Das purpurne Tuch. Wolfgang Wiesmann

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das purpurne Tuch - Wolfgang Wiesmann страница 3

Das purpurne Tuch - Wolfgang Wiesmann Kommissarin Fey Amber

Скачать книгу

schwängern. Dein Kind bekommt Assuman durch den Leib einer anderen Frau. Du huldigst den Göttern, wenn sie sehen, dass du gut vorbereitet bist. Nichts schätzen sie so sehr, als dass man an sie denkt. Dein Opfertod bedeutet ihnen nichts. Sie werden sich über dich hermachen und dich mit Kindern überschütten, Kinder, die ganz Rom verändern werden.“

      Kafurs Worte munterten sie auf. Sie würde bei den Göttern wohnen und ihre Kinder würden ihr irdisches Leben vollenden. Sie stülpte das Gewand über die Knie und steckte die Figur in ihre Gürteltasche.

      „Du glaubst, dass mich die Götter schwängern? Und ich werde viele Kinder haben?“

      „Assuman hat dich auserwählt. Was glaubst du, warum? Er hat es mit vielen Frauen getrieben, aber keine wurde schwanger. Er trägt die Bürde der Vererbung. Seine Sippe stirbt aus, Rom regiert. Mit Assuman würden die Phönizier ihren letzten Stammesfürsten und Erben des großen Hannibal verlieren. Er muss nach einer anderen Lösung suchen. Du bist jung, schön und hast Mut bewiesen. Du bist anders. Jetzt erbittet er göttlichen Beistand, schickt dich zu ihnen, damit sie ihn mit Nachkommen belohnen.“

      „Aber warum fahren wir nach Stonehenge?“

      „Die Götter der Karthager haben versagt. Assuman hat sich von ihnen abgewandt. Er hat in Griechenland studiert, soviel ich weiß. Pytheas von Massilia sprach vor bereits 300 Jahren über die Insel Albion. Himilkon, ein berühmter Seefahrer aus Karthago, hat es angeblich lange vor uns dorthin geschafft. Im Landesinnern befindet sich ein Zirkel aus Felsen. Es heißt, dass mächtige Götter diesen Zirkel als Tor in unsere Welt benutzen. Wir fahren mit dem Schiff über einen Fluss bis hinauf nach Stonehenge. Dort soll es passieren.“

      „Wirst du es sein?“

      „Mein Schwert wird dich töten.“

      Carruso nahm die hölzerne Figur aus ihrer Tasche, umschloss sie mit beiden Händen und presste sie so fest, dass es schmerzte. Dann hielt sie die Figur hoch und schaute Kafur an.

      „Ich werde tun, wie du mir geheißen hast. Niemand anderen als dich wünsche ich mir als letzten Begleiter für den Abschied.“

      Kafur richtete sich auf, blickte kontrollierend in alle Richtungen und setzte sich wieder.

      „Wir nähern uns dem Land. Der Nebel wird dichter. Der Boden auf dem Festland ist kalt und nass. Das nährt den Nebel. Die Nacht werden wir ruhig segeln.“

      Carruso befühlte ihre Oberschenkel und legte die Figur dazwischen. Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Kam die Wärme, die sich in ihrem Körper ausbreitete, von ihm, dem kühnsten Mann an Bord, der mit seiner Fellmaske nicht unbedingt heldenhaft aussah? Sie folgte ihrem Gefühl, nahm seine breite raue Pranke und schob sie behutsam unter ihr Gewand. Nichts sonst in seinem Gesicht regte sich, als sie seine Hand an ihre Brüste legte, aber seine Augen sprachen Feuer.

      II Das Gesuch

      Sie segelten geräuschlos durch dichten Nebel, am Kiel ein Späher, um das Schlimmste zu verhindern. Es war nicht ausgeschlossen, einen Felsen zu rammen oder an steilen Klippen zu zerschellen. Sie kreuzten in unbekannten Gewässern. Es herrschte wachsames Abwarten. Alle an Bord waren sensibilisiert, denn in der windstillen Nacht war das Schiff plötzlich von unerwartet hohen Wellen erfasst worden. Doch bevor die Wellen an den Rumpf des Schiffes geprallt waren und es seitwärts schaukelten, ertönten monströse Laute, die nur von Seeungeheuern stammen konnten. Kafur hatte die Besatzung und die Reisenden beruhigt, bestätigte allerdings die Befürchtung, dass es Seeungeheuer waren. Gigantische Fische, die Wasserfontänen spuckten und keine Scheu kannten. Im Morgengrauen wagten dann einige über Bord aufs Wasser zu schauen, aber der Nebel vereitelte die Suche nach Ungeheuern.

      Kafur hatte sich nach dem nächtlichen Schrecken wieder neben Carruso gesetzt. Sie hatte ihn gefragt, ob er sich nicht vor Assuman fürchte, denn er wisse ja, dass sie als Jungfrau zu den Göttern gehen müsse und sein Schicksal auch davon abhänge, wie gut er seinen Auftrag erfüllte. Kafur hatte nur gelächelt und seine Hand wieder unter ihr Gewand geschoben.

      Als es hell wurde, legte sich der Nebel und ein Schwarm Stare kündete Land an. Wind kam auf und straffte die Segel. Kafur ging zum Steuermann und gab ihm Instruktionen. Sie suchten Land, flache Ufer und eine Flussmündung. Assuman sprach mit Kandahar, dem Kommandanten seiner Soldaten.

      „Du hast gehört, was Kafur gesagt hat. Albion ist nicht mehr fern. Wir gehen bald an Land. Bisher gab es keine Möglichkeit zur Flucht, doch Kafur und Carruso haben sich angefreundet und könnten versuchen, sich der Mission zu entziehen. Ich kann Kafur nicht gefangen nehmen, muss ihm offiziell vertrauen, sonst bringt der Kelte es fertig, unser Vorhaben im Alleingang zu durchkreuzen. Ich brauche ihn lebend und gefügig, bis er seinen Dienst erfüllt hat. Über sein weiteres Schicksal werde ich zu gegebener Zeit mit dir reden.“

      „Mein Herr, du wirst mir zustimmen, dass manche der von dir auserwählten Männer alt und unerfahren im Umgang mit der Waffe sind.“

      „Meine Begleiter sind Freunde, die sich dem Erbe Hannibals verpflichtet fühlen. Kafur kennt sie nicht, aber sie wissen über ihn Bescheid. Das macht sie stark und er zollt ihnen Respekt, jedenfalls bis jetzt.“

      „Unterschätz das Mädchen nicht. Sie wird ihn bezirzen.“

      „Ich wache Tag und Nacht über sie. Überlass das mir.“

      Der Mann am Kiel drehte sich zu den Reisenden um und rief: „Land in Sicht!“

      Kafur riss die Fellmaske vom Kopf, ging ans Heck und übernahm das Ruder. Carruso sah ihm voller Stolz nach und freute sich, einen Freund zu haben, der einen Kopf größer war als alle anderen.

      Einen Augenblick verharrte die Freude in ihr, verwandelte sich dann aber nicht in Trübsal über die bevorstehende Trennung, sondern in Mut. Sie entfernte die hölzerne Fruchtbarkeitsgöttin zwischen ihren Schenkeln und steckte sie in ihren Umhang. Dann stand sie auf und sah an sich herab. Die beiden Kaninchenfelle waren von ihren Waden hinuntergerutscht und stülpten sich über ihre Schuhe. Assuman beobachtete ihren schlurfenden Gang. Als sie vor ihm stand, band sie die Felle fest und zupfte ihr Gewand in Position.

      „Wirst du mir einen letzten Wunsch gewähren?“, fragte sie ergeben.

      „Gerne. Doch dazu müsste ich ihn kennen.“

      „Schenke ihm sein Leben.“

      Assuman reagierte nicht. Lag darin bereits die Antwort? Sie sah ihn an, als wollte sie nur eine Bestätigung, dass ihre Frage einen wahren Kern getroffen hatte.

      „Du sprichst von Kafur? Warum sollte ich nach seinem Leben trachten? Wir befinden uns auf einer Reise, die das Leben zu neuer Kraft erweckt. Du bist unsere Botin an die Götter, die deinem Charme und deiner Tugend nicht widerstehen werden.“

      Carruso drehte sich zum Heck des Schiffes und blickte auf Kafur, dann wieder in Assumans angespanntes Gesicht.

      „Dein Ziel ist Stonehenge. Dort rufst du andere Götter als die deinen an und hoffst, dass Kafur mich nach meinem Tod zu ihnen geleitet. Du unterwirfst dich den Göttern als Fremder und bist klug genug, ihnen treffliche Geschenke zu machen. Du opferst einen Kelten, damit du als der Überlegene dastehst. Gleichzeitig huldigst du den Göttern, indem du mir einen Begleiter zur Seite stellst, der mich auch im Tode sicher zu ihnen führt, hat er doch uns alle bis nach Stonehenge gebracht. So zeigst du, wie sehr du an die Mission und die Götter glaubst. Aber deine Rechnung geht nicht auf. Die Götter wollen, dass Kafur lebt. Er ist ein

Скачать книгу