Geschichten aus Baden und dem Elsass. Anton Ottmann

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Geschichten aus Baden und dem Elsass - Anton Ottmann Lindemanns

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Jahren und einen fünfjährigen Sohn und sind sehr glücklich. Ich bin hier geblieben und arbeite jetzt in der BASF. Noch ein paar Jahre und ich bin selbst ein Deutscher!

      Streitkultur

       (2002)

      Sie:Schau mal hinter der Zeitung vor, ich will etwas

       mit dir besprechen.

      Er: Ich kann lesen und zuhören gleichzeitig.

      Sie: Dass ich nicht lache.

       Alles muss ich dir dreimal erzählen. Jetzt hör mal zu!

      Er: Bist du mit deinem Teil schon fertig?

      Sie: Die Todesanzeigen habe ich gelesen.

       Es ist niemand dabei, den wir kennen.

      Er:Ist das alles, was dich interessiert?

      Sie: Wenn ich nicht jeden Tag nachschaue, würdest du Weihnachtskarten an Leute verschicken, die gestorben sind.

      Er: Jeden Morgen das Gleiche: „Es hat den alten Herrn Maier erwischt.“ Oder: „Das hätte ich nicht gedacht, dass das Mariechen so alt geworden ist.“ Man könnte meinen, es gäbe keinen größeren Spaß als zu sterben.

      Sie: Es ist schon ein schönes Gefühl, wenn du nicht selbst dabei bist. Aber – könntest du mal im Horoskop

       nachsehen, ob wir diese Woche im Lotto gewinnen?

      Er: Davon steht nichts drin. Aber, dass ich Glück in

       der Liebe habe.

      Sie:Wenn du mich weiter so aufregst, mit mir nicht!

       Das kann ich dir versprechen.

      Er: Dann halt mit einer anderen.

      Sie: Da muss ich aber lachen. Wer soll dich alten Simpel

       wollen?

      Er: In meinem Alter hat schon mancher seine Frau

       gegen eine jüngere eingetauscht.

      Sie: Aber nicht mit deiner Rente und deinen Marotten.

       Da musst du schon etwas mehr zu bieten haben.

       Außerdem habe ich gestern gelesen, dass „reife Frauen bei jüngeren Männern große Chancen haben“.

      Er: Was willst denn du mit einem Jungen anfangen?

      Sie: Das Gleiche wie du. Der würde mir vielleicht auch

       einmal Blumen mitbringen und ich müsste mir nicht dauernd anhören, dass ich mir die selbst im Garten

       holen kann. So einem ist die äußere Schönheit

       nicht so wichtig.

      Er: Irgendwann wacht er auf und sieht eine alte Schachtel neben sich im Bett.

      Sie: Jede Frau ist schön, man muss nur richtig hinschauen.

      Er: Da musst du dir aber einen suchen, der auf beiden

       Augen blind ist.

      Sie:Jetzt reicht es wieder, leg endlich die Zeitung weg.

      Er:Ich habe gedacht, wenn ich Rentner bin, kann ich morgens ganz in Ruhe meine Zeitung lesen. Aber das Gegenteil ist der Fall. Seit ich daheim bin, fängt es gleich nach dem Frühstück an: „Du könntest den

       Mülleimer leeren, könntest den Hof kehren,

       könntest Einkäufe machen. Der Keller müsste auch mal wieder aufgeräumt werden, das Auto in die Inspektion gebracht, das Schlafzimmer frisch gestrichen und die Schrauben am Küchentisch angezogen werden.“ Ich frage mich, wer das früher alles gemacht hat.

      Sie: Wahrscheinlich hatte ich einen Liebhaber, der das

       alles aus Dankbarkeit erledigt hat.

      Er:Ich glaube eher, du machst ab und zu heimlich

       etwas kaputt, damit es mir nicht langweilig wird.

      Sie: Genauso wird es sein.

      Er: Kann ich jetzt weiterlesen?

      Sie: Nein, das kommt nicht in Frage. Wenn ich jetzt

       ins Bad gehe, verkrümelst du dich und ich sehe dich erst wieder zum Mittagessen.

      Er:A propos Bad, ich weiß auch nicht, was du da immer

       so lange zu tun hast. Von den vielen Salben wirst

       du auch nicht schöner.

      Sie: Womit wir wieder mal beim Thema wären. Wenn

       ich dir nicht mehr gefalle, such dir halt eine andere.

      Er:Jetzt reg dich wieder ab, ich weiß doch, dass ich so

       eine wie dich nicht mehr finde. Wer kann heute noch Schnorrgickel, Grießknöpf’ und Dampfnudel kochen? Und dein Hefezopf, der ist einmalig.

      Sie: Klar, bei den alten Männern muss man sich damit abfinden, dass die Liebe nur noch durch den Magen geht. Aber könnten wir jetzt mal vom Wochenende reden?

      Er: Warum, ist da etwas Besonderes?

      Sie: Du hast schon wieder alles vergessen. Tanja kommt doch mit den Kindern.

      Er: Und unser Schwiegersohn hat mal wieder keine Zeit?

      Sie:Habe ich das gesagt?

      Er:Drück dich halt präzise aus. Immer muss ich mir die Hälfte von dem, was du sagen willst, selbst ausdenken.

      Sie:Mein Gott, muss ich so blöde Diskussionen mein

       restliches Leben aushalten?

      Er: Nein, da bin ich mir ganz sicher. Hier steht in der

       Zeitung, „die Lebenserwartung der Frauen liegt sechs Jahre höher als die der Männer.“ Und das ist bloß der Durchschnitt, das heißt, wenn die Frau so plagt wie du, geht’s noch schneller. Also, richt’ dich darauf ein, bald bist du mich los. – Gerade hat’s geläutet.

      Sie: Na und, das wird eh für dich sein.

      Er: Deswegen kannst du trotzdem die Türe aufmachen.

      Sie:Warum immer ich? Hast du schon bemerkt, dass wir im

       Zeitalter der Gleichberechtigung leben?

      Er:Aber du sitzt doch viel näher dran. Jetzt geh schon,

       es hat schon wieder geläutet.

      Sie:Ich sehe nicht ein, dass immer ich die Dumme bin.

      Er: Du wolltest doch da sitzen damit du nicht so weit zum Herd hast.

      Sie: Ab

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