Die großen Reden der Weltgeschichte. Martin Kaufhold
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ABRAHAM LINCOLN, GETTYSBURG ADDRESS (19. November 1863)
OTTO WELS, REDE GEGEN DAS „ERMÄCHTIGUNGSGESETZ“ IN DER REICHSTAGSSITZUNG vom 23. März 1933
WINSTON CHURCHILL, IHRE BESTE STUNDE. REDE IM BRITISCHEN UNTERHAUS (18. Juni 1940)
CLEMENS AUGUST VON GALEN, BISCHOF VON MÜNSTER, PREDIGT vom 3. August 1941
ERNST REUTER, SCHAUT AUF DIESE STADT! (9. September 1948)
WILLIAM FAULKNER, NOBELPREISREDE (10. Dezember 1950)
MARTIN LUTHER KING, ICH HABE EINEN TRAUM (28. August 1963)
WILLY BRANDT, FERNSEHANSPRACHE AUS WARSCHAU (7. Dezember 1970)
VORWORT
Eine bedeutende Rede kann eine Situation durch die Kraft der Worte so zuspitzen, dass die Zuhörer das Gefühl bekommen, an einer historischen Entscheidung teilzuhaben. Franklin D. Roosevelt hat das ein „Rendezvous mit dem Schicksal“ genannt. Große Reden besitzen die Kraft, den Menschen als soziales Wesen und als Individuum anzusprechen und ihm dabei zu vermitteln, dass er Zeuge oder Akteur einer Umbruchsituation ist, und dass seine Haltung über die Zukunft mitentscheidet. Nicht alle einundzwanzig Reden in diesem Band haben einen appellativen Charakter. Die Gefallenenreden, die eine bedeutende Tradition haben, sind keine direkten Aufrufe zur Aktion (z.B. die „Gefallenenrede“ des Perikles und die „Gettysburg-Address“ Abraham Lincolns). Aber sie sind ernsthafte Rückblicke und Selbstvergewisserungen des Redners und seiner Zuhörer angesichts einer grundsätzlichen Herausforderung menschlicher Existenz. Andere Ansprachen haben einen fast prophetischen Charakter in Hinblick darauf, wie das soziale Leben aussehen sollte (z.B. „Bergpredigt“ und „Ich habe einen Traum“). Manche der ausgewählten Reden haben eine überwiegend historische Bedeutung, unter den gewandelten Verhältnissen fühlt sich der heutige Leser nicht mehr persönlich angesprochen (z.B.: Otto I. und Friedrich Barbarossa). Aber in ihrer Zeit haben sie in bedeutenden historischen Situationen Aufmerksamkeit gefunden. Dieser Band präsentiert eine Auswahl großer Reden der (vornehmlich westlichen) Geschichte. Für eine solche Auswahl gibt es letztlich keine objektiven Kriterien, weswegen die Entscheidung auch einen persönlichen Charakter hat. Der Vorzug, den diese Auswahl den Reden der westlichen Tradition einräumt, ist eine Folge dessen, dass fremde Kulturen auch über andere rhetorische Tradition verfügen. Wenn die Zuhörer und Leser mit den Gewohnheiten dieser Tradition nicht vertraut sind, so erzielt der Text eine ganz andere Wirkung. Aus diesem Grund habe ich nach längerer Prüfung auf einschlägige Texte aus der asiatischen und afrikanischen Kultur verzichtet. Die Texte werden hier in einer neuen, eigenen Übersetzung vorgestellt und sie sind mit einer historischen Einführung versehen. Diese Einführung soll die Umstände und die Entscheidungssituation, die die Rede anspricht, für die interessierten Leser verständlich machen. Die Redentexte sind, teils nur mit leichten Kürzungen, in ihrer ursprünglichen Länge wiedergegeben.
Die Auswahl präsentiert keine zusammenhängende Geschichte, aber es lassen sich dennoch Zusammenhänge erkennen, die durch bewusste Rückgriffe der Redner über die Epochen hinweg entstehen. So spannt sich ein Bogen von Moses bis zu Martin Luther King, aber auch die Traditionslinie der Gefallenenrede reicht von Perikles über Abraham Lincoln bis zu Martin Luther King, der seine große Rede im Sommer 1963 vor dem eindrucksvollen Lincoln Memorial in Washington hielt. Dabei bezog er sich wörtlich auf Lincolns „Gettysburg