Das Haus der Freude. Edith Wharton
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Читать онлайн книгу Das Haus der Freude - Edith Wharton страница 14
»Wann fährt Lady Cressida wieder?«, fragte Lily.
Mrs. Trenor blickte verzweifelt gen Himmel. »Ach du liebe Güte, wenn ich das nur wüsste! Ich war in solcher Eile, sie von Maria wegzulocken, dass ich doch wahrhaftig vergessen habe, ein Datum zu nennen, und Gus sagt, sie hätte jemandem erzählt, sie habe vor, den ganzen Winter zu bleiben.«
»Hier? In diesem Haus?«
»Sei nicht albern – in Amerika. Aber wenn sie sonst niemand einlädt – du weißt ja, sie gehen niemals in ein Hotel.«
»Vielleicht hat Gus das nur gesagt, um dir einen Schrecken einzujagen.«
»Nein – ich habe gehört, wie sie Bertha Dorset erzählte, dass sie sechs Monate überbrücken müsste, während der ihr Ehemann eine Kur im Engadin macht. Du hättest Berthas leeren Gesichtsausdruck sehen müssen! Aber es ist kein Witz, weißt du – wenn sie den ganzen Herbst über hierbleibt, wird sie alles verderben, und Maria Van Osburgh wird sich nicht mehr kennen vor Freude.«
Bei dieser ergreifenden Vorstellung zitterte Mrs. Trenors Stimme vor Selbstmitleid.
»O Judy, als wenn sich auf Bellomont jemals irgendwer gelangweilt hätte!«, protestierte Miss Bart taktvoll. »Du weißt genau, selbst wenn Mrs. Van Osburgh alle richtigen Leute zusammenbrächte und dir nur noch die falschen übrig ließe, dass du es wärest, die einen Erfolg zu verbuchen hätte, und nicht sie.«
Solch eine Beteuerung hätte Mrs. Trenors Gleichmut normalerweise wiederhergestellt, aber bei dieser Gelegenheit konnte sie die Falten von ihrer Stirn nicht vertreiben.
»Es ist ja nicht nur Lady Cressida«, jammerte sie. »In dieser Woche ist alles falsch gelaufen. Es ist nicht zu übersehen, dass Bertha wütend auf mich ist.«
»Wütend auf dich? Warum?«
»Weil ich gesagt habe, Lawrence Selden würde kommen, aber er wollte dann doch nicht, und sie ist natürlich so uneinsichtig und glaubt, ich wäre daran schuld.«
Miss Bart legte ihren Federhalter nieder und starrte geistesabwesend auf den Brief, den sie zu schreiben begonnen hatte. »Ich dachte, das wäre vorüber«, sagte sie.
»Ist es auch, was ihn betrifft. Und Bertha war in der Zwischenzeit natürlich auch nicht faul. Aber ich schätze, sie hat im Moment nichts Festes – und jemand wies mich darauf hin, dass ich doch Lawrence einladen sollte. Na ja, ich habe ihn eingeladen, aber ich konnte ihn nicht dazu bringen zu kommen, und jetzt wird sie es mir wohl damit heimzahlen, dass sie zu allen anderen absolut biestig ist.«
»Och, sie könnte es ja auch ihm heimzahlen, indem sie absolut reizend ist – zu jemand anderem.«
Mrs. Trenor schüttelte traurig den Kopf. »Sie weiß genau, dass er nichts dagegen hätte. Und wer könnte das schon sein? Alice Wetherall lässt Lucius nicht aus den Augen. Ned Silverton kann nicht von Carry Fisher lassen – armer Junge! Gus findet Bertha langweilig, Jack Stepney kennt sie zu gut – und – ach ja, natürlich, da wäre noch Percy Gryce!«
Bei diesem Gedanken richtete sie sich lächelnd auf.
Miss Bart erwiderte dieses Lächeln nicht.
»Oh, es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass sie und Mr. Gryce miteinander auskommen.«
»Du meinst, sie würde ihn schockieren und er würde sie langweilen? Na ja, das ist ja kein so ganz schlechter Anfang, weißt du. Aber ich hoffe doch, dass sie es sich nicht in den Kopf gesetzt hat, nett zu ihm zu sein, ich habe ihn schließlich extra für dich eingeladen.«
Lily lachte. »Merci du compliment!6 Ich hätte gegen Bertha natürlich keine Chance.«
»Findest du meine Bemerkung zu wenig schmeichelhaft? Das habe ich nicht so gemeint, weißt du. Jeder weiß doch, dass du tausendmal hübscher und klüger bist als Bertha, allerdings bist du nicht so ein Biest wie sie. Und wenn man auf Dauer immer das bekommen möchte, was man will, ist das sehr empfehlenswert.«
Miss Bart sah sie mit geheuchelter Missbilligung groß an. »Ich dachte, du hättest so viel übrig für Bertha.«
»Oh, hab ich auch – es ist viel sicherer, gefährliche Leute gern zu mögen. Und sie ist gefährlich – wenn ich jemals wusste, dass sie etwas im Schilde führt, dann jetzt. Ich kann das an Georges Verhalten ablesen. Der Mann ist ein perfektes Barometer – er weiß immer genau, wann Bertha einmal wieder –«
»Einen Fehltritt tun wird?«, schlug Miss Bart vor.
»Sag nicht so schlimme Sachen! Du weißt, er glaubt noch immer an sie. Und ich will natürlich nicht behaupten, Bertha wäre wirklich schlecht. Sie findet nun einmal Gefallen daran, andere Menschen, und besonders den armen George, unglücklich zu machen.«
»Nun ja, er scheint ja auch wie geschaffen zu sein für diese Rolle; es wundert mich nicht, dass sie lieber etwas fröhlichere Gesellschaft hat.«
»Oh, George ist nicht so trübsinnig, wie du meinst. Wenn Bertha ihm nicht solche Sorgen machen würde, wäre er ganz anders. Oder wenn sie ihn in Frieden ließe und ihm erlaubte, sein Leben so zu gestalten, wie es ihm gefällt. Aber wegen des Geldes traut sie sich ja nicht, ihm ein wenig Freiheit zu lassen, und deswegen tut sie so, als wäre sie eifersüchtig, wenn er es grade mal nicht ist.«
Miss Bart schrieb schweigend weiter, und ihre Gastgeberin saß da und hing ihren Gedanken mit stirnrunzelnder Konzentration nach.
»Weißt du was«, rief sie nach einer langen Pause, »ich glaube, ich werde Lawrence anrufen und ihm sagen, dass er einfach kommen muss?«
»O nein«, sagte Lily und fühlte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Ihr Erröten überraschte sie fast genauso wie ihre Gastgeberin, die, obwohl sie sonst Veränderungen im Gesichtsausdruck nicht sehr aufmerksam verfolgte, sie mit großen Augen verwirrt anstarrte.
»Du meine Güte, Lily, wie hübsch du bist! – Warum nicht? Hast du eine solche Abneigung gegen ihn?«
»Nein, gar nicht; ich mag ihn gern. Aber wenn du von dem wohlwollenden Bemühen, mich vor Bertha zu beschützen, getrieben wirst – ich glaube, ich brauche deinen Schutz nicht.«
Mrs. Trenor richtete sich auf mit dem Ausruf: »Lily! – Percy? Willst du damit sagen, du hast es wahrhaftig geschafft?«
Miss Bart lächelte. »Ich will nur sagen, dass Mr. Gryce und ich allmählich sehr gute Freunde werden.«
»Hm – ich verstehe.« Mrs. Trenor betrachtete sie mit verzückten Augen. »Weißt du, es heißt, er habe achthunderttausend im Jahr – und gäbe nichts aus, außer für seine zerfledderten alten Bücher. Und seine Mutter ist herzkrank und wird ihm noch viel mehr hinterlassen. Oh, Lily, übereile nur nichts!«, beschwor ihre Freundin sie.
Miss Bart lächelte weiterhin, ohne verärgert zu sein. »Ich habe zum Beispiel keine Eile, ihm zu sagen, er habe einen Haufen zerfledderter alter Bücher.«
»Nein, natürlich nicht;