Liä Dsi. Laotse
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In dieser Einheit bekommt man dann die Gesetze des Naturverlaufs souverän in die Hand14. Nichts Äußeres ist mehr imstande, den frei gewordenen Geist zu hindern. Wenn schon die Konzentrierung der Seelenkräfte, die Macht des Glaubens (II, 6; V, 3) oder das Hingenommensein vom Rausch (II, 4) oder fixen Ideen Wunder zu wirken vermag; wenn die ganze Welt, wie sie für uns ist, im wesentlichen davon abhängt, wie wir sie mit unseren Augen sehen (VIII, 31. 32): wieviel mehr wird der, der die Einheit erlangt hat, in dem SINN ein freier Herr seines Schicksals sein! Ist doch das Schicksal nichts weiter als nur das Echo und Spiegelbild unserer Gesinnung und Taten (VIII, 1). Ja soweit reicht die Macht des Adepten, daß er selbst kosmische Zustände der grauen Vorzeit in seinem Ich nachzubilden vermag (II, 13) und ebenso die Zukunft erkennt aus ihren in der Gegenwart schon vorhandenen Bedingungen. Aber der Weise, der diese Kräfte der Magie besitzt, wird sie nicht verwenden zu müßigen Spielereien, vielmehr weiß er sie geschickt zu verbergen, daß ihre Wirkungen sich dem natürlichen Verlauf der Dinge anpassen und in diesem schlichten Gewande sich den Augen der Neugierigen, die ihm sonst seine Ruhe nehmen würden, entziehen (III, 3; II, 14).
Es bleibt in der Schwebe, inwieweit die magischen Kräfte, von denen Liä Dsï redet, einfach als Gleichnis innerer Geisteszustände in Betracht kommen. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß sie so aufzufassen sind, denn nichts liegt ihm ferner als die Sucht nach Wunderlichkeiten, wie sie später im Taoismus sich entwickelt hat. Immerhin werden wir gut tun, derartige Gedanken in der schwebenden Stimmung zu belassen, in der sie auftreten, eingedenk dessen, daß die orientalische Psyche von der nüchterneren westlichen recht wesentlich verschieden ist.
Der Tyrann Giä aus der Hia Dynastie
Der Herrscher Schung
Liä Dsïs Gedanken von Staat und Gesellschaft sind von denen Yang Dschus ziemlich abweichend. Auch er steht freilich dem praktischen Staatsleben seiner Zeit ferne und vermeidet es ängstlich, seine Fähigkeiten im Staatsdienst zu verwenden (II, 14). Wohl aber ist für ihn die menschliche Gesellschaft eine wesentliche Größe (VIII, 2). Ihre Organisation sucht er in derselben Richtung, wie Laotse es tat. Die anziehenden Utopien, die er an verschiedenen Stellen gibt, sowie die Erzählungen von den Herrschern der Urzeit (II, 1. 2; III, 1; V, 2) sind ein Beleg dafür. Den brutalen Kampf ums Dasein, da nur der Stärkste Sieger bleibt, hat er als eines Edlen unwürdig bezeichnet.
So finden wir in Liä Dsï eine im ganzen durchaus adäquate Ausführung und Weiterbildung der Geistesrichtung, die uns im Taoteking vorliegt. Was dort in dunkeln Aphorismen stammelnd ausgesprochen ist, ist hier Poesie geworden und in stilistisch fein geschliffenen Gleichnissen zur bildlichen Darstellung gebracht. In Dschuang Dsï fand dann diese Richtung ihren Höhepunkt und Abschluß.
Huang Di, der Herr der gelben Erde
Schen Nung, der göttliche Landmann
Der Große Yü, der Ordner des Wassers
Herrscher Yau
1Die Verfasser des großen Kataloges der Kaiserlichen Bibliothek machen darauf aufmerksam, daß, da dieses Buch über den König Mu erst in der Dsin-Dynastie wieder aufgefunden worden sei, ein Fälscher aus der Zeit der Han-Dynastie unmöglich diesen Stoff, der in Liä Dsï doch enthalten ist, hätte bringen können, so daß auch hierin ein Indizium zugunsten der Echtheit des Buches liegt.
2Wörtlich: Diebe, Schädiger. Gemeint sind wohl die fünf atmosphärischen Einflüsse: Regen, der dem Element des Holzes entspricht; Klarheit, die dem Element Metall entspricht; Hitze, die dem Element Feuer entspricht; Kälte, die dem Element Wasser entspricht; Wind, der dem Element Erde entspricht. Gewalttäter heißen diese Einflüsse, weil jeder auf Kosten der anderen sich durchsetzt. Auch die fünf Planeten können damit gemeint sein
3Durch die fünf Sinne: Gehör, Gesicht, Geruch, Geschmack, Gefühl, die den fünf Eingeweiden: Herz, Leber, Magen, Lungen, Nieren entsprechen, hat der Mensch als Mikrokosmos Teil an den kosmischen Potenzen.
4Nämlich: Augen, Ohren und Mund.
5Weil jedes von den andern lebt.
6Nämlich: Himmel, Erde und Mensch.
7Wörtlich: Ihr Rauben geschieht mechanisch, d. h. durch das Triebwerk.
8Nach dem Kommentar ist die erste Umkehr die aus der Fülle der Zerstreutheit zur Einheit der Lebensenergie (Same), die zweite Umkehr von da zur psychischen Kraft, die dritte Umkehr von da zum geistigen Dasein.
9D. h. nach blinden Naturgesetzen, nicht aus besonderen Absichten der Götter.
10D. h. durch Astrologie und Mantik.
11Nämlich die 8 Diagramme, in denen das Geheimnis der bestehenden Welt ausgedrückt ist, und die 60 zyklischen Zeichen (Gisa Dsï), durch die die Zeit geordnet wird.
12Wörtlich: Triebwerk.
13Vgl. Grube, Religion und Kultus der Chinesen, Leipzig 1910, pag. 81.
14Dies ist ein Gedanke, der