Currys für Connaisseure. Frank Winter
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Читать онлайн книгу Currys für Connaisseure - Frank Winter страница 3
»Ich dachte, Sie wollen meine Bewerbung unterstützen?«
»Miss Armour! Wenn Ihnen jemand zur Seite steht, dann bin ich …«
»Hallo, ist da wer?«, fragte eine männliche Stimme vor der Kabine.
Er nahm Haltung an. »Guten Morgen, Sir. Hier spricht Angus Thinnson MacDonald. Neben mir steht Miss Armour. Wir haben einen Termin bei Familie Waddell.«
»Befinden Sie sich in der richtigen Fakultät?«
»Er meint Mister und Mrs Waddell!«, sagte die Armour ärgerlich.
»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
»Sind wir noch weit weg?«
»Im Gegenteil.«
»Ihre Stimme kommt mir sehr bekannt vor. Kennen wir uns, Sir?«
»Wir hatten telefoniert. Waddell, der Name.«
Schwarztee mit Pfeffer drin! Waren alle Ernährungsfachleute so kauzig? »Mister Waddell, ja. Wusste ich es doch.«
Mit einem sanften Schnurren öffnete sich die Tür. »Sehen Sie, alles ist gut.«
Miss Armour drückte sich die Hand auf den Mund und konnte das infernalische Lachen doch nicht zurückhalten! Wenn doch nur ihr Telefon wieder klingelte, er sich vom Abspecken fernhalten und detektivisch arbeiten könnte …
»Tak the bit an the buffet.«
Man soll das Leben nehmen, wie es ist.
Signor Vitiello und der Engpass
Alberto saß mit dem Branchenbuch auf dem Schoß im Wohnzimmer der Villa Buongiorno. Seitdem billige Hotels wie Pilze aus dem feuchten Waldboden sprossen, gingen die Buchungen zurück. Detektivische Arbeit stand nicht an und so entwickelte er, um Langeweile zu bannen, ein neues Projekt. Neben dem Schlafzimmer sollte ein Badezimmer installiert werden. In vielen Ländern hätte man dieses Vorhaben senza problema umsetzen können, nicht aber in Großbritannien, das einmal mehr auf den Sonderstatus in Europa bedacht zu sein schien, und deshalb war die Chance, in Edinburgh professionelle Handwerker zu finden, gering. Eher konnte man mit einem Lotteriegewinn rechnen. »Die Klempner sind die Schlimmsten von allen«, wurde Alberto nicht müde, Maria zu klagen, so als ob er unter einer brutalen Besatzungsmacht zu leiden hätte. Fünfzehn solcher Unmenschen hatte er bereits kontaktiert. Die ersten zwölf erachteten es nicht für nötig, in seinem Haus aufzukreuzen, und nur ein Einziger war gewillt, einen Kostenvoranschlag aufzusetzen. Zumindest behauptete der Mann das. Leider wurde der Brief niemals durch die Klappe in der Haustür geworfen und Alberto musste weiterfahnden. Maria bezweifelte, dass er so viele Telefonate hinter sich hatte, kapitulierte aber und lobte sein hervorragendes Gedächtnis. Sollte der Traum von einem neuen Badezimmer so schnell ein Ende finden? Das konnte er Enkelin Fiona nicht antun. Sie glaubte, dass Großvater nur für sie eine besondere Toilette baute. Nachdem alle Gäste versorgt waren und er das Geschirr in die Spülmaschine geräumt hatte, nahm er, um sich etwas abzulenken, den Bus zur Princess Street. Die schicke Tram glitt fast geräuschlos über die Einkaufsstraße. Alteingesessene Edinburgher nörgelten wegen eines überzogenen Budgets. Aber das war bei solchen Projekten immer so! Alberto schlenderte an den Schaufenstern vorbei. Ein Geschäft mit Taschen und Koffern zog seine Aufmerksamkeit auf sich und dann rief er: »Ein Klempner, ein Klempner!« Den hatte er als Spiegelbild in der Fensterscheibe entdeckt. Blitzschnell drehte er sich zu dem Lastwagen auf der anderen Straßenseite um, wo der Fahrer geduldig auf Grün wartete. Er war Mitte dreißig und kahlköpfig. Alberto wollte über die Straße spurten, doch der Verkehr war zu dicht und er musste am Straßenrand warten. Als der nächste Bus herandonnerte, sprang er zurück. Exakt in dieser Schrecksekunde fuhr der Installateur weiter. Vitiello stampfte mit dem Fuß auf.
MacDonald war erbost. Ja, der arme Mister Waddell schielte. Dicke Brillengläser vergrößerten sein Missgeschick für die Welt und darüber zu kichern, war ein Zeichen miserabler Erziehung!
»Fühlt sich Ihre Begleiterin ungut?«, fragte Waddell, der so etwas schon oft erlebt hatte, gleichmütig.
»Es ist nur die Freude über unsere unverhoffte Befreiung. Nicht wahr, Miss Armour?« MacDonald schob sie aus dem Aufzug.
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen«, sagte Waddell. »Meine Frau wartet bereits.«
Sie schritten über einen langen, tristen Flur bis zum letzten Büro. Waddells Schuhe quietschten bei jedem Schritt. Als Miss Armour seine Gattin erblickte, verlor sie gänzlich die Kontrolle und rannte davon. Das Ehepaar ähnelte sich wie ein Ei dem anderen: braune Haare mit grauen Strähnen, Hornbrillen, erdfarbene Kleidung. Mrs Waddell wurde allerdings noch ein bisschen mehr als ihr Ehemann vom Schielen geplagt. Sich darüber zu belustigen, war das Allerletzte! MacDonald empfand die Situation als sehr misslich. In Armours »Pause« legten sie das Honorar fest, das MacDonald in Form einer großzügigen Spende aufbrachte. Drei Monate sollte das Projekt dauern und sich auf seinen Wunsch mit der indischen Küche beschäftigen. Über Inhalte wollte man sich in der Konversation einig werden. Falls die Armour jemals von ihrer Erfrischungstour zurückkehrte! Bam! Der Teufel sprach, will heißen, sie klopfte an die Tür. »Ja, bitte«, sagte Mister Waddell schmunzelnd, weil so förmlich um Eintritt gebeten wurde. »Ich hoffe, es geht Ihnen besser, Miss Armour.« Dem Himmel sei Dank, dass der Mann über den Dingen stand, dachte MacDonald. Seine Mitbewohnerin fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, versuchte, ihrer habhaft zu werden und schaffte es nicht! MacDonald sprach ein Machtwort: »Da die Dame sich noch immer krank fühlt, schlage ich vor, alles Weitere in einer Telefonkonferenz zu regeln, wenn Sie einverstanden sind, Mister und Misses Waddell?« Die beiden nickten. Man verabschiedete sich und MacDonald schob die Armour aus dem Büro, durch den langen Flur, über die Treppen (!) und zum Ausgang. Dort war es dann an ihm, die Beherrschung zu verlieren. »Sie hatten die Waddells doch schon einmal gesehen!«
»Nein.«
MacDonald überlegte. Wenn sie an der Universität gearbeitet hatte, war das unmöglich. Entweder die Armour schwindelte oder sie hatte sich, grässlicher Gedanke, an seinen Whiskybeständen vergriffen und delirierte! Mitunter waren es Abstinenzler, die sich abrupt am Alkohol labten. »Wie konnten Sie es wagen, sich so daneben zu benehmen?«
»Wovon reden Sie?«, fragte Armour putenrot. »Ich habe nichts getan.«
»Außer Ihre Arbeitgeber wegen eines körperlichen Gebrechens zu verlachen!«
»Gebrechen …? Ach, Sie meinen das Schielen? Zu ulkig!«
»Vielleicht wollen Sie sich das nächste Mal noch auf die Schenkel klopfen, ja? So etwas macht man einfach nicht!«
»Fanden Sie es nicht komisch?«
»Hat man mich vielleicht kichern gesehen? Würden Sie einen Einarmigen ebenfalls verspotten?«
»Das ist etwas anderes«, antwortete sie griesgrämig.
»Nein, es ist genau das Gleiche! Wir können uns glücklich schätzen, wenn die Waddells noch Interesse haben.«
»Ich dachte, wir sprechen am Telefon weiter?«
»So lautete mein Vorschlag, auf den die Herrschaften eingehen müssen.«
»Das geschah doch bereits?«
»Es