der Astrolabe, die über keinen Blitzableiter verfügt. Von diesem Tag an hatten wir beständig schlechtes Wetter bis zu unserer Ankunft auf Santa Catarina. Tag für Tag umgab uns ein dichterer Dunst, als er mitten im Winter die Küste der Bretagne umhüllt. Am 6. November gingen wir zwischen der Insel Santa Catarina und dem Festland vor Anker. Die See war hier sieben Klafter tief, und der Grund bestand aus schlammigem Sand.
Nach sechsundneunzigtätiger Fahrt hatten wir nicht einen einzigen Kranken. Weder der Wechsel des Klimas noch Regen und Nebel hatten die Gesundheit unserer Leute erschüttert, da wir stets Nahrungsmittel von bester Qualität ausgaben. Ich vernachlässigte keine der Vorsichtsmaßregeln, die Erfahrung und Klugheit vorschrieben. So sorgten wir unter anderem dafür, das Schiffsvolk stets bei guter Laune zu halten. Wenn es die Witterung irgend erlaubte, ließ ich die Mannschaft jeden Abend von acht bis zehn Uhr auf dem Deck tanzen.
1Der Unabhängigkeitskrieg der Vereinigten Staaten, der 1783 mit dem Frieden von Versailles zu Ende ging.
2Sir Joseph Banks, der Präsident der Royal Geographic Society in England. Er überließ Lapérouse den von den beiden Engländern Rust und Eyre geschaffenen kardanisch aufgehängten Inklinations- bzw. Azimut-Kompass, der weit genauere Messungen als die anderen Kompasse der Zeit ermöglichte.
3800 km östlich der brasilianischen Provinz Espírito Santo. Nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Antilleninsel.
ZWEITES KAPITEL
Die Insel Santa Catarina erstreckt sich von 27 Grad 19 Minuten bis 27 Grad 49 Minuten südlicher Breite; ihr Durchmesser von Osten nach Westen beträgt nur zwei französische Meilen. Vom Festland ist sie an der schmalsten Stelle durch einen Kanal von nur zweihundert Klafter Breite getrennt. Am Eingang dieser Wasserstraße liegt Nostra Senhora del Destero, der Hauptort der Statthalterschaft, in dem auch der Gouverneur residiert; die Stadt zählt höchstens dreitausend Seelen in ungefähr vierhundert Häusern und bietet einen recht hübschen Anblick. Nach dem Bericht Fréziers diente diese Insel im Jahr 1712 vielen Vagabunden, die sich aus allen Teilen Brasiliens hierher geflüchtet hatten, als Aufenthaltsort; sie waren Portugal nur dem Namen nach unterworfen und erkannten überhaupt keine Obrigkeit an. Da der Boden der Insel sehr fruchtbar ist, fanden sie daselbst leicht ihren Unterhalt, waren aber so arm, dass der Generalgouverneur von Brasilien nicht darauf erpicht war, sich mit ihnen anzulegen oder sie gewaltsam unter seine Botmäßigkeit zu bringen. Alle Schiffe, die Santa Catarina anliefen, gaben ihnen im Austausch gegen Lebensmittel nur Kleidungsstücke und Hemden, denn daran fehlte es ihnen an meisten. Erst gegen 1740 errichtete der Hof in Lissabon auf Santa Catarina eine feste Statthalterschaft, die auch für die benachbarten Gebiete auf dem Kontinent zuständig war. Dieses Kapitanat erstreckte sich sechzig Meilen weit von Norden gegen Süden, und zwar vom São-Francisco-Fluss bis zum Rio Grande. Die Bevölkerung dieses Gebiets beläuft sich auf zwanzigtausend Seelen. Ich sah aber in den meisten Familien eine so große Anzahl von Kindern, dass man eine rasche Zunahme der Einwohnerschaft voraussehen kann. Der Boden ist außerordentlich fruchtbar; Obst, Gemüse und Getreide wachsen fast von selbst.