The Who - Maximum Rock I. Christoph Geisselhart

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The Who - Maximum Rock I - Christoph Geisselhart The Who Triologie

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mit „Love Me Do“ ihren endgültigen Durchbruch im Musikgeschäft. Die meisten Bands versuchten die Fab Four daraufhin unverzüglich zu kopieren, um auf der weichen, geldträchtigen Merseybeatwelle­ mitzuschwimmen. Auch The Detours nahmen einige Beatles-Songs in ihr Repertoire auf – die sie allerdings bald wieder vergaßen, weil ihnen das Konzept der rauen Londoner R&B-Bands weit mehr imponierte. Von den Beatles konnte und musste man freilich etwas lernen, wenn man im Business bestehen wollte –und das war, wie man eigene Kompositionen schreibt.

      Um zu begreifen, welche Revolution die Beatles in der Unterhaltungsmusik auslösten, muss man wissen, dass Musikgruppen vor ihnen lediglich als bezahlte Erfüllungsgehilfen von Produzenten und Komponisten fungierten, die sich für ausgewähltes Liedgut die nach ihrer Meinung besten Interpreten suchten oder nach Belieben zusammenstellten. Die Beatles aber schrieben ihre Musik selbst. Sie hatten­ Erfolg damit – und kassierten auch die Tantiemen dafür. Erst diese Errungen­schaft ermöglichte den kreativen Aufbruch in der Popmusik, von dem heute noch alle selbst komponierenden Musiker profitieren. Vor den Beatles hätte es kaum jemand für möglich gehalten, dass ein Musiker erfolgreiche Songs ­verfassen, arrangieren und auch noch selbst vortragen könnte. Indem die Beatles die Trennung zwischen Songwriter und Interpret aufhoben, schufen sie eine grenzen­lose Freiheit in der Unterhaltungsmusik. Alles schien möglich, und alles erschien auf einmal interessant. Also versuchte jede Band, die etwas auf sich hielt und ernsthaft im Musikgeschäft Fuß fassen wollte, eigene Songs zu komponieren. The Detours hatten die Zeichen der Zeit ebenfalls erkannt: Wenn sie den Durchbruch schaffen wollten, brauchten sie erfolgversprechendes eigenes Material.

      Rogers Versuche, sich als Komponist zu betätigen, scheiterten allerdings schon im Ansatz: „Ich würde wirklich nichts lieber als gute Songs schreiben können, aber dafür fehlt mir leider das Talent“, erkannte er. Roger war ein geborener Darsteller­ seiner selbst, ein instinktsicherer Interpret, der Stücke genau analysieren ­konnte.­ Er wusste um seine Grenzen, auch als Sänger, und beschränkte sich deswegen darauf, die passenden Nummern für die Detours auszuwählen und bespielbar zu machen.

      Interessanterweise sorgte eben diese Beschränkung ihres Leadsängers dafür, dass die Detours nicht wie alle anderen Bands zu jener Zeit klangen. Flauschige Balladen zu singen wie die Beatles oder die Hollies wäre für Roger (wie auch für John oder Pete) undenkbar gewesen. Er war kein Melodiker wie die wohltemperierten Vokalisten der Merseybands, und er fühlte sich auch nicht den am Leben oder an der Liebe leidenden schwarzen Bluesmusikern verwandt. Roger war ein ruppiger, zorniger Cockney-Heißsporn, der in der Musik die einzige Chance sah, einem drohenden Fabrikarbeiterleben zu entkommen – und er war sich dessen vollkommen bewusst.

      Erst innerhalb dieser Grenzziehung entwickelten The Detours ihr eigenständiges Repertoire, ihre Interpretation von Rock’n’Roll, zwischen Rhythm & Blues, zwischen Elvis und James Brown, zwischen Pop und Beat. Erst Rogers Grenzen als Leadsänger ermöglichten der Band den Durchbruch zur Rockmusik, wie man sie heute versteht und wofür The Who später reich und berühmt wurden. Rogers Limitationen sorgten dafür, dass die Detours einen kompromisslosen und authentischen Weg einschlugen, der bis dahin noch niemandem eingefallen war.

      Der Band fehlte aber immer noch ein Songwriter, der passendes Material ­lieferte, das Roger singen konnte. John, der als Nächstliegender dafür in Frage gekommen wäre, verzweifelte am klassischen Wissen, das er aufgrund seiner musikalischen Ausbildung besaß: „Zu wissen, welcher Akkord als nächstes kommen sollte, behinderte mich beim Schreiben enorm. Ich konnte nichts zustande ­bringen,­ was nicht gewöhnlich geklungen hätte.“

      Blieb Pete. Der war unbefangen, offen und an seiner Unsicherheit ausreichend verzweifelt, um selbst die verrücktesten Ideen in Erwägung zu ziehen. Er hatte einen musikalischen Hintergrund, war trotzdem unverbildet und konnte seine Ideen formulieren. Vor seinem Kunststudium hatte er sogar daran gedacht, sich der Literatur zu verschreiben oder als Journalist zu beginnen. Als Pete im Sommer­ 1963 Bob Dylan hörte, fügte sich plötzlich alles in ihm zusammen: „Mir wurde klar, dass ein Songwriter ein ganz normaler Mensch ist, der mit seinen Erinne­rungen­ arbeitet.“

      Als Pete später einmal gefragt wurde, wer ihn musikalisch am meisten beeinflusst habe, nannte er drei Namen: „An erster Stelle Bob Dylan, dann Brian ­Wilson. Nummer drei ist Ray Davies, der mir zeigte dass es auch einen englischen Weg gibt.“ Dylan hatte es ihm anscheinend besonders angetan. Mitbewohner Barnes­ ­erinnert sich, dass Pete die Platten des näselnden Sonderlings schier endlos ­abspielte:­ „Dylan und hauptsächlich das Stück ‚All I Really Want To Do‘ brachten­ ihn auf die Spur, eigene Songs zu schreiben.“

      Pete trug fortan ein Notizbuch mit sich herum, in das er seine Einfälle und musikalischen Entwürfe eintrug. Er setzte sich mit der Gitarre hin, schusterte an den wenigen Zeilen herum, die er bis dahin zuwege gebracht hatte, und versuchte,­ wie seine erfolgreichen Vorbilder zu klingen.

      Eine seiner frühen Nummern, die er schon mit sechzehn, also 1961 oder 1962, skizziert haben will, erschien den Detours aussichtsreich genug, um davon ein Demoband anzufertigen. Der Song hieß „It Was You“ und hörte sich verdächtig nach Merseybeat an; aber Petes Vater und auch der Vater von Peter Wilson, dem Ex-Bandkollegen ihrer Schulband, kannten einen Produzenten, der im Auftrag der BBC Kindersendungen aufnahm, und so ermunterten beide die Band, es ­einfach damit zu versuchen.

      Also machten sich Pete, Roger, John und Doug an einem Sonntagabend, vermutlich im Herbst 1963, auf den Weg zu Barry Gray. Dessen Heimstudio befand sich im Keller seines Hauses und war laut John nur rudimentär ausgestattet. Trotzdem wurde ein Tonband produziert, das neben „It Was You“ noch eine weitere Townshend-Komposition enthielt, die „Please Don’t Send Me Home“ hieß und von John gesungen wurde. Als drittes Stück nahm die Band eine Coverversion von Chuck Berrys „Come On“ auf, mit Roger an der Mundharmonika. Solcherart professionell für den Sturm auf die Charts gerüstet, rechnete die stolze Gruppe­ natürlich mit dem sofortigen Durchbruch; aber nichts weiter geschah, als dass das Demoband erfolglos durch verschiedene Hände wanderte.

      The Detours spielten „It Was You“ noch einige Zeit live auf der Bühne, wo es laut Pete auch „gut aufgenommen wurde“. Doch von den angeschriebenen Platten­firmen meldete sich nie jemand. Erst im folgenden Jahr nahmen The Who das Stück noch einmal unter professionellen Umständen auf; später wurde es von zwei anderen Bands übernommen: von der britischen Formation The Fourmost, die es auf einer B-Seite veröffentlichte, und von den Naturals in den USA. Doch all diese Versuche blieben ohne Erfolg.

      Etwas fehlte der Band, das fast noch entscheidender war als gute eigene Songs. Es genügte nicht, hartnäckig und diszipliniert am Durchbruch zu arbeiten wie Roger, ehrgeizig und fleißig sein Instrument beherrschen zu lernen wie John oder sich für die Kunst zu öffnen und einen eigenen Weg zu suchen wie Pete. Der Wille zum Erfolg ist notwendig, wenn man nach oben kommen will; doch noch wichtiger ist der unbedingte Glaube an sich selbst, an die Stärke der eigenen Gruppe; dass man stolz darauf ist, ihr anzugehören und diesen Stolz auch nach außen trägt. Aber dazu war keiner der vier Detours in der Lage; dazu bedurfte es der Dreistig­keit eines wild trommelnden Halblings, der genau besehen keine andere Wahl hatte, als reich und berühmt zu werden.

      10.: Zwischen Fremden und Freunden: Keith Moons erste Bands

      „Er war einfach einsame Klasse.“

      Peter Tree alias Sänger Mark Twain über den jungen Keith Moon

      „Okay, dann geh’ ich.“

      Keith, vor die Wahl gestellt, sich zu entschuldigen oder den Job zu verlieren

      Peter Tree und Michael Evans, zwei dem Teenageralter gerade entwachsene Freunde­ aus London-Mitte, hatten bereits in einigen Amateurbands gespielt, als sie sich 1962 entschlossen, eine ernsthafte Formation zusammenzustellen. Die beiden­ antworteten beinahe auf jede Annonce im Melody Maker,

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