Es war einmal ein kleines Mädchen .... Brooke Shields

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Es war einmal ein kleines Mädchen ... - Brooke Shields

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ging jeden Sonntag in die Kirche, egal, wo sie gerade war. Ich wurde katholisch erzogen und besuchte den Erstkommunionsunterricht, um zum ersten Mal die Kommunion empfangen zu dürfen, und wurde später auch noch gefirmt. Jeden Sonntag begleitete ich sie in diese kleine Kirche an der Ecke Seventy-First Street und Second Avenue.

      Dort sang ich zum ersten Mal auf einer Bühne und zwar am Konzert anlässlich des St. Patrick’s Days. Ich sang „When Irish Eyes Are Smiling“ und war so nervös. Ich drehte den Saum meines grünen Samtkleids zu so einem großen Knoten, dass die ganze Kirchengemeinde meine weißen Unterhosen sehen konnte. Ich gewann zwar einen Preis, aber ich werde nie ganz sicher sein, ob das für meinen Song oder diesen frühen Versuch eines Stripteases war.

      Mom und ich waren einmal zusammen in der Messe, wobei mir nicht bewusst war, dass sie verkatert war. Ich war immer noch ziemlich naiv in Bezug auf solche Dinge. Ihrer Trinkerei ging sie wohl hauptsächlich nach, wenn ich schon schlief. Mom döste während der Predigt ein und ich bekam das nicht einmal mit, bis zu dem Augenblick, als die Kirchengemeinde sich erhob. Wir standen alle auf, auch meine Mom, allerdings fing sie an, energisch zu klatschen. Sie muss gedacht haben, dass sie sich im Theater befand, und überspielte das Ganze dann, indem sie vorgab, sich Staub von ihrer Kleidung zu klopfen. Es war wie eine Szene aus einem Lucille-Ball-Sketch und wir sollten diese Anekdote noch jahrzehntelang erzählen. Damals schien so etwas einfach nur witzig zu sein.

      Aber irgendwann hörte ihre Trinkerei auf, lustig zu sein. Eines Tages, als ich die dritte Klasse der Grundschule besuchte, begleitete mich Mom auf meinem Weg zur Schule und wir unterhielten uns. Ich erinnere mich daran, gedacht zu haben, wie schön es wäre, wenn ich meine Mutter nur am Morgen kennen würde. Vielleicht war sie ja verkatert, aber ich bekam das nie mit. Ich merkte nur, dass sie vor der Schule nie betrunken war. Wenn ich aber um 15 Uhr zuhause war, fand ich sie in einem anderen Zustand vor. Es wurde unvermeidbar, dass sie einen glasigen Ausdruck in ihren Augen hatte, wenn sie mich abholte. Ich musste nur ihre trockenen Lippen sehen, um zu wissen, dass sie getrunken hatte.

      Eines Abends, kurz nachdem mir dieses Muster aufgefallen war, platzte es aus mir heraus, wie ich mich fühlte. Ich kann mich nicht mehr an ihre Reaktion erinnern. Aber auch nachdem ich wütend erklärt hatte, dass ich sie am liebsten nur am Morgen kennen würde, änderte sich ihr Verhalten nicht. Ich kann mir keine Abhängigkeit vorstellen, die so stark ist, dass eine Bemerkung wie diese von einem Kind mich ungerührt ließe.

      Wenn Mom aus irgendeinem Grund nicht zuhause war, wenn ich nach einem Besuch bei einer Freundin heimkam, wusste ich, wo ich sie finden konnte. Es gab da eine Bar an der Ecke Seventy-Third Street und First Avenue namens Finnegan’s Wake. Entweder war sie dort oder in der Third Avenue, in einem italienischen Restaurant namens Piccolo Mondo. Es war jedes Mal eine solch körperlich spürbare Erleichterung für mich, sie zu sehen, dass ich darüber hinwegsah, dass sie dabei war betrunken zu werden – wenn sie das nicht ohnehin schon war. Üblicherweise überredete ich sie entweder, mit mir mitzukommen, oder wir aßen noch etwas, bevor wir nachhause gingen, um ein bisschen fernzusehen. Mom war nicht gewalttätig und es wäre vielleicht einfacher für mich gewesen, mir ihre Krankheit einzugestehen, wenn ich jemals körperlich misshandelt worden wäre.

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      Jedoch wurde ich auf viel subtilere Art misshandelt, was einen länger nachwirkenden Effekt nach sich zog. Jedes Mal, wenn Mom trank, ließ sie mich im Stich. Ich war erst Jahre später in der Lage, das zu artikulieren – und auch dann erst nach viel Nachdenken und Therapie. Ich fühlte mich verlassen von ihr, wenn sie trank, aber solange mir körperlich nichts fehlte und sie auch wohlauf war, konnte ich vor mir rechtfertigen, dass alles in Ordnung wäre. Da ich nie wirklich wusste, was mich zuhause erwarten würde, entwickelte ich eine unterschwellige Unruhe. Ich blieb aber unrealistisch optimistisch, dass es eines Tag anders sein könnte. Mom würde ihr Versprechen halten und sich an diesem einen Geburtstag oder zu irgendeinem anderen Anlass nicht betrinken.

      Mehr und mehr begann ich, die Hintergründe der Trinkerei meiner Mutter auf einer tieferen Ebene zu begreifen. Ich erinnere mich daran, dass ich nicht wusste, wie ich mich darüber beklagen sollte. Ich fühlte mich immer gut versorgt und sehr geliebt. Auch war sie noch nicht so verbal ausfallend, wie das in den kommenden Jahren der Fall sein würde. Ich versuchte Wege zu finden, um ihr mitzuteilen, dass ihr Alkoholkonsum zu einem Problem werden würde. Es fing ganz unauffällig an: Ich schlug Mom etwa vor, dass sie doch zum Abendessen mit mir ein Ginger Ale trinken könnte. Oder ich sagte: „Hey, Mama, vielleicht trinkst du heute mal nichts und wir schauen zusammen einen Film.“ Sie versicherte mir, dass alles in bester Ordnung wäre, und tat dann einfach das, worauf sie Lust hatte. Manchmal war sie clever genug, um sich eine Zeitlang einzuschränken, um dann sobald ich mich scheinbar ein wenig beruhigt hatte, umso heftiger wieder loszulegen.

      Mom war nie jemand, der gerne den Weihnachtsbaum schmückte. An einem Weihnachtsabend kamen wir, nachdem wir die Messe und ein lokales Diner, in dem Alkohol ausgeschenkt wurde, besucht hatten, zurück in die Wohnung. Ich musste noch den Baum fertig dekorieren und während ich mich darauf konzentrierte, muss Mom wohl eingeschlafen sein. Als ich mich zu ihr umdrehte, um sie zu fragen, was sie vom geschmückten Baum hielt, bekam ich als Antwort nur ein Schnarchen. Sie hatte im Grunde auf der Couch das Bewusstsein verloren. In diesem Moment fiel mir sofort ein, wie ich ihr vor Augen führen könnte, dass sie ein Problem hatte. Ich beschloss, sie nicht aufzuwecken. Es bestand dabei ein Risiko, auf das ich mich einlassen musste. Es ging einfach darum, sie irgendwie so festzunageln, damit ich ihrer Trinkerei die Schuld für meine Unzufriedenheit geben konnte. In den Jahren zuvor hätte ich sie einfach aufgeweckt und so getan, als wäre einerseits der Typ mit dem Bart und dem roten Outfit eine reale Person und andererseits ihr Alkoholkonsum gar kein Problem.

      Wenn Mom von selbst aufwachen würde und irgendwie die Geschenke noch unter den Baum legen würde, wäre das der Beweis – so redete ich mir ein –, dass Santa Claus existierte sowie die Trinkerei meiner Mutter tatsächlich nicht so schlimm wäre. Falls sie allerdings durchschlafen würde und sich nicht aufraffen könnte, Santa zu spielen, könnte ich ihr vorwerfen, dass sie ohnmächtig geworden war und Weihnachten ruiniert hatte. In diesem Fall könnte ich sagen: „Siehst du, es gibt gar keinen Weihnachtsmann, und weil du betrunken warst, weiß ich das jetzt und bin am Boden zerstört. Ich hasse dich und deine Sauferei.“

      Dies war das Jahr, in dem mich die Realität einholte – und das gleich dreifach. Mom war betrunken, es gab keinen Santa Claus und Moms Trinkerei hatte Weihnachten kaputtgemacht – und auf gewisse Weise sogar alles andere auch.

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      Neben all der Nähe und den Turbulenzen, die ich mit meiner Mutter durchlebte, hatte ich immer noch etwas anderes, nämlich die Beziehung zu meinem Vater und seiner Familie. Ich verbrachte ziemlich viel Zeit bei ihm in den Hamptons, wo Pop-Pop, der ehemalige Tennis-Champ, im Meadow Club in Southampton so etwas wie eine Legende war. Mom und ich verbrachten die Sommer dort draußen, besuchten meinen Dad und ließen es uns im Strandclub, in dem mein Großvater Mitglied war, gutgehen. Wir hatten dort zwar kein eigenes Haus, aber Mom wollte, dass ich meinen Dad kannte und an seiner privilegierten Existenz, die ihm seine Herkunft ermöglichte, teilhaben konnte.

      Zuerst wohnten wir bei Freunden oder bei Verwandten meines Vaters, aber wir mieteten auch ein Zimmer über dem Laden Herrick Hardware in Southampton. Tagsüber war ich im Ferienlager und lernte im riesigen, rechteckigen, scheinbar Olympia-tauglichen Swimmingpool des Strandclubs zu schwimmen. Es gibt viele Fotos von mir und meinen kleinen Freundinnen, wie wir Hotdogs und Eis essen und dabei unsere kleinen Badehöschen von Lilly Pulitzer mit Blumenmotiven ohne die zugehörigen Oberteile tragen.

      Als ich noch ein Baby war, nahm mich Mom mit in den Meadow Club, wenn sie dazu eingeladen wurde, und als ich älter wurde, lieferte sie mich dort am Vormittag ab und verschiedene Mütter

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