Dicke Luft in der Küche. Frank Winter

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Dicke Luft in der Küche - Frank Winter страница 12

Dicke Luft in der Küche - Frank Winter Mord und Nachschlag

Скачать книгу

begrüßt zu werden. Doch fehlte ihr leider die Zeit. Angus hatte einen schönen Kater. Aber er wohnte in einer katzenfreundlichen Gegend. Dean Village war, wie der Name schon sagte, ein kleines Dorf. Sir Robert konnte das Haus durch eine kleine Luke auf der Hinterseite des Hauses nach Belieben verlassen, ohne dass man Angst haben musste, dass ein wildgewordener Autofahrer ihn überfuhr. Sie widerstand dem Wunsch, Angus anzurufen, denn er würde bemerken, dass etwas nicht stimmte. Und was sollte er denken, wenn sie von einem Mann aus ihrer Vergangenheit verfolgt wurde! Nein, lieber ließ sie sich ein beruhigendes Bad ein. Als Kind schon hatte ihr das Wasser nie heiß genug sein können. Ihre Mutter war das genaue Gegenteil. Karen ging ins Wohnzimmer zurück, um die Gardinen zu schließen. Jetzt saß jemand in dem Wagen! Ohne zu überlegen wählte sie MacDonalds Nummer.

      »Hier spricht Angus Thinnson MacDonald.«

      »Ich bin es, Angus. Entschuldigen Sie bitte die Störung.«

      »Sie stören niemals, Karen.«

      »Vielen Dank. Nett, dass Sie das sagen.«

      »Wie geht es Ihnen?«

      »Im Prinzip gut, ich hatte nur einen schweren Tag. Und Sie?«

      »Mich nehmen die Vorbereitungen für die neue Sendung in Anspruch.«

      »Alles, was Sie mit Hafer kochen können. Das war es doch, oder?«

      »Exakt. Eine vielseitige Zutat, die in unserer kosmopolitischen Zeit mitunter vernachlässigt wird.«

      »Schade. Dann haben Sie vermutlich keine Zeit, ein Glas Wein trinken zu gehen?«

      »Darf ich mir das denn gestatten?«

      »Ich verstehe nicht …?«

      »Sie wünschen sich doch, dass ich tüchtig abspecke.«

      »Stimmt, aber wir können ja eine Ausnahme machen.«

      MacDonald zögerte einen langen Moment. »So leid es mir tut, aber ich fürchte, heute muss ich passen.«

      »Kein Problem.«

      »Sind Sie sicher?«

      »Aber ja. Arbeiten Sie schön weiter.«

      »Darf ich Sie die Tage einmal anrufen? Ich hätte noch einige Fragen zu Mister Atkins.«

      »Was immer Sie wissen möchten.«

      Nachdem sie aufgelegt hatte, stellte sie das Telefon auf stumm und ging wieder zum Fenster. Als sie den Vorhang zurückzog, war der Wagen weg. Doch besser fühlte sie sich deshalb nicht. In der Küche machte sie sich ein Käseomelette und trank ein Glas gut gekühlten neuseeländischen Sauvignon Blanc dazu. Nach dem Abwasch schaltete sie den Fernseher ein und sah die Nachrichten. Immer wieder stand sie auf und blickte nach draußen. Irgendwann gewann die Vernunft die Oberhand. Sie gab sich einen Ruck und legte sich die DVD »Whatever works« ein. Diesen Film von Woody Allen kannte sie noch nicht. Entspannung sollte er ihr bringen, machte sie aber nur noch nervöser. Es ging um Menschen, die sich nicht mehr verstanden und andere, die sich fanden. Als der Abspann lief, kamen ihr die Tränen. Hatte sie damals richtig entschieden? Fast hätte sie Angus noch einmal angerufen. Doch wie sollte sie ihm erklären, was alles durch ihren Kopf raste? Ein traditioneller Mensch wie er würde nicht nachvollziehen können, was damals geschehen war.

       »Selten wurde eine Pflanze so stark mit einem Volk und dessen Lebensweise assoziiert. Hunderte von Jahren war der Hafer in verschiedenen Formen Grundstein der Ernährung der Bevölkerung.«

      G. W. Lockhart in »The Scots and their Oats«

      Alles, was Sie mit Hafer kochen können – Teil 1: Cranachan

      Konnte es sein, dass er noch immer das gleiche Gewicht auf die Waage brachte? MacDonald betrachtete seinen Regisseur inmitten des Trubels im Ocean Terminal skeptisch. Er aß ständig und sehr engagiert, legte aber niemals zu. Welch Ärgernis für einen barocken Menschen wie ihn, der gern einige Pfunde purzeln sehen wollte. Warum nur verhalf ihm die doppelte geistige Anstrengung als Food Journalist und Detektiv nicht dazu?

      »Mister MacDonald, können wir weiter? Wir sind erst im Erdgeschoss.«

      »Oh, tatsächlich?«

      Wie immer hatte Robertson es eilig, denn für die BBC mit ihren drakonischen Sparmaßnahmen war Zeit Geld. Zu leiden hatte darunter das gesamte Team. Das waren außer MacDonald zwei Kameraleute und nur noch zwei Träger von ehemals vier. Bei dieser Sendung musste er deshalb zum ersten Mal auf seinen allseits beliebten großen Sekretär verzichten. Der neue Schreibtisch war offensichtlich in der Kinderabteilung eines schwedischen Möbeldiscounters erstanden worden. Nach endlosen Diskussionen mit Robertson hatte MacDonald sich vordergründig in sein Schicksal gefügt. Doch aufgegeben hatte er beileibe nicht. »Hopp, hopp«, rief der Regisseur. Wollte er sie zu einem Dauerlauf animieren? Zu MacDonalds Glück schlurften die Packer träge durch die Mall. Sie schleppten nicht nur das Mobiliar, sondern auch noch dicke Rucksäcke, wie bei einem ausgedehnten Camping-Ausflug. Man konnte sich der Blicke aller Passanten im Ocean Terminal sicher sein. MacDonald hatte den Regisseur unauffällig in die Shopping Mall gelotst, weil er nebenher ein bisschen an seinem Fall zu arbeiten gedachte. Mrs Sinclair hatte erwähnt, dass sie den Major hin und wieder hier mit seiner Enkelin getroffen hatte. Robertson meckerte zwar ein wenig wegen der Drehgenehmigung, aber angesichts der kostenlosen Parkplätze in der Tiefgarage war die Sache schnell entschieden.

      »Mister MacDonald, ich will nicht hetzen, aber so langsam müssen wir uns sputen.«

      Neuerdings meinten viele Menschen, ihn in irgendeiner Form drängen zu müssen, Alberto, sein Kater, Karen, und nun auch noch der Regisseur. Er machte einen Schmollmund.

      Robertson, der seine Pappenheimer gut kannte, spürte, dass er zu weit gegangen war. »Wie ich Sie kenne, sind Sie wieder exzellent vorbereitet, Mister MacDonald?«

      »Sie haben den Hamper in meiner Rechten bemerkt?«

      »Aber ja.«

      »Er beherbergt eine kleine Kühltasche. Und diese wiederum unseren Cranachan.«

      »Sie wollen den Auftakt unserer Serie mit einem Dessert machen?«

      »Warum denn nicht?«

      »Endet ein Menü normalerweise nicht mit dem Nachtisch?«

      »Das kommt auf die individuellen Präferenzen an. Ich habe zum Beispiel einen Freund in den Staaten, der immer mit dem Dessert beginnt.«

      »In den USA?«

      »Exakt. Dort hat man auch die Mode mit den Baseball-Kappen aufgebracht, so wie Sie eine tragen. Was spielt es im Übrigen für eine Rolle, womit ich beginne? Die BBC kann doch die Sendetermine für die einzelnen Gerichte selbst auswählen. Strahlen sie diese Sendung einfach am Ende aus.«

      Angus Thinnson MacDonald war ein Superstar des Fernsehens und Robertson wollte es sich keinesfalls mit ihm verscherzen. »Ich bin ganz Ihrer Meinung«, antwortete er lächelnd.

      »Wo drehen wir?«, fragte MacDonald rhetorisch, denn er wusste sehr wohl noch, was er angeregt hatte.

      »Vielleicht direkt vor der Terrasse? Der Blick auf den Firth of Forth ist von dort prächtig.«

      »Sehr

Скачать книгу