Breiter bis wolkig. Bernd Neuschl
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In der Pause stürzt sich Marc begeistert auf mich.
„Stell dir vor, Specht ist sowas von begeistert, dass er die doppelte Summe rausrückt. Statt 200.000 Euro haben wir 400.000 Euro. Hahaha. Respekt Ben, das hast du brillant hinbekommen. Und weißt du was: Wir brauchen in dieser Branche Menschen, die auch mal auf Karneval verzichten können. Ich sage dem Aufsichtsrat, dass du nach „Hairspray“ unser erster Kapellmeister wirst.“
Leihe mir ein Handy und rufe Esther an. Sie fällt aus allen Wolken. Nicht wegen der frohen Botschaft, sondern weil es schon so spät ist.
Gehe zurück auf die Bühne. Die Pause ist gleich vorbei. Ich öffne den Bühnenvorhang einen Spalt und spicke in den Saal. Roland Specht, unser großzügiger Sponsor, turtelt mit seiner Freundin, die zum zweiten Teil erschienen ist. Sie ist locker zwei Köpfe größer als ihr Freund. Als sie den Mund aufmacht, höre ich sofort, dass ihre Stimme eine Oktave tiefer als die ihres Baulöwen ist. Helge Schneider tritt zu dem Paar.
„Oh, was für eine schöne Überraschung. Da hat uns der Dirigent Helge Schneider hergezaubert“, raunt sie und streckt Helge grazil ihren Handrücken entgegen, den der Humorist sanft ergreift und nach einem flüchtig angedeuteten Kuss wieder freigibt. Es riecht bis hierher nach Fisch. Ich fasse es nicht. Tatsache. Transen-Triton. Der Baulöwe ist mit Gerda zusammen. Der Meerjungmann von heute Mittag. Ohne rote Perücke zwar, aber Stimme und Duft stimmen überein. Der Rosettenrochen. Prinz Dildo, Herrscher der geilen Gezeiten. Ich zwicke mich in den Arm, um nicht lauthals loskrähen zu müssen.
„Wie lange sind Roland Specht und seine Freundin Gerda zusammen?“, frage ich Marc, der eben von der Seitentreppe kommend die Bühne betritt.
„Erst zwei Tage, geht uns aber nichts an“, antwortet er, öffnet den Vorhang und wendet sich den Gästen zu. „Hahaha. Also, alle einmal zuhören. Wie angekündigt als große Zugabe eine große Überraschung: Eben war er noch in der Philharmonie, jetzt ist er auf unserer Bühne. Begrüßen Sie bitte Helge Schneider!“
Helge schreitet winkend auf die Bühne, nimmt umständlich „am Geflügel“ Platz, greift in die Tasten und klimpert sein unverwüstliches „Katzeklo“. In meinem Kopf höre ich ihn schon zur selben Melodie singen: „Fischpopo, Fischpopo, ja das macht die Gerda froh ...“
Fest steht, unser Sponsor mag Überraschungen und wirkt unendlich glücklich. Und das wird er auch bleiben wollen. Ob er heute Nacht immer noch so begeistert sein wird, wenn er endlich feststellen darf, dass seine Gerda eigentlich ein Gerd ist, sei dahingestellt. Obwohl. Wie der große Friedrich Nietzsche schon sagte: Wer ein Warum hat, dem ist kein Wie zu schwer.
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