Buddenbrooks. Thomas Mann

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Buddenbrooks - Thomas Mann

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mich nach Ihrer Lektüre zu erkundigen, Mademoiselle Antonie?« fragte er lächelnd.

      Tony zog aus irgendeinem Grunde plötzlich die Brauen zusammen und antwortete ohne Herrn Grünlich anzublicken:

      »Hoffmanns Serapionsbrüder.«

      »In der Tat! Dieser Schriftsteller hat Hervorragendes geleistet«, bemerkte er. »Aber um Vergebung … ich vergaß den Namen Ihres zweiten Herrn Sohnes, Frau Konsulin.«

      »Christian.«

      »Ein schöner Name! Ich liebe, wenn ich das aussprechen darf« – und Herr Grünlich wandte sich wieder an den Hausherrn – »die Namen, welche schon an und für sich erkennen lassen, daß ihr Träger ein Christ ist. In Ihrer Familie ist, wie ich weiß, der Name Johann erblich … wer dächte dabei nicht an den Lieblingsjünger des Herrn. Ich zum Beispiel, wenn ich mir diese Bemerkung gestatten darf«, fuhr er mit Beredsamkeit fort, »heiße wie die meisten meiner Vorfahren Bendix, – ein Name, der ja nur als eine mundartliche Zusammenziehung von Benedikt zu betrachten ist. Und Sie lesen, Herr Buddenbrook? Ah, Cicero! Eine schwierige Lektüre, die Werke dieses großen römischen Redners. Quousque tandem, Catilina … hä-ä-hm, ja, ich habe mein Latein gleichfalls noch nicht völlig vergessen!«

      Der Konsul sagte:

      »Ich habe, im Gegensatze zu meinem seligen Vater, immer meine Einwände gehabt gegen diese fortwährende Beschäftigung der jungen Köpfe mit dem Griechischen und Lateinischen. Es gibt so viele ernste und wichtige Dinge, die zur Vorbereitung auf das praktische Leben nötig sind …«

      »Sie sprechen meine Meinung aus, Herr Konsul«, beeilte sich Herr Grünlich zu antworten, »bevor ich ihr Worte verleihen konnte! Eine schwierige und, wie ich hinzuzufügen vergaß, nicht unanfechtbare Lektüre. Von allem abgesehen, erinnere ich mich einiger direkt anstößiger Stellen in diesen Reden …«

      Als eine Pause entstand, dachte Tony: Jetzt komme ich an die Reihe. Denn Herrn Grünlichs Blicke ruhten auf ihr. Und richtig, sie kam an die Reihe. Herr Grünlich nämlich schnellte plötzlich ein wenig auf seinem Sitze empor, machte eine kurze, krampfhafte und dennoch elegante Handbewegung nach der Seite der Konsulin und flüsterte heftig:

      »Ich bitte Sie, Frau Konsulin, beachten Sie? – Ich beschwöre Sie, mein Fräulein«, unterbrach er sich laut, als ob Tony nur dies verstehen sollte, »bleiben Sie noch einen Moment in dieser Stellung …! – Beachten Sie«, fuhr er wieder flüsternd fort, »wie die Sonne in dem Haare Ihres Fräulein Tochter spielt? – Ich habe niemals schöneres Haar gesehen!« sprach er plötzlich ernst vor Entzücken in die Luft hinein, als ob er zu Gott oder seinem Herzen redete.

      Die Konsulin lächelte wohlgefällig, der Konsul sagte: »Setzen Sie der Dirn keine Schwachheiten in den Kopf!« und Tony zog wiederum stumm die Brauen zusammen. Einige Minuten darauf erhob sich Herr Grünlich.

      »Aber ich inkommodiere nicht länger, nein, bei Gott, Frau Konsulin, ich inkommodiere nicht länger! Ich kam in Geschäften … allein wer könnte widerstehen … Nun ruft die Tätigkeit! Wenn ich den Herrn Konsul ersuchen dürfte …«

      »Ich brauche Sie nicht zu versichern«, sagte die Konsulin, »wie sehr es mich freuen würde, wenn Sie während der Dauer Ihres Aufenthaltes am Orte in unserem Hause vorlieb nehmen möchten …«

      Herr Grünlich blieb einen Augenblick stumm vor Dankbarkeit. »Ich bin Ihnen von ganzer Seele verbunden, Frau Konsulin!« sagte er mit dem Ausdruck der Rührung. »Aber ich darf Ihre Liebenswürdigkeit nicht mißbrauchen. Ich bewohne ein paar Zimmer im Gasthause Stadt Hamburg …«

      »Ein paar Zimmer«, dachte die Konsulin, und dies war es auch, was sie nach Herrn Grünlichs Absicht denken sollte.

      »Jedenfalls«, beschloß sie, indem sie ihm noch einmal mit herzlicher Bewegung die Hand bot, »hoffe ich, daß wir uns nicht zum letzten Male gesehen haben.«

      Herr Grünlich küßte der Konsulin die Hand, wartete einen Augenblick, daß auch Antonie ihm die ihrige reiche, was aber nicht geschah, beschrieb einen Halbkreis mit dem Oberkörper, trat einen großen Schritt zurück, verbeugte sich nochmals, setzte dann mit einem Schwunge und indem er das Haupt zurückwarf, seinen grauen Hut auf und schritt mit dem Konsul davon …

      »Ein angenehmer Mann!« wiederholte der letztere, als er zu seiner Familie zurückkehrte und seinen Platz wieder einnahm.

      »Ich finde ihn albern«, erlaubte sich Tony zu bemerken und zwar mit Nachdruck.

      »Tony! Mein Gott! Was für ein Urteil!« rief die Konsulin ein wenig entrüstet. »Ein so christlicher junger Mann!«

      »Ein so wohlerzogener und weltläufiger Mann!« ergänzte der Konsul. »Du weißt nicht, was du sagst.« – Es geschah manchmal, daß die Eltern in dieser Weise aus Höflichkeit den Standpunkt wechselten; dann waren sie desto sicherer, einig zu sein.

      Christian zog seine große Nase in Falten und sagte:

      »Wie wichtig er immer spricht!… Man plaudert! Wir plauderten gar nicht. Und Klatschrosen putzen ungemein! Manchmal tut er, als ob er ganz laut zu sich selbst spräche. Ich störe – ich muß um Verzeihung bitten!… Ich habe niemals schöneres Haar gesehen!…« Und Christian ahmte Herrn Grünlich so vortrefflich nach, daß selbst der Konsul lachen mußte.

      »Ja, er macht sich allzu wichtig!« fing Tony wieder an. »Er sprach beständig von sich selbst! Sein Geschäft ist rege, er liebt die Natur, er bevorzugt die und die Namen, er heißt Bendix … Was geht uns das an, möchte ich wissen … Er sagt alles nur, um sich herauszustreichen!« rief sie plötzlich ganz wütend. »Er sagte dir, Mama, und dir, Papa, nur, was ihr gern hört, um sich bei euch einzuschmeicheln!«

      »Das ist kein Vorwurf, Tony!« sagte der Konsul streng. »Man befindet sich in fremder Gesellschaft, zeigt sich von seiner besten Seite, setzt seine Worte und sucht zu gefallen – das ist klar …«

      »Ich finde, er ist ein guter Mensch«, sagte Klothilde sanft und gedehnt, obgleich sie die einzige Person war, um die Herr Grünlich sich nicht im geringsten bekümmert hatte. Thomas enthielt sich des Urteils.

      »Genug«, beschloß der Konsul, »er ist ein christlicher, tüchtiger, tätiger und feingebildeter Mann, und du, Tony, ein großes Mädchen von 18 oder nächstens 19 Jahren, gegen das er sich so artig und galant betragen hat, du solltest deine Tadelsucht bezähmen. Wir alle sind schwache Menschen, und du bist, verzeih mir, wahrlich die letzte, die einen Stein aufheben dürfte … Tom, an die Arbeit!«

      Tony aber murmelte vor sich hin: »Ein goldgelber Backenbart!« und dabei zog sie die Brauen zusammen, wie sie es schon mehrere Male getan hatte.

       Inhaltsverzeichnis

      »Wie aufrichtig betrübt war ich, mein Fräulein, Sie zu verfehlen!« sprach Herr Grünlich einige Tage später, als Tony, die von einem Ausgang zurückkehrte, an der Ecke der Breiten- und Mengstraße mit ihm zusammentraf. »Ich erlaubte mir, Ihrer Frau Mama meine Aufwartung zu machen, und ich vermißte Sie schmerzlich … Wie entzückt aber bin ich, Sie nun doch noch zu treffen!«

      Fräulein Buddenbrook war stehengeblieben, da Herr Grünlich zu sprechen begann; aber ihre Augen, die sie halb geschlossen hatte und die plötzlich dunkel

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