Das purpurne Tuch. Wolfgang Wiesmann

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Das purpurne Tuch - Wolfgang Wiesmann Kommissarin Fey Amber

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den Spieß umzudrehen.

      „So wird er auch sein Herz in Einklang bringen müssen mit der Tat, die dir, Assuman, Kinder schenken wird, Kinder, die selbst Rom ins Staunen versetzen werden.“

      Carruso schöpfte Kraft aus der Vision des Mutterglücks, das Kafur ihr versprochen hatte. Durch ihren Tod sollte eine andere Frau Kinder gebären, und diese Kinder sollten Kafurs Verheißung zufolge Rom und damit die Welt beeindrucken. Assuman stand erhabenen Hauptes vor ihr. Sie wollte sehen, ob in seinem Gesicht ein Zweifel an der Mission herauszulesen war. Absichtlich hatte sie Bedenken an Kafurs bedingungsloser Loyalität ins Spiel gebracht, indem sie angedeutet hatte, dass er auch sein Herz auf die Opferung einzustimmen habe.

      Assuman lächelte selbstzufrieden.

      „Du hast weise gesprochen. Kinder, vor denen Rom Respekt hat, können nur Kinder Hannibals sein, denn er war der einzige Feldherr, der es geschafft hat, Rom in Angst und Schrecken zu versetzen.“

      Assuman umarmte Carruso.

      „Ich habe eine so gescheite Frau erwählt. Das werden die Götter mir lohnen. Gewiss ist ihnen deine Ankunft bereits bekannt. So gehe nun und kehre zurück im Liebreiz deiner Schönheit.“

      Carruso nahm ihre Kleider, ließ sich einen Eimer mit Wasser bringen und zog sich hinter nahegelegene Sträucher zurück. Dort wusch sie sich am ganzen Körper und bekleidete sich mit erlesenen Gewändern, legte den Schmuck an und trug rosenrotes Puder auf ihre Wangen auf. Ihr Haar formte sie zu Locken und ihre Hände rieb sie mit Kokosnussöl ein. Zuletzt bestrich sie ihre Lippen mit purpurnem Balsam. Als sie fertig war und sich im Spiegel des verbleibenden Wassers ansah, flossen Tränen, die ihr Spiegelbild verzerrten. Sie sah auf, wischte sich die Wangen trocken und kaschierte die Stellen mit einer neuen Lage Puder. Ein tiefer Schrecken durchfuhr sie, als sie plötzlich sah, dass Kafur, der nicht weit von ihr hinter einem Baum stand, sie anscheinend die ganze Zeit beobachtet hatte. Sofort schoss ihr das Blut in die Wangen und ihr Herz überschlug sich vor Scham und Wonne. Unweigerlich wandte sie sich ab, damit er ihre Rührung nicht lesen konnte, aber als sie sich wieder zu ihm drehte, war er es, der sich entfernte und ihrem Blick entschwand. In diesem Moment brach es ihr das Herz, denn sie hatte noch erkennen können, dass das Leuchtende in seinen Augen erlosch und dunkle Schatten sich über ihn neigten. So würde nun doch der Tod mit ihm kommen und die Mission sollte sich erfüllen. Sie sah hin zur fernen Sonne. Eine kurze Weile noch und Assumans Männer würden sie holen.

      V Siobhan

      Assuman hat alles gut vorbereitet. Das war ihr erster Gedanke, als sie den Ort ihrer Tötung betrat. Ein Orientteppich lag ausgerollt in der Mitte des steinernen Zirkels auf einem verzierten Podest. Vier Vasen mit brennenden Fackeln darin standen an den Ecken. Zwischen den senkrechten Felskolossen hatte Assuman Wachen postiert. Ihre Blicke waren starr und unantastbar auf das Zentrum gerichtet. Assumans Begleiter, Verwandte und Freunde seiner Sippe, Kandahar, der ranghöchste Kommandant, und alle Soldaten trugen ihre volle Ausrüstung mit Helmen und Schwertern. Assuman hatte bestickte Tücher und Decken der Reihe nach auf den Boden legen lassen, vom Eingang bis zur Mitte, sodass sie einen Weg aus edlen Stoffen bildeten. Carruso sollte rein und makellos vor die Götter treten. Sie und Assuman, der nun ihre Hand nahm, standen unter einem gewaltigen Fels, der links und rechts von zwei säulenförmigen Trägern gehalten wurde. Eine Harfe erklang, dann hörte Carruso Kafurs heisere Stimme. Ihr Blick schweifte umher, aber er war nicht zu sehen. Wieder schlug ihr Herz, wie sie es nicht kannte, aber diesmal lag Trauer in seiner Stimme und die legte sich auch auf ihr Herz, dass es ihr schwer wurde.

      Assuman ließ ihre Hand los und deutete auf die ledernen Schuhe, die vor ihr standen.

      „Diese Schuhe wurden für dich und diesen Tag vom besten Meister in Karthago gemacht. Zieh sie an.“

      Carruso tat, wie ihr befohlen. Dann legte Assuman noch ein purpurnes Tuch über ihre Schulter und reichte ihr die Zipfel nach vorne, sodass nun jeder sehen konnte, dass dort eine anmutig schöne Frau neben Assuman unter dem Torbogen stand. Kafurs Stimme verstummte. Er trat hinter einem Felsen hervor und verneigte sich vor allen. Assuman bat ihn mit einer Handbewegung zu sich. Kafur trug sein Schwert, sein Gewand wurde von einer großen Schnalle aus verzierter Bronze gehalten. Sein Haar hatte er gewaschen und nach hinten gebunden. Als er vor ihnen stand, sah sie in seinen Augen das gleiche Feuer wie in jener Nacht, als er ihr die Kaninchenfelle geschenkt hatte. Diese Augen verrieten ihr seinen Glauben an alles, was zwischen ihnen war. Sie erinnerten sie auch an das Versprechen eines schmerzlosen Todes, und dass sie dafür seinen Anordnungen zu folgen hatte. Kafur kniete sich vor sie und küsste ihr Gewand. Dann stand er auf und Assuman nickte ihm zu. Kafur führte Carruso ein paar Schritte aus dem Torbogen heraus, drehte sie mit dem Gesicht zur Sonne und sprach:

      „Vollkommen sollst du sein, wenn sie dich aufnehmen in ihr Reich. Deiuos, deiuos. Ihr Name ist Siobhan. Ihr keltischen Götter und vor allem ihr, Matres, Matres, Siobhan kommt zu euch, um Fruchtbarkeit für Assuman, ihren Herrn, zu erbitten. Siobhan, verneige dich vor der Sonne.“

      Sie tat, wie ihr geheißen. Kafur hatte einen keltischen Mädchennamen für sie ausgesucht. „Siobhan“, sagte sie leise und schloss die Augen vor der Sonne. Wenn er sie nun zum Zentrum geleiten würde, wären das ihre letzten Schritte in diesem Leben. Doch es war Assuman, der sie berührte, und als sie die Augen öffnete, stand Kafur bereits in der Mitte. Assuman rief einen Begleiter herbei, der zwei Kästchen auf einem Tablett vor sie abstellte. Assuman öffnete die Kästchen und entnahm dem ersten einen Ring aus Elfenbein.

      „Nimm diesen Ring, den Hannibal trug, als er die Alpen gen Rom überquerte.“ Ein anderer Begleiter kam herbei und band ein dünnes Flachsband, getränkt mit Pinienharz, um ihren zierlichen Ringfinger. Das Band klebte fest. Dann streifte Assuman den Ring über ihren Finger, sodass auch er fest haftete. In dem zweiten Kästchen lag ein ledernes Säckchen. Assuman nahm es und reichte es ihr.

      „Darin befindet sich ein wertvolles Geschenk für die Götter. Nimm es mit auf deinem Weg zu ihnen.“

      Siobhan wog das Säckchen in ihrer Hand. Es fühlte sich weich an, vielleicht ein Gewürz, Salz oder edle Kräuter. Einen Augenblick war sie fasziniert davon, Geschenke zu bekommen. Aber nun sah sie Kafur, der seine rechte Hand neben sein Schwert hielt und erhobenen Hauptes auf sie blickte. Sie steckte das Säckchen in ihr Gewand, wo es neben der geschnitzten Figur zu liegen kam. Assuman geleitete sie zu Kafur. Eine Enthauptung kam nicht infrage. Ein Stich ins Herz. Das war mit Assuman abgesprochen. Siobhan küsste den Ring Hannibals und stellte sich in die Mitte des Teppichs. Kafur trat zu ihr, nahm sie bei der Schulter und drehte sie so, dass ihr Gesicht zur Sonne wies. Er wartete, dass Assuman sich wieder zu seinen Begleitern zurückzog, was er aber nicht tat. Zu verlockend war es, den Göttern so nah zu kommen, schließlich sollten sie sehen, wer das Opfer brachte und wer den Lohn verdiente. Kafur begann zu singen und sprach dabei: „Matronae Aufaniae, Badb tuath, Goll mac Duilb, Dian Cecht, Morrigan und Andraste, ich rufe euch.“ Mehrfach wiederholte er die Namen und jedes Mal klangen sie bedrohlicher. Alles deutete darauf hin, dass es nun zum Höhepunkt kommen sollte. Kafur stimmte erneut an, aber nun rief er nur einen Namen: „Scáthach, Scáthach, Scáthach ...“ Er wurde lauter und lauter. Der Name dröhnte wie Trommelschläge. Siobhan erzitterte. Kafur griff zum Schwert. Siobhan riss die Augen weit auf und hielt den Atem an. Da schlug er Assuman den Kopf ab und schrie sie an: „Lauf zur Sonne! Lauf! Lauf!“ Dann stürmte auch er in die gleiche Richtung und erschlug jeden, der sich ihnen in den Weg stellte. Siobhan war leichtfüßig, während die Soldaten ihre volle Montur und Schwerter trugen. Sie sah sich um, als sie durch den Torbogen floh. Kafur wurde von zwei Soldaten attackiert. Er ging zu Boden. Sie schlugen auf ihn ein, bis ihm das Schwert aus der Hand fiel und sie ihn wehrlos erstachen. Siobhan rannte. Ihre Gazellenbeine trugen sie schnell außer Sichtweite. „Kafur, Kafur, Kafur ...!“ rief sie, weinte und hörte nicht auf zu rennen. Als sie die Trauer um ihn in die Knie zwang, gab sie auf, aber Assumans Tod hatte

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