Kubinke und die Killer: Kriminalroman. Alfred Bekker

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Kubinke und die Killer: Kriminalroman - Alfred Bekker

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zu beanspruchen.

      „Ich hoffe, wir stören nicht”, sagte Rudi.

      „Warten Sie einen Moment, ich muss eben diesen Vorgang abschließen.”

      „Kein Problem”, sagte Rudi.

      Auf einem der Großbildschirme, die sich in Lin-Tais Arbeitsraum befanden, erschienen jetzt Kolonnen von Zahlen und beeindruckende, kompliziert wirkende Säulendiagramme, die für nicht Eingeweihte wohl kaum mehr als magische Zeichen darstellten. Also auch für uns.

      „Ich erkläre es Ihnen sofort”, deutete Lin-Tai meinen ratlosen Blick richtig. „Wobei das, was Sie da sehen, eigentlich mehr damit zu tun hat, wie ich an die Informationen herangekommen bin, die für Sie wichtig sind.”

      „Welche Informationen?”, fragte ich.

      „Wir hatten bisher keinen Zusammenhang zwischen den Opfern.”

      „Abgesehen davon, dass zwei von ihnen Kommissare sind.”

      „Ja, Harry, aber in völlig unterschiedlichen Präsidien. Und es hatte auch oberflächlich den Anschein, als hätten sie niemals zusammengearbeitet. Das trifft aber offenbar nicht zu.”

      „Erzählen Sie!”

      „Ich bin darauf gekommen, als ich die internen Personaldaten der beiden durchstöbert habe. Da gibt es einen zeitlich bei beiden Kommissare übereinstimmenden Bereich von fast anderthalb Jahren, in denen die Daten offensichtlich falsch sind. Ich konnte durch die Filterung des Datenbestandes nach verschiedenen Kriterien, die ich Ihnen jetzt nicht im Einzelnen erläutern will, herausfinden, dass zum Beispiel die angeblich zu dieser Zeit besetzten Dienstposten in Wahrheit von anderen besetzt waren und sie zwar beide offiziell irgendwelchen Abteilungen angehörten, dort aber laut den Dienstplänen nie für irgendwelche Einsätze eingeplant gewesen sind. Und so weiter und so fort. Na, ergibt sich für Sie jetzt ein Bild?”

      „Eine Geheimoperation”, stellte ich fest. „Darauf läuft es doch hinaus!”

      „Richtig”, nickte Lin-Tai. „Und zwar eine, die so geheim war, dass man bislang nicht einmal Kriminaldirektor Hoch darüber informiert hat, denn ich kann mir nicht denken, dass er dieses Wissen nicht sofort an Sie weitergegeben hätte, als er Ihnen den Auftrag gab, sich mit diesem Fall zu befassen.”

      „Diese Geheimoperation muss ziemlich heikel gewesen sein”, glaubte Rudi. „Irgendetwas, was die Überschrift nationale Sicherheit trägt, wie ich annehme.”

      „Ja, das ist eine Möglichkeit”, sagte Lin-Tai. „Die andere ist, dass die beteiligten Kommissare selbst geschützt werden müssen. Etwa vor Erpressungen, Anwerbeversuchen fremder Geheimdienste oder Racheakten aller Art. Die dritte Möglichkeit ist: Eine Kombination aus beidem. Und genau das liegt hier vor.”

      „Sie haben herausgefunden, was das für eine Geheimoperation war?”, fragte ich.

      Ein sehr flüchtiges und sehr kurzes Lächeln spielte jetzt um Lin-Tais Lippen. Normalerweise war ihre Mimik eher gleichförmig. Eine für Lin-Tais Verhältnisse derart exzessive mimische Betätigung ihrer Gesichtsmuskulatur wäre bei jemand anderem wahrscheinlich das Pendant zu einem lauten Triumphgeheul gewesen.

      „Ich habe es rausgekriegt”, sagte sie in einem fast feierlichen Tonfall.

      „Das ist vermutlich illegal”, sagte Rudi. „Und wir werden dann nicht viel damit anfangen können. Zumindest nicht offiziell.”

      „Wenn Kriminaldirektor Hoch danach fragt, wird man ihm vermutlich alles, was ich herausgefunden habe, auch offiziell herausgeben. Nur hat er bisher ja nicht fragen können, weil er nichts davon wusste. Aber am Ende wird Kriminaldirektor Hoch die Informationen ganz legal erhalten, sodass ich da kein Problem sehe.”

      „Um was für eine Operation geht es?”, fragte ich.

      „Beide ermordeten Kommissare sind für anderthalb Jahre Zielfahnder einer Abteilung gewesen, die sich mit der Beobachtung von terroristischen Gefährdern befasst hat, die sich innerhalb Deutschlands aufhielten.”

      „Können Sie präzisieren, mit welcher Facette des Terrorismus sich diese Abteilung befasste?”, hakte ich nach.

      „Es ging um radikale Islamisten und ihre Netzwerke. Einzelheiten wird vielleicht Ihr Vorgesetzter erfahren - vorausgesetzt, er stellt die richtigen Fragen.”

      6

      Es regnete in Strömen, als wir später auf dem Autobahn Richtung Berlin unterwegs waren. Wir hatten schon mit Herr Hoch telefoniert. Selbstverständlich hegten wir die Hoffnung, dass Lin-Tais Vermutung zutreffend war und unser Chef die Informationen über die Tätigkeit der beiden Kommissare zumindest so detailliert bekommen konnte, dass wir letztendlich etwas damit anfangen konnten.

      Geheimhaltung ist in vielen Fällen gut und richtig. Manchmal rettet sie Menschenleben, und das gilt insbesondere für Zielfahnder und verdeckte Ermittler. Dass Hacker selbst in interne Netzwerke des BKA einzudringen vermochten, war ebenfalls eine besorgniserregende Realität, der wir uns stellen mussten. Insofern hatte ich einerseits durchaus Verständnis für all diese Maßnahmen, die man da getroffen hatte. Andererseits kann man aber auch beobachten, dass übertriebene Geheimhaltung manchmal unsere Arbeit extrem lähmen kann.

      Rudi hatte sein Laptop auf den Knien. Wir versuchten noch immer, irgendeinen gemeinsamen Nenner zu finden, den die drei Morde vielleicht hatten. Aber das schien schwierig.

      Die neuen Erkenntnisse, die wir durch Lin-Tai gewonnen hatten, änderten daran wenig.

      „Ich habe mal versucht zu checken, ob dieser Ex-Soldat des KSK namens Klaus Deggemann vielleicht irgendwie in etwas verwickelt war, was eine Verbindung zu den beiden Kommissare herstellen könnte.”

      „Wenn er nicht gerade zum Islam konvertiert ist und sich einer Terrorzelle angeschlossen hat ...”

      „Danach sieht es nicht aus”, sagte Rudi. „Er betreibt eine private Sicherheitsfirma, ist verheiratet, sieht auf der Homepage seiner Firma wie die Biederkeit in Person aus und betätigt sich offenbar auch als aktives Gemeindemitglied der evangelischen Kirche von Nördendorf. Im letzten Jahr hat er dort eine Spendenaktion initiiert. Dabei wurde Geld für das marode Dach des Kirchengebäudes gesammelt.”

      „Wir brauchen letztlich die Namen derer, die die Zielfahnder-Abteilung der Gieselher Denner und Pascal Barkow angehörten, beobachtet haben”, sagte ich.

      „Und du denkst, da kommt etwas heraus?”

      Ich zuckte die Schultern.

      „Warum nicht? Das ist so vielversprechend

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