Dr. Norden Extra Box 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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*
Als Mick ins Hospital kam, schlief Michelle noch. Er beschloß, Jenna aufzusuchen, da man ihm sagte, daß Michelle sie heimgeschickt hätte.
Er war unruhig, ihn hielt es nicht an einem Ort. Er hatte sich ausgerechnet, wann Philipp hier sein könnte, aber die Zeit verging ihm zu langsam. Das Gefühl der Ohnmacht gegen die unbekannte Krankheit hatte auch ihn erfaßt, und es brachte ihn schier zur Verzweiflung, daß Michelle das Opfer sein sollte.
Als er zu dem Appartementhaus kam, kam Jenna gerade heraus. Auch sie fand keine Ruhe. Ein paar Stunden hatte sie im Halbschlaf dahingedämmert, bei jedem Geräusch aufschreckend. Den Verwalter hatte sie noch nicht gesehen, aber gerade, als Mick auf sie zugehen wollte, kam er aus dem Bistro. Mick konnte nicht hören, was er sagte, sah aber, daß Jenna eine unwillige, abwehrende Handbewegung machte, und als er ein paar Schritte näherkam, hörte er, wie sie sagte, daß sie kündigen würde. Der Verwalter lachte höhnisch und sagte, daß sie doch wieder angekrochen käme.
Mick war schnell bei ihr, als der Verwalter ihren Arm packte und eine unflätige Bemerkung machte.
»Einen anderen Ton, bitte«, sagte er energisch. »Sie haben gehört, was die Dame gesagt hat.«
»Wo ist hier eine Dame«, sagte der Verwalter frech, »sie ist ein Hausmädchen.«
»Vielleicht war sie das in Ihren Augen, das ist jetzt vorbei«, sagte Mick. »Ab sofort sogar, damit sie Ihren Belästigungen nicht mehr ausgesetzt ist.«
Der andere starrte ihn aus engen Augen an. Dann warf er Jenna einen giftigen Blick zu.
»Hast du endlich einen Dummen gefunden«, stieß er zynisch hervor, »aber sicher weiß er noch nicht über dich Bescheid.«
Jenna wandte sich ab. Es schien, als wolle sie die Flucht ergreifen, aber Mick faßte schon nach ihrer Hand.
»Was ist los, Jenna. Womit droht er?«
»Er hat kein Recht dazu. Aber ich werde niemals Ruhe finden, solange ich hier bin. Ich wollte Michelle alles erzählen, aber dann kam ihr Zusammenbruch dazwischen.« Ihre Lippen preßten sich aufeinander. »Es ist alles so sinnlos.«
»Sie werden sich doch nicht von diesem ordinären Kerl einschüchtern lassen. Sagen Sie mir doch bitte, was Sie bedrückt. So schlimm kann es doch gar nicht sein.«
»Es ist aber sehr schlimm.«
Er hatte ihren Arm umfaßt und steuerte den Weg zum Strand an. Dort setzten sie sich auf eine Bank im Schatten.
»Sagen Sie mir, was Sie bedrückt, Jenna. Und denken Sie nicht, daß Michelle Vorurteile hegt. Ich übrigens auch nicht. Wir wissen, daß Sie ein hilfsbereiter, warmherziger Mensch sind.«
Jenna schöpfte tief Atem. »Mein Vater war ein wohlhabender Mann«, begann sie stockend. »Ihm gehörte die Wohnanlage, in der ich jetzt arbeite. Aber er war ein Spieler, er hat alles verspielt, was wir besaßen, und als meine Mutter ihm Vorhaltungen machte, hat er sie so zusammengeschlagen, daß sie starb. Dann hat er mich auch bedroht. Ich habe mich gewehrt, und er stürzte durch die Glastür. Er starb an einer Gehirnblutung. Ich wurde von der Anklage wegen Totschlags freigesprochen. So, nun wissen Sie es. Ich konnte froh sein, hier arbeiten zu können.«
»Wann war das?« fragte Mick. »Vor drei Jahren.«
»Und warum sind Sie nicht weggegangen von hier?«
»Wohin denn? Ich hatte kein Geld. Wer hätte mir schon eine Stellung gegeben. Ich hatte doch keine Referenzen.«
»Michelle hat davon nichts erfahren?«
»Nein, es geschah, bevor sie zum ersten Mal hier war, und um die Gäste nicht zu vergraulen, wurde auch nicht über meinen Vater und dieses Drama geredet. Früher hatte ich auch nur einen rein geschäftlichen Kontakt zu Michelle, einen sehr flüchtigen. Erst in diesem Jahr wurde es anders, weil Michelle anders war, nicht so unbeschwert. Früher betrachtete ich sie als verwöhnte junge Dame, die zum Jet Set gehört. Ich hätte niemals erwartet, daß sie ein persönliches Gespräch mit mir führen würde.«
»Aber sie würde bestimmt Verständnis für Ihre Lage aufgebracht haben.«
»Ich bin doch damit nicht hausieren gegangen. Ich war froh, daß es schnell in Vergessenheit geriet. Man ist hier diskret, wenn es um solche Affären geht. Man hat ja auch genug zu klatschen über die Prominenz.«
»Aber jetzt werden Sie hoffentlich gern von hier weggehen, Jenna.«
»Ja, sehr gern. Wenn ich Michelle nur helfen könnte.«
»Das wünschen wir alle. Aber Ihnen soll auch geholfen werden. Betrachten Sie mich auch als einen Freund.«
»Tausend Dank«, flüsterte sie. »Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll.«
Mick empfand ein starkes Mitgefühl für diese junge Frau, die vom Schicksal so ungerecht behandelt worden war, und die mit ihrer Intelligenz und äußeren Erscheinung ganz andere Chancen haben könnte, wohl aber zu sehr gedemütigt worden war, um sie zu nützen.
»Sprechen Sie mehrere Sprachen, Jenna?« fragte er.
Sie sah ihn erstaunt an. »Das muß ich doch, wir haben internationale Gäste. Deutsch kann ich aber am besten. Englisch geht und italienisch brauche ich nicht so oft. Warum fragen Sie danach?«
»Weil ich Ihnen eine Stellung bieten könnte, bei der Sie auch in der Welt herumkommen würden.«
»Das ist sehr verlockend, aber ich habe mich bereits Michelle verpflichtet.«
»Wie ich Michelle kenne, will sie Ihnen auch zu einer ausbaufähigen Stellung verhelfen, zu einer Position, die Sie in jeder Weise zufriedenstellt. Aber wir werden noch darüber reden.«
»Sie verstehen bitte, daß Michelle jetzt am wichtigsten ist.«
»Das ist sie für uns alle. Übrigens wird heute ihr Bruder kommen.«
»Das ist gut, das wird ihr auch helfen. Ich fühle mich ziemlich unsicher. Hoffentlich betrachtet man mich nicht als Schmarotzerin.«
»Das sollten Sie wirklich nicht denken, Jenna. Sie haben dazu beigetragen, Michelles Leben zu retten. Das wird man Ihnen danken.«
»Dank will ich wirklich nicht. Ich verstehe nur diesen Mann nicht, der sich überhaupt nicht um sie kümmert. Er verdient sie nicht.«
»Da sind wir ganz einer Meinung. Und nun werden wir etwas essen. Sie müssen doch auch Hunger haben.«
*
Philipp und Mona waren in Monte Carlo eingetroffen. Das Hospital fanden sie schnell, und Dr. Duforet war inzwischen auch schon wieder auf der Station. Er hatte ein paar Stunden geschlafen, das genügte ihm. Er war an den unregelmäßigen Dienst gewöhnt, und da der Assistenzarzt zur Zeit Urlaub hatte, mußte er noch mehr arbeiten.
Aber ihm