Superhelden. Grant Morrison
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Batmans erster Auftritt auf dem Cover von Detective Comics, Nummer 27, im Mai 1939 war orthodoxer als jener von Superman. Ein kreisrunder Ballon versprach 64 Seiten Action und außerdem, dass ab dieser Ausgabe die unglaublichen und einzigartigen Abenteuer des Batman beginnen würden. Das Wort Abenteuer ließ auf einen Helden schließen und milderte den vampirischen Aspekt von Batmans Äußerem.
Dieses Bild, noch kruder als das Cover, das Shuster für Action Comics gefertigt hatte, zeigte zwei Männer auf einem Dach, wie sie eine großstädtische Landschaft überblicken, wobei sich vor ihren Augen ein unheimliches Spektakel entfaltete. Der eine Mann hielt eine zierliche, damenhaft wirkende Pistole, was ihn als einen zarten Vertreter der Gattung Gangster auswies. Batman schwang von rechts ins Bild, sein Seil verschwand am rechten oberen Bildrand im Nichts. Er war mit seinen weit ausgebreiteten Fledermausschwingen eine durch und durch dramatische Erscheinung. Batman hatte sich einen dritten Mann gegriffen, eines seiner Beine zappelte über den Straßen der Stadt, die sich weit unter ihnen befanden. Obwohl es Nacht sein sollte, erstrahlte der Himmel in einem ätzenden Gelb, möglicherweise um die extreme Reflexion der Lichter der Stadt gegen den bewölkten Nachthimmel anzudeuten. Der Effekt erinnerte an ein Gemälde von Magritte, in dem es gleichzeitig Tag und Nacht ist.
Alles in allem fehlte hier die kompositorische Durchschlagskraft des ersten Auftritts von Superman. Kane war offensichtlich einfach kein so guter Künstler wie Shuster, aber der unheimliche Charakter seines Helden kam klar zur Geltung. Die sechsseitige Einführungsgeschichte eröffnete mit derselben zackigen Silhouette, diesmal vor dem Hintergrund eines Vollmonds, der über einer Großstadt aufging. Was Bob Kane als Künstler fehlte, das machte er mit Atmosphäre und einem Stil wett, der irgendwie an europäisches expressionistisches Kino erinnerte. Dort wo Superman Regeln brach (und neue aufstellte) und seine Leser direkt mit einer neuen Form von Action konfrontierte, ging Batman auf Nummer sicher mit einem Text, der den Leser in alles einweihte, was er wissen musste: „THE BATMAN, EINE GEHEIMNISVOLLE UND ABENTEUERLUSTIGE GESTALT, DIE IN IHREM KAMPF GEGEN DIE ÜBEL UNSERER GESELLSCHAFT DIE GERECHTIGKEIT VERTRITT UND DIE VERBRECHER ZUR STRECKE BRINGT – IHRE IDENTITÄT IST UNBEKANNT!“
Da war das „The Batman“-Logo, und eine kleine rote Box verriet den Namen Bob Kanes. Keine Erwähnung Bill Fingers, obwohl er der Verfasser der folgenden Geschichte und hunderter weiterer der besten Batman-Geschichten bis ins Jahr 1964 hinein war.
Der Einstieg versetzte uns ins Zuhause von Commissioner Gordon, der gerade seinen prominenten Freund Bruce Wayne empfängt. Bruce Wayne ist ein gelangweilter junger Mann, der heroisch an seiner Pfeife zieht und fragt: „NUN, COMMMISSIONER, IRGENDETWAS INTERESSANTES PASSIERT IN LETZTER ZEIT?“ Der Polizeichef, ein Mann in mittleren Jahren, ebenfalls ein begeisterter Raucher, zündet sich eine Zigarre an, die einen Atompilz in Miniaturausgabe zwischen den beiden aufsteigen lässt. „NEIN …,“ antwortet der Commissioner nur zögerlich. Dann, als ob das wichtigste Element der vorliegenden Geschichte nichts als eine Fußnote wäre: „NUR DIESER KERL, DEN SIE BATMAN NENNEN, VERWIRRT MICH.“ Als Gordon zum Tatort eines brutalen Mordes in einer nahegelegenen Villa gerufen wird, schließt sich Wayne an, als ob nichts dabei wäre, wenn jemand todernste Polizeiuntersuchungen als Besichtigungstour interpretiert.
Batman tritt auf der dritten Seite in Erscheinung, auf einem vom Mond erhellten Hausdach. Seine Körperhaltung verrät sein Selbstvertrauen, seine Arme sind verschränkt, er wirkt unerschrocken, beinahe lakonisch. Die Gangster erkennen ihn, was dem Leser mitteilen soll, dass es sich hier nicht um den ersten nächtlichen Ausflug unseres Helden handelt. Genau wie bei Superman kommen wir erst hinzu, als die Geschichte sich bereits in Gang gesetzt hat. Fast ansatzlos bricht die Gewalt über diese Männer in einer rapiden Abfolge von actiongeladenen Panelen herein.
In seinem ersten Abenteuer vereitelte er einen bizarr-komplexen Plan eines chemischen Syndikats, gewürzt mit ein paar Morden und Geldgier. Es ist keine tolle Geschichte, und egal, wie oft ich sie lese, ich werde mir nach wie vor nicht ganz klar darüber, wovon sie tatsächlich handelt, doch der prägnante Auftritt unseres Helden macht sie für mich nichtsdestotrotz unvergesslich. Sie etablierte auch ein wichtiges Thema in frühen Batman-Geschichten: Von Anfang an spielten Chemikalien eine gewohnheitsmäßig wichtige Rolle. Im Laufe der Jahre sollte sich Batman mit zahllosen Antagonisten herumschlagen, die mit tödlichem Lachgas, Gedankenkontroll-Lippenstift, Angststaub und toxischen Sprays ausgerüstet waren. In der Tat hatte seine Karriere gerade erst begonnen, da musste er schon heldenhaft unzählige abartige chemische Verbindungen aus den Händen von geistesgestörten Schwarzmarkt-Alchimisten inhalieren. Superman hatte sich zwar gegen diverse telepathische Attacken zur Wehr zu setzen, doch Batman war regelmäßig auf psychoaktiven, bewusstseinserweiternden Substanzen. Batman wusste mit einem Trip umzugehen, ohne sich dabei in die Hose zu machen, was seiner Outlaw-Sexiness eine weitere Dimension und eine verlockende Aura wohlhabender Dekadenz verlieh.
Im Januar 1939 traf er in Ausgabe 29 der Detective Comics auf einen weiteren mit Drogen hantierenden Bösewicht – „The Batman Meets Doctor Death“. Doctor Death war Karl Hellfern, ein wirklich missmutiger Alchimist mittleren Alters und offensichtlich ein hinterhältiger Bastard, worauf uns sein Monokel hinweisen sollte. Unfähig, auch nur das simpelste Haarwässerchen zu brauen, war er praktisch kahl, trug ein diabolisches Ziegenbärtchen und hatte spitz zulaufende Ohren. In diesem Abenteuer wurde Batman angeschossen, was zeigte, dass er im Gegensatz zu Superman ein Sterblicher war, so wie wir – nur eben um einiges zäher.
Das Ende der Story brachte ein weiteres Element, das die besten aller Batman-Geschichten beleben sollte. Gefangen in seinem Labor, wehrt sich Doctor Death, indem er den ganzen Laden in Brand steckt. Als er realisiert, was er getan hat, und sich selbst auch angezündet hat, verliert er komplett den Verstand. Er schreit: „HA! HA! OH-HA-HA-HA, DU, DU NARR!“ Worauf Batman ihm, nach kurzer Pause, in der er das flammende Inferno einer kurzen Musterung unterzieht, grimmig antwortet: „DU BIST DER ARME NARR! DOCTOR DEATH … DU BIST VERRÜCKT GEWORDEN!“
Die Einführung der geheimen Identität, einer fantastischen Idee, die gleich in der ersten Superman-Geschichte der Welt mitgeteilt wurde, sparte man sich als überraschende Wendung für diese mittlerweile dritte Batman-Story, was gut zum Aspekt des Mysteriösen des Batman-Comics passte. Die vorletzte Panele zeigt eine sich quietschend öffnende Tür, durch die Batman in vollem Kostüm entkommt. Da ist etwas absolut Seltsames an diesem traumgleichen Schluss, der Flucht aus dieser Kammer hinaus ins Halbdunkel. Es wirkt wie ein Wunder, dass Wayne, der kettenpaffende Pfeifen-Aficionado, sich rasend schnell verkleiden und durch die Hallen von Wayne Manor schnaufen konnte, ganz zu schweigen von seinem Springen und Gleiten über die Häuser von Gotham City. Aber der unverkennbare visuelle Stil von Batman war so fesselnd, so instinktiv, dass er wie Superman sofort sein Publikum fand.
Während die Superman-Comics – vom Aussehen des Protagonisten bis hin zur kinetischen Erzählweise – in allen Belangen nach Modernität strebten, so schwelgte Batman in einer trashigen Ästhetik, die sich an die Schundheftchen und die Groschenromane jener Zeit anlehnte. Crime, Wahnsinn und das Übernatürliche definierten Batmans Tätigkeitsfeld und erlaubten ihm, eine wahre Goldmine an donnerndem Sensationalismus anzuzapfen, die sich eineinhalb Jahrhunderte zurück bis zu den Gothic-Novels von Horace Walpole und Matthew Lewis zurückverfolgen ließ. In der Tat wirkte die unheimliche und atmosphärische Geschichte eines von Batmans frühesten übernatürlichen Widersachers,