Große Errungenschaften der Antike. Holger Sonnabend

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Große Errungenschaften der Antike - Holger Sonnabend

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mit 300 Peitschenhieben bestrafen. Da er auch menschliches Versagen nicht ausschließen wollte, wurden, um bei der Fehlersuche ganz sicher zu gehen, die verantwortlichen Ingenieure geköpft.

      Im zweiten Anlauf gelang das Unternehmen, wohl auch deswegen, weil die jetzt beauftragten Architekten, das Schicksal ihrer unglücklichen Vorgänger vor Augen, sich besonders anstrengten. Herodot war von dem Meisterwerk so angetan, dass er eine detaillierte Beschreibung geliefert hat. Zusammengestellt wurden demnach Fünfzigruderer und Dreiruderer, zum Schwarzen Meer hin 360 an der Zahl, in die andere Richtung 314. Die ersteren wurden schräg positioniert, die letzteren in Richtung der Strömung des Hellespont, um die Spannung der Tragseile zu gewährleisten. Gewaltige Anker sorgten für die Haltbarkeit der Konstruktion, wobei besondere Rücksicht auf die Windverhältnisse genommen wurde. Um mit den Dimensionen der Schiffsbrücke nicht den gesamten Verkehr im Hellespont lahmzulegen, ließ man zwischen den Fünfzigruderern und den Dreiruderern genügend Platz zum Passieren für kleinere Schiffe. Mit Hilfe hölzerner Winden wurden die Taue nun von Land aus straff gespannt. Schließlich musste eine Plattform für den Übergang des Heeres über die Schiffe hergestellt werden. Dazu wurden Baumstämme zersägt, über die Seile gelegt und miteinander verbunden. Darüber setzte man Holzbretter. Perfektioniert wurde der Weg über die Schiffsbrücke durch festgestampfte Erde. Und da man wirklich an alles dachte, legte man noch an beiden Seiten Geländer an – nicht, weil man fürchtete, die Soldaten würden ins Wasser fallen, sondern um zu verhindern, dass das mitgeführte Zugvieh und die Pferde beim Anblick des Meeres scheuen würden.

       Brückeneinweihung als Spektakel

      Über ein solch technisches Kunstwerk ging man nicht einfach nur hinüber. Ein Herrscher wie Xerxes machte daraus eine Inszenierung. Bei Sonnenaufgang veranstaltete er einige Opferhandlungen und betete schließlich zur Sonne mit dem frommen Wunsch, nichts möge ihn an der Eroberung Europas hindern. Der Hellespont selbst blieb diesmal von Peitschenhieben verschont, stattdessen empfing er als Opfergaben eine goldene Schale, einen goldenen Mischkrug und ein persisches Schwert. Der sich anschließende Marsch über die Brücke vollzog sich streng nach Protokoll: Fußsoldaten und Reiter nahmen den Weg über jenen Teil der Brücke, die dem Schwarzen Meer zugewandt war, Tross und Dienerschaft spazierten über die zur Ägäis ausgerichtete Seite. Sieben Tage und sieben Nächte dauerte nach Auskunft Herodots der Übergang des persischen Heeres über die Schiffsbrücke vom Hellespont. Als letzter soll angeblich der König persönlich gegangen sein. Im Rückblick mag Xerxes an dem Sinn dieses ganzen Aufwandes etwas gezweifelt haben: Das persische Invasionsheer erlitt in Griechenland bei Salamis und Plataiai historische Niederlagen. Wenigstens aber den Bau einer grandiosen Schiffsbrücke konnte er auf seinem Erfolgskonto verbuchen.

       Das Beispiel macht Schule

      Und seine Tat geriet nicht in Vergessenheit. Der römische Kaiser Caligula (37–41 n. Chr.), soll, wie sein Biograph Sueton ausdrücklich bezeugt, Xerxes und den Hellespont im Sinn gehabt haben, als er in Italien aus 3600 Schiffen eine Brücke zwischen Baiae und Puteoli anlegen ließ. Von überall her mussten Lastschiffe geholt werden, es wurde eine Erdschicht darüber gelegt, die man wie die Via Appia befestigte (also mit Pflastersteinen). Die Einweihung des technischen Kunstwerks gestaltete der exzentrische Caligula ganz nach dem Vorbild des Perserkönigs, er selbst überquerte die Brücke mit Lederschild, Schwert und goldenem Mantel auf einem herausgeputzten Pferd. Sueton mag allerdings nicht ganz glauben, dass es dabei nur um die Nachahmung des Xerxes gegangen sei. Sein Großvater habe ihm etwas anderes erzählt: Caligulas Vorgänger Tiberius sei von der Sorge geplagt gewesen, Caligula könne einmal sein Nachfolger werden. Der Hofastrologe habe ihn mit der Versicherung beruhigt, Caligula werde ebenso wenig Kaiser werden, wie er die Bucht von Baiae zu Pferd überqueren könne. Auf diese Weise habe Caligula die Prognose des Astrologen gleich zweifach widerlegt.

       Caesars Gallischer Krieg

      So, wie der Perserkönig Xerxes sein Unternehmen angelegt hatte, handelte es sich nicht allein um eine militärisch notwendige Aktion. Vielmehr ging es auch um das Prestige. 425 Jahre später handelte ein nicht unbekannter römischer Feldherr aus ganz ähnlichen Motiven. Generationen von Lateinschülern haben sich mit dem Bellum Gallicum des Gaius Iulius Caesar herumplagen müssen. Das ist ein Werk, in dem Caesar alle intellektuellen und stilistischen Energien aktivierte, um seinen Zeitgenossen klarzumachen, welch unsterbliche Verdienste er sich während des Krieges in Gallien (58–51 v. Chr.) um Rom und das Reich erworben habe. Nüchterne Zeitgenossen und moderne Historiker sehen in dem Werk allerdings mehr eine – freilich brillante – Selbstdarstellung des großen Militärs Iulius Caesar. Und so konnte er auch nicht der Versuchung widerstehen, eine allerdings tatsächlich bemerkenswerte Pioniertat ins rechte Licht zu rücken: den Bau einer Brücke über den Rhein im Jahre 55 v. Chr.

       Eine Brücke macht Eindruck

      So ausführlich, leider aber auch etwas verwirrend hat Caesar seine Brücke beschrieben, dass Generationen von Modellbauern sich herausgefordert fühlten, sie en miniature nachzubauen (ein schönes und dem wirklichen Aussehen wohl ziemlich nahekommendes Exemplar befindet sich heute im Rheinischen Landesmuseum in Bonn, ein anderes im Museum von Andernach). Gerne weisen caesarfreundliche Technikhistoriker auch darauf hin, dass die Dienstanweisungen der Pioniere des deutschen Heeres noch nach dem Ersten Weltkrieg die gleiche Bauweise vorschrieben. Schon die antiken Autoren waren gebührend beeindruckt. Der Biograph Sueton schreibt: »Die Germanen, die auf der anderen Rheinseite wohnten, hat Caesar als erster Römer angegriffen, nachdem er eine Brücke hat bauen lassen. Er brachte ihnen sehr schwere Niederlagen bei.« Etwas euphorischer war der Grieche Plutarch – für ihn war Caesars Rheinbrücke ein Werk, »das die kühnsten Erwartungen übertraf«, zumal man für die Fertigstellung nicht mehr als zehn Tage brauchte. Freilich vergisst er nicht hinzuzufügen, dass es die »Sucht nach Ruhm« gewesen sei, die Caesar dazu getrieben habe, »als erster von allen Menschen mit einem Heer den Rhein zu überschreiten«.

      Im Bellum Gallicum liest sich das erwartungsgemäß ganz anders. Häufig seien Germanenstämme über den Rhein gekommen, um den Galliern zu helfen, und da sei es an der Zeit gewesen, den Barbaren einmal zu zeigen, worauf man sich einlässt, wenn man Roms Feinden hilft. Natürlich hätte Caesar auch einfach mit Schiffen über den Rhein fahren können, aber solchen kleinlichen Einwänden begegnete der Feldherr mit dem stolzen Hinweis, dies entspreche nicht »seiner und des römischen Volkes Würde«.

       Caesars Rheinbrücke

      Der Ort des Geschehens war vermutlich Neuwied, nördlich von Koblenz. Ganz sicher ist das nicht, aber jedenfalls zeigt man im Museum von Neuwied Teile von Holzpfosten, die man im Rhein gefunden hat und die man für Relikte von Caesars Brücke hält. Den Modellbauern bereiten Caesars Ausführungen zum Bau der Brücke vor allem deswegen Kopfschmerzen, weil er nicht die gesamte Konstruktion beschrieben hat, sondern nur einige technische Neuerungen, auf die die Ingenieure in seiner Armee gekommen waren. Bei diesem Werk handelte es sich um eine sogenannte Jochbrücke, im technischen Sinn spricht man von einem Pioniersteg. Falls die Lokalisierung bei Neuwied stimmt, musste die Brücke den Rhein über eine Distanz von 400 Metern überspannen. Nach Caesars eigenen Angaben wurden je zwei Pfähle in einem Abstand von je 0,60 Metern miteinander verbunden. Jedes Pfahlpaar wurde dann ins Flussbett gesetzt und durch Rammen eingetrieben, aber nicht, wie Caesar betont, in der üblichen Weise senkrecht, sondern schräg in der Richtung der Strömung. Weiter stromabwärts wurde diesen Pfählen gegenüber in einer Entfernung von zwölf Metern ein weiteres Pfahlpaar in den Fluss gesenkt. Beide Pfahlpaare wurden durch 0,60 Meter dicke Balken auseinandergehalten. Durch der Länge nach aufgelegte Balken verband man die einzelnen Pfahlpaare miteinander und belegte die Balken mit Stangen und Flechtwerk. Um die Stabilität des Bauwerkes noch zu vergrößern, setzten die Ingenieure schräge Pfähle an dem flussabwärts

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