Sophienlust Staffel 15 – Familienroman. Susanne Svanberg
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»Er hat viel Schweres durchgemacht. Ich habe ihn erst nach dem Unfall kennengelernt, aber mein Mann kannte ihn schon, als er noch ein Kind war. Deshalb hat er auch Erichs Stelle übernommen. Es sollte allerdings nur eine Übergangslösung sein. Fritz, mein Mann, könnte eigentlich schon seine Pension genießen, aber er wollte für Erich einspringen, bis dieser wieder völlig gesund ist. Aber jetzt … Nun, ich fürchte, Erich wird nie wieder fähig sein, seinen Posten auszufüllen«, sagte Frau Haslinger traurig.
»Wie ist es zu dem Unfall gekommen und was ist dabei eigentlich passiert?«, fragte Betti.
»Es war ein Jagdunfall. Ein Industrieller, der es schick fand, ab und zu ein Stück Wild abzuknallen, schoss trotz Zielfernrohr daneben und traf Erich. Das Hüftgelenk wurde beschädigt, sodass Erich jetzt nicht mehr gehen kann, sondern sich mühsam auf Krücken fortbewegen muss.«
»Schrecklich. Ja, ich verstehe, dass so etwas einen Mann verbittert«, sagte Betti nachdenklich.
»Wenn wenigstens seine Frau zu ihm gestanden hätte«, bemerkte die Försterin zornig. »Ich weiß, man soll einer Toten nichts Schlechtes nachsagen – und ich habe sie ja auch gar nicht gekannt. Sie war schon weg, als wir hier eintrafen.«
»Warum hat sie ihn verlassen?«, fragte Betti und schämte sich ein wenig ihrer Neugier.
Frau Haslinger gab jedoch bereitwillig Auskunft. »Vermutlich war es ihr lästig, mit einem kranken Mann zusammenzuleben.«
»Sie hat ihn erst nach dem Unfall verlassen?«, fragte Betti erschrocken.
»Ja, davon rede ich doch die ganze Zeit. Sie muss sehr egoistisch gewesen sein und hat Erich bestimmt nicht aufrichtig geliebt. Aber Männer sind ja so dumm. Ich fürchte, er trauert ihr noch immer nach. Als er von ihrem Tod erfuhr, war er tagelang nicht ansprechbar.«
»Vielleicht hatte er bis dahin gehofft, dass sie eines Tages doch noch zu ihm zurückkehren würde«, mutmaßte Betti.
»Nein, das glaube ich nicht. Er erzählte mir einmal, dass es schon vor seinem Unfall in seiner Ehe kriselte. Seine Frau sehnte sich in die Großstadt zurück.«
»In die Großstadt?«, fragte Betti erstaunt.
»Ja, sie kam nämlich aus der Stadt. Angeblich konnte sie sich an das Leben hier in der Einsamkeit nicht gewöhnen. Jedenfalls diente ihr das als Entschuldigung, Erich nach seinem Unfall zu verlassen.«
Diese Erklärungen bewirkten, dass Betti das Verhalten Erich Gleisners nun in einem neuen Licht sah. Es war kein Wunder, dass er nach den bösen Erfahrungen, die er gemacht hatte, verbittert und mürrisch war.
*
Trotzdem kostete es Betti am nächsten Vormittag einige Mühe, freundlich zu ihm zu bleiben. Da sie uneingeladen aufgetaucht war, wollte sie sich irgendwie nützlich machen und fragte deshalb die Försterin, ob sie ihr nicht beim Kochen helfen könnte.
Die Försterin lehnte zuerst ab unter dem Hinweis, dass Betti ihr Gast sei, aber die junge Frau ließ nicht locker.
»Gut«, meinte Frau Haslinger schließlich, »wenn sie unbedingt etwas tun wollen, hätte ich schon Arbeit für Sie. Ich bin seit Wochen nicht mehr dazu gekommen, die Blumenbeete im Garten zu pflegen. Ich fürchte, sie strotzen vor Unkraut. Dadurch, dass wir mitten im Wald wohnen, wächst das Unkraut besonders gut.«
Betti machte sich also mit Evis Unterstützung ans Werk. Evi maulte zuerst ein wenig, denn die Blumenbeete waren an genau der Stelle, wo früher die Johannisbeerstauden gestanden hatten. Dann aber gesellte sich Ulli zu ihr und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Die Kleine ließ Unkraut sein und beschäftigte sich mit dem Spaniel. Bald tollte sie mit ihm durch den Garten.
Betti sah Evi und Ulli eine Weile zu, dann wandte sie sich wieder dem Unkraut zu. Frau Haslinger hatte einen alten Wäschekorb gebracht, in den Betti nun die ausgerissenen Pflanzen warf. Endlich war der Korb voll. Betti erhob sich, um ihn zum Misthaufen zu tragen. Da erschrak sie. Unweit von den Blumenbeeten befand sich ein runder Gartentisch, um den einige Korbstühle gruppiert waren. In einem davon saß unbeweglich Erich Gleisner und beobachtete sie.
Betti wusste nicht, wie lange er schon dasaß. Sie hatte ihn nicht kommen hören. Er hätte sich bemerkbar machen und mich wenigstens grüßen können, dachte sie unwirsch.
Den Gruß holte er jetzt nach, und Betti erwiderte ihn. Dann fragte sie ihn, ob sie Evi herholen solle.
»Nein«, lehnte er ab, »ich will das Kind nicht vom Spielen abhalten. In meiner Gegenwart langweilt es sich höchstens.«
»Das ist nicht wahr«, widersprach Betti aufgebracht. »Sie wissen auch, dass es nicht wahr ist. Evi war gestern selig über das Wiedersehen mit Ihnen.«
»Gestern vielleicht«, sagte er langsam, aber auf die Dauer … Nun, das ist sowieso ausgeschlossen. Von der kleinen Rente, die ich beziehe, kann ich kaum leben. Ich muss froh sein, dass die Haslingers mich hier dulden. Ich bewohne in dem Forsthaus nur mehr ein Zimmer, weil ich nicht weiß, wohin ich sonst gehen sollte. Ich kann Evi nicht hier behalten.«
»O nein«, warf Betti rasch ein, »davon ist nicht die Rede. Ich sorge für Evi. Sie ist mein Pflegekind. Ich bin nicht mit ihr hergekommen, weil ich sie hierlassen will.«
»Warum sind sie gekommen?«
»Das habe ich doch schon gestern gesagt. Um Evi eine Freude zu machen. Sie hat Sehnsucht nach Ihnen gehabt. Ich habe gedacht, dass auch Sie ein Wiedersehen mit dem Kind glücklich machen würde«, meinte Betti ein wenig vorwurfsvoll.
»Glücklich machen!«, äffte er sie nach. »Sie hätten besser fortbleiben sollen. Merken Sie denn nicht, dass Sie mich bloß quälen?«
»Ich Sie quälen, aber wieso? Inwiefern?«
»Indem Sie meine Tochter für einen kurzen Besuch herschleppen, um sie nach ein paar Tagen wieder mitzunehmen.«
»Aber was soll ich denn tun?«, rief Betti verzweifelt aus. »Sie sagen doch selbst, dass Sie für das Kind nicht sorgen können. Evi hat es gut bei mir. Es geht ihr nichts ab.«
»Nur ihr Vater«, meinte er bitter.
»Dafür kann ich nichts«, verteidigte sich Betti.
»Sie hätten nicht kommen dürfen«, wiederholte er. »Ich wollte dem Kind ersparen, dass es mich als Krüppel sieht.«
»Evi hat Sie trotzdem lieb«, sagte Betti leise.
»Und wie soll es weitergehen? Evi hätte mich vielleicht bald vergessen, aber durch dieses Zusammentreffen ist die Erinnerung in ihr wieder wachgerufen worden.«
»Wünschen Sie denn, dass Evi Sie vergisst?«
»Was bleibt mir denn anderes übrig?«, rief er heftig. »Ich bin kein vollwertiger Mensch mehr. Was hat Evi an einem Vater, der nicht einmal mehr seinen Dienst ausüben kann?«
Es schmerzte Betti, ihn so reden zu hören, aber sie wusste nicht, was sie erwidern sollte.
Später fragte sie Frau Haslinger: »Gibt es denn keine Hoffnung für Herrn Gleisner? Ich meine, dass er wieder gesund wird?«
»Ja«, erwiderte Frau Haslinger gedehnt, »damals nach dem Unfall,