Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker
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„Nein, das ist wahr – aber leicht zu erklären.“
„So?“
„Dieser Zauber hat schon deinen Großvater vor der Rache des Frostherrschers bewahrt, sodass er als alter Mann friedlich die Augen schließen konnte, obwohl er sich in all den Kämpfen, an denen er teilnahm, ganz sicher den Zorn Morygors und der Frostgötter zugezogen hatte. Aber es gibt einen Weg für Morygors Mordgeschöpfe, den Schutzschirm, der durch die Steine erzeugt wird, zu durchdringen.“
„Und welchen?“
„Wenn es eine starke Verbindung zwischen dem Angreifer und diesem Ort gibt.“
Gorian runzelte die Stirn. „Was für eine Art von Verbindung könnte das sein?“
„Ein Gefühl, ein geistiges oder ein verwandtschaftliches Band – es ist gleichgültig, welcher Art diese Verbindung ist, sie muss nur stark genug sein. Es kann unter Umständen auch genügen, einen Gegenstand in seinem Besitz zu haben, der hierher gehört oder der für jemanden, der hier lebt, eine besondere Bedeutung hat.“
„Die Verbindung der Schattenreiter liegt auf der Hand“, meinte Gorian.
„Ja, ich teilte mit ihnen das Wissen und die Erfahrungen als Schwertmeister des Ordens. Und manch einer von ihnen mag deinen Großvater sogar persönlich gekannt und mit ihm zusammen Seite an Seite gekämpft haben.“
„Und der Gargoyle ...“
„Wurde von mir beim Schmieden der Schwerter erschaffen. Seine Bindung zu diesem Ort ist sogar weitaus stärker als die der Schattenreiter, weswegen auch die Aufgabe, dich umzubringen, Ar-Don zufiel. Dessen Kräfte waren hier zweifellos stärker. Und sind es vielleicht noch?“ Fragend sah er seinen Sohn an.
Gorian begegnete dem Blick seines Vaters, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, Ar-Don schweigt.“
„Das ist gut.“
„Er kann mir nicht mehr gefährlich werden.“
„Sei dir dessen nicht so sicher, mein Sohn.“
„Hast du ihn auf unserem Land vergraben?“, fragte Gorian.
Nhorichs Züge wirkten auf einmal sehr nachdenklich, und eine Spur von Misstrauen war darin zu erkennen. Hatte der Gargoyle seinen Sohn dazu gebracht, diese Frage zu stellen? Damit ihn dieser aus seinem Grab und von dem Bann, den Nhorich über ihn gelegt hatte, befreite?
„Es ist manchmal besser, gewisse Dinge nicht zu wissen“, antwortete Nhorich schließlich.
Gorian deutete auf den schädelförmigen Stein. „Du hast mir bisher auch nie etwas von diesen Steinen und ihrem Schutzzauber erzählt ...“
„Je mehr von einem Zauber wissen, desto angreifbarer ist er. Es war zu deiner Sicherheit und zur Sicherheit aller, die hier leben. Allerdings ...“ Nhorich zögerte, ehe er weitersprach. „Irgendwann wirst du diesen Zauber jährlich erneuern müssen, wenn dieses Land zumindest für die nächsten Jahre ein einigermaßen geschützter Ort bleiben soll. Solange, wie die Umstände und die stetige Expansion des Frostreichs es zulassen.“
Im nächsten Augenblick wurden sie auf eine Prozession aufmerksam, die in ihrer Nähe am Strand entlangzog. Angeführt wurde sie von einem Prediger in Lumpen, der in der ganzen Gegend von sich reden machte. Man nannte ihn nur den Waldprediger, denn er hatte jahrzehntelang in einer Hütte in den Wäldern am Oberlauf des Flusses Seg gelebt, ehe er an die Thisilische Bucht gekommen und begonnen hatte, seine Lehre zu verkünden, nach der der Schattenbringer nur eine Prüfung Gottes für die Gläubigen war und kein magisches Werkzeug des Herrn des Frostreichs. Nach Überzeugung des Waldpredigers hatten die Gläubigen diese Prüfung bestanden, und deshalb hätte der Schattenbringer inzwischen auch wieder einen etwas größeren Teil der Sonnenscheibe freigegeben. Das verhältnismäßig warme Wetter und ein, verglichen mit seinen Vorgängern, gemäßigter Winter schienen ihm recht zu geben.
Nhorich und Gorian schauten sich die Prozession an, die in diesem Jahr schon zum zweiten Mal die gesamte Küste an der Bucht von Thisilien zwischen Twixlum und der Seg-Mündung entlangführte. Die Dankesgebete für die angebliche Gnade des Verborgenen Gottes schallten zu ihnen herüber. Dank dafür, dass die große Gefahr vorüber wäre, unter deren Schrecken ganz Ost-Erdenrund über Generationen hinweg gelitten hatte.
Bisher tolerierte die Priesterschaft den Waldprediger. Vielleicht deshalb, weil der Anklang, den dieser in der Bevölkerung fand, über die Maßen groß war.
„Lass dich von seinen Reden nicht beirren, Gorian“, mahnte Nhorich. „Ich selbst würde nichts lieber glauben als seinen Worten. Aber ich fürchte, das genaue Gegenteil von dem, was er sagt, entspricht der Wahrheit.“
Kapitel 5: Schlächter
Es war in Gorians sechzehntem Jahr, als sich die Stimme Ar-Dons seit langer Zeit wieder in seinen Gedanken meldete. Vielleicht hing es mit dem heftigen Streit zusammen, den Gorian sich mit seinem Vater geliefert hatte. Es war eine von mehreren Auseinandersetzungen, die allesamt mit seinem nahenden sechzehnten Geburtstag zusammenhingen – dem Tag, von dem an er dem Orden der Alten Kraft beitreten konnte.
Nhorich versuchte seinem Sohn klarzumachen, dass er schon mehr gelernt habe als so mancher, der kurz davor stand, sich der ersten Prüfung eines Schwertmeisters zu unterziehen, und dass er diese Ausbildung gar nicht mehr bräuchte. Gorian aber wandte ein, dass es doch sicherlich besser sei, alles zu erfahren, was es über die