Breiter bis wolkig. Bernd Neuschl
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Seit die Polizei regelmäßig osteuropäische Kastenwagen aus dem Verkehr zieht, um dem Handel mit illegal gesammeltem Wertstoff einen Riegel vorzuschieben, sichern sich nicht wenige Sperrmüllkuriere mit solchen Pseudoformularen ab und für die hiesigen Entsorgungsbetriebe bleibt nur noch wertloser Müll übrig. Eine rechtliche Grauzone zwar, aber mit meiner Unterschrift übereigne ich den beiden unser altes Gerät. Mir egal. Ich fahre los und sehe im Rückspiegel, wie die beiden Puszta-Elektriker den Fernseher fachgerecht in ihrem spritfressenden Sprinter verladen.
Im Media Markt werde ich überraschend schnell fündig. Ich schiebe das neue Gerät mit demselben mütterlichen Stolz vor mir her wie eine frischgebackene Mutter einen Kinderwagen. Nachdem ich mit dem Gutschein bezahlt, einen Euro retour erhalten und mich zum Gehen gewendet habe, fragt mich die Kassiererin, ob ich den Kassenzettel nicht haben wolle.
„Nein, nein“, lehne ich ab. „Reduzierte Artikel sind doch vom Umtausch ausgeschlossen. Der Kassenzettel landet daheim sowieso auf Nimmerwiedersehen in der Kramschublade zwischen Kugelschreibern, Batterien, anderen Kassenbelegen, Briefmarken, Büroklammern, Einmachgummis und Bierdeckeln. Aber sagen Sie, kann ich vielleicht die Verpackung bei Ihnen entsorgen? Wir haben daheim nur eine kleine Wertstofftonne.“
„Klar“, flötet die attraktive junge Dame, deren Namensschild mir verrät, dass sie Maren K. heißt und Auszubildende ist. „Neben den Einkaufswagen ist ein Container, speziell für Großverpackungen.“
Vorsichtig lege ich den neuen Flachbildschirm mit einer Spannweite von immerhin 1,5 Metern in den Kofferraum. Dann entferne ich die Kartonage samt schützendem Styropor und entsorge sie im Müllcontainer. Stolz fahre ich nach Hause. Als ich in unsere Straße einbiege, fällt mir ein, dass ich die Star Wars-DVD für Esthers Patenkind vergessen habe. Mist, die werde ich wohl über den Amazon-Express-Versand ordern müssen. Ich zücke mein Handy und öffne die App. Nach wenigen Klicks weiß ich, das wird nichts. Premium-Lieferung frühestens Montag und die Party soll ja am Sonntag steigen.
Egal, dann malen wir ihm eben ein Bild und schenken es ihm, so wie er es immer mit uns macht. Oder er bekommt etwas Selbstgebasteltes. Von Star Wars. Was weiß ich. Eine struwwelige Chewbacca Handpuppe aus einer alten Klobürste oder einen Darth-Vader-Helm aus einem alten Kugelgrill.
Ich halte vor dem Haus und meine Gedanken werden von einem echten Dilemma verdrängt: Wie soll ich das fragile Riesengerät unter dem Arm halten und gleichzeitig die schwere Haustüre öffnen? Esther ist beim Friseur und kommt färbetechnisch bedingt frühstens erst in zwei Stunden. Ich muss da allein durch und stelle das neue Gerät behutsam auf den Boden neben dem Auto, dann schließe ich die Haustüre auf.
Genau in diesem Augenblick hält wieder der weiße Kastenwagen. Puszta-Pat und Puszta-Patachon steigen zielstrebig aus und wollen wortlos mein neues Gerät aufladen.
Ich rufe: „Hey! Spinnt ihr?“
„Ist doch Schrott“, ruft der größere der beiden und zieht provokant an seiner Zigarette.
„Das ist kein Schrott, das ist neu. Drei, zwei, eins, meins. Eben gekauft. Was Sie da machen ist Diebstahl.“
„Nix klauen. Wir haben vorhin auch mitnehmen dürfen. Der Gerät steht auf Gehweg und der Gehweg gehört Stadt und Stadt gehört EU und wir sind auch EU.“
Mir wird das zu blöd. Damit die beiden nicht verschwinden können, lege ich mich vor den Sprinter auf die Straße, ziehe mein Handy aus der Tasche und rufe die Polizei.
Zufällig ist eine Streife in der Nähe. Es dauert auch keine Minuten, da sehe ich über mir Blaulicht flackern und höre, wie zwei Türen kraftvoll zugeschlagen werden.
Ich rappele mich auf und während ich mir den Dreck von der Hose klopfe, schildere ich den beiden Beamten die Situation.
„Ich heiße Ben Bock und habe eben diesen Fernseher gekauft und damit ich ihn ins Haus tragen kann, musste ich ihn auf den Boden stellen, um die Türe aufschließen zu können. Sie verstehen?“
Ich halte meinen Schlüsselbund siegreich wie eine frisch gefangene Forelle in die Luft und klimpere mit den Schlüsseln.
„Mann lügt!“, brummt der massige Magyar und setzt zu einer zugegeben nicht weniger glaubwürdigen Version der Geschichte an. Er wedelt mit dem Formular, das ich tatsächlich vorhin unterschrieben und damit die beiden Gulasch-Ganoven zum neuen Besitzer eines Fernsehgerätes geadelt habe.
„Moment“, werfe ich ein, „das gilt doch nur für das alte Gerät von vorhin.“
„Welche Gerät?“ Laszlo, so heißt der Größere der beiden, deutet auf den offenen Sprinter, aus dem mich eine gähnende Leere höhnisch angrinst.
„Aber ich habe dieses Gerät doch eben erst gekauft.“ Verzweifelt sinke ich auf den Boden. Endlich greift einer der beiden Ordnungshüter ins Geschehen ein.
„Das lässt sich ja ganz leicht aufklären: Haben Sie den Einkaufsbeleg noch?“ Resigniert schüttle ich den Kopf.
„Oder zumindest die Originalverpackung?“
Ich zucke mit den Schultern. Der junge Polizist kratzt sich am Kinn. „Tja, dann werden wir das Teil wohl konfiszieren müssen. Wahrscheinlich hat jemand aus der Nachbarschaft das Gerät zur Entsorgung auf die Straße gestellt. Am Montag sammeln die städtischen Entsorgungsbetriebe Elektroschrott und wir dürfen nicht zulassen, dass städtisches Eigentum zur Hehlerware wird.“
Dann darf ich mitansehen, wie die beiden Polizisten meinen 60-Zoll-Fernseher in ihren Streifenwagen verladen, die beiden Ungarn verwarnen und schließlich wegfahren. Ich überlege kurz, meine Mutter anzurufen und ihr zu erzählen, was mit meinem Weihnachtsgeschenk passiert ist. Gewiss hätte sie mit dem Nudelholz das Revier gestürmt.
Laszlo und sein Kumpel haben es plötzlich sehr eilig und so stehe ich allein da. Das wird Ärger geben. Da fällt mir die DVD für Esthers Patenkind wieder ein. Auch das noch. Nicht nur, dass meine 499 Euro gerade in einem Polizeiauto durch die Stadt kutschiert werden, morgen werden wir auch noch mit leeren Händen auf der Geburtstagsfeier aufkreuzen. Ich fahre zurück in den Media Markt. Dort angekommen, schleiche ich wehmütig und verärgert zugleich um die letzten Aktionsgeräte. Trauern bringt nichts und so schlurfe ich in die Abteilung mit den Spielfilmen, wo ich auch gleich die neue Star Wars-DVD finde.
Ich bezahle an der Kasse und begebe mich zum Serviceschalter, wo in der Zeit vor Ostern ein Geschenkeverpackungsservice gratis angeboten wird.
„Darf ich den Kassenbeleg sehen?“, mit forderndem Blick deutet die Angestellte erst auf den Film und dann auf den Zettel in meiner Hand.
„Klar, hier“, entgegne ich leicht genervt und verfluche mich dafür, dass ich heute Vormittag den Kassenzettel des neuen TV-Gerätes nicht mitgenommen habe. „Könnte ja jeder kommen und was als Geschenk einpacken lassen. Das wäre ein raffinierter Ladendiebstahl“, plaudere ich weiter.
Die Angestellte nickt und zieht ihre schmalen Augenbrauen nach oben. „Deshalb schauen wir uns vor jedem Verpackungsvorgang auch den Kassenzettel an. „Wir sind doch nicht blöd.“
Denkste. Ich sehe, wie sie den Sicherheitschip, der am Ausgang den Alarm auslöst, von der DVD-Hülle entfernt.
Plötzlich habe ich eine Idee. „Ich bin gleich wieder da“, entschuldige ich mich und verschwinde bei den Sonderangeboten.
Nachdem ich um Gerät