Paul Schneider – Der Prediger von Buchenwald. Margarete Schneider

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Paul Schneider – Der Prediger von Buchenwald - Margarete Schneider

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Ab in unserer Jugendarbeit. Oft mussten wir einsehen, dass »zu viel gemacht und zu wenig gewachsen war«.

      Am 3. Januar 1928 berichtet M. S. im Rundbuch voll Freude: »Jede Woche kommen 30 bis 40 Mädchen zu uns ins Pfarrhaus. Es sind neben den Mädchen von Gemeinschaftsleuten118 auch noch ein paar andere. Die Konfirmandenmädchen sind uns bis jetzt auch treu geblieben.119 In Dornholzhausen haben wir’s nett, da sind wir mit den Mädchen schier jede Woche in einem anderen Haus.« Dass ihr großer Einsatz für die jungen Mädchen der Gemeinde seiner Frau aber nicht nur Freude brachte, das lässt P. S. im Rundbuch am 26. Juni 1932 durchblicken: »Die liebe Gretel ist hier in Hochelheim leider gar nicht auf Rosen gebettet, wie sie es doch verdient hätte, nachdem sie landfremd geworden120, mein Volk zu ihrem Volk121, mein Amt zu ihrem Amt gemacht hat … Mit wie viel Liebe und Freudigkeit hatte sich Gretel von Anfang an um die jungen Mädchen bemüht, und schließlich glaubten wir unser Liebeswerben mit Erfolg gekrönt, als sich im Anschluss an eine schön verlaufene Jungmädchenfreizeit im vorletzten Winter aus der ganzen Umgebung 37 Mädchen zu einem Ev. Jungmädchenbund sammelten. Doch … bald zeigte es sich, dass sich die Herzen fester banden an eine neu auftretende Damenriege des Turnvereins, an den weltlichen Gemischten Chor u. a. als an uns, und als ich an Weihnachten unserer vergnügungsseligen Jugend im Wirtshaus entgegentrat, kam unser Jungmädchenbund zu Bruch und auch die Ansätze in der Burschenarbeit, die sich gebildet hatten … Es war doch niederdrückend und ein Stück Herzweh für uns und besonders für Gretel, … so zurückgeworfen zu werden, nachdem wir Haus und Stube, Zeit und Kraft und Familienleben – fast keinen Abend hatten wir im Winter für uns selbst – hergegeben hatten.«

      Fast noch härter trafen die beiden Pfarrleute die Vorgänge um die Krankenpflegestation in Hochelheim, die sie mit der Kirchengemeinde im Sommer 1931 eingerichtet hatten. M. S. hatte mit großem Eifer die nötigen Einrichtungsgegenstände zusammengetragen, hatte mit der »Frauenhilfe« einen Gemeindeabend mit Verlosung organisiert, dessen finanzieller Erlös den ersten Baustein für die Einrichtung der Krankenpflegestation brachte. Die neue Krankenschwester freilich zeigte von Anfang an dem Pfarrhaus die kalte Schulter und, so berichtet P. S. im Rundbuch am 26. Juni 1932, »nachdem ich ihr dann schließlich auch über ihre Amtsführung einmal etwas hatte sagen müssen, paktierte sie mit dem unchristlichen Teil des Dorfes, hetzte sozusagen fast das ganze Dorf gegen mich auf, und als sich dann das Mutterhaus, von dritter Seite darauf aufmerksam gemacht, energisch einmischte, antwortete sie mit Austritt aus dem Mutterhaus und ließ sich nun … von einem sich aus weitaus des Dorfes Mehrheit bildenden Krankenpflegeverein anstellen. Unsere Kirchenvertretungen hatten bei dem Handel völlig versagt, ja dazu die Hand geboten und überließen nun auch die Einrichtung leichten Herzens und billig dem Krankenpflegeverein.« Die Schwester tue nun ihren Dienst durchaus nicht im Geist christlicher Diakonie. »Das Ganze war uns wie ein Keulenschlag, und Gretel hat mehr als eine bittere Träne geweint.« P. S. gibt zu erkennen, dass diese Entwicklung in ihnen eine Krise ausgelöst habe, sie hätten sehr um ihre Treue zur Gemeinde ringen müssen. Auch hätten andere Gemeinden sie gern als Pfarrleute gehabt. Er habe es aber nicht über sich gebracht, »aus den Schwierigkeiten und ungelösten Verhältnissen, mancherlei Anfängen und unvollendeten Aufgaben einfach wegzugehen. So wollen wir in Hochelheim bleiben und mit neuem Mut und Vertrauen und neuer Liebe, die uns Gott schenken möge, weitermachen.« Wacker behauptet habe sich in diesen Auseinandersetzungen die Frauenhilfe!

      In beiden Dörfern entstanden bald Frauenhilfen122. An diese Arbeit kann ich nur mit großer Freude und Liebe zurückdenken. Unsere beiden Frauenhilfen standen uns tätig und hilfsbereit zur Seite, sei es in der Armenpflege, sei es bei der Einrichtung einer Schwesternstation. In allen Stürmen blieben die Frauenkreise bestehen, verfestigten sich immer mehr unter Gottes Wort und waren auch während des Dritten Reiches ein Bollwerk der Bekennenden Kirche (BK). Nach unserem Weggang durften wir ihre Treue erleben. Wir wurden mit Omnibussen besucht, durften Gegenbesuch mit unseren Hunsrückern machen. Am Grab meines Mannes standen diese treuen Frauen, und noch heute reißt die Verbundenheit nicht ab.

      Mit Vergnügen berichtet M. S. am 21. Oktober 1930 im Rundbuch von einem Ausflug »ihrer« Frauenhilfe nach Bad Nauheim: »Natürlich sahen wir viele Ausländer im Weltbad und staunten die Mode an, meine Frauen wurden ihrerseits in ihrer Festtagstracht auch gehörig besichtigt und angeranzt. Unser Frauenverein ist uns bis jetzt die größte Freude und Aufmunterung; da haben wir wirklich einen Stamm, der treulich zusammenhält …«

      Gerne fuhr Paul zu Singwochen123 und kirchlichen Freizeiten. Erfüllt kam er heim, aber das »Heimkommen ist doch immer das Schönste«. – »Und wie freundlich fügt es Gott, dass er uns über dem Ärger und der Enttäuschung draußen in der Gemeinde die Freude an unseren Kindern drinnen schenkt, gleichsam als Ausgleich. Nein, wir wollen und dürfen nicht klagen und haben doch noch viel mehr Ursache zum Loben und Danken!«

      Auf seinem Rad, später Motorrad, war Paul vielfach unterwegs, da er die synodale Betreuung der Fürsorgezöglinge124 hatte. Sie waren in »dauernder Bewegung«125, und es gab viel zu helfen und zu raten. Auch bei Bastelkursen für Arbeitslose in der Kreisstadt tat er mit, überall der sozialen Not unseres Volkes an seinem Teil steuernd. – In unserem Dorf war ein primitives Obdachlosenheim für fahrende Leute. Wie oft hat er sich um sie bekümmert! Zweimal hatten wir selbst längere Einquartierung von obdachlosen Familien. Aus einem Brief an die Mutter: »Es ist ein Wort so recht für unsere Tage, dass der rechte Sozialismus nicht auf der Straße, sondern in der Familie anfange.«

      Schwester Anna Groth aus Gießen erzählt von ihrer ersten Begegnung mit Paul Schneider: »Mir fehlten Gardinenschnüre für Vorhänge; ein Telefonanruf hatte mir gemeldet, dass ein Handwerker mir in kurzer Zeit das Fehlende bringen werde. Da sprang ein hochgewachsener Mann im Lodenmantel und mit einem Rucksack auf dem Rücken in großen Sätzen die Treppe herauf. ›Na endlich, schön, dass Sie kommen. Nehmen Sie nur gleich die Leiter mit!‹ Paul Schneider strahlte über das ganze Gesicht. ›Gut, wir wollen uns schnell dranmachen. Wie oft habe ich meiner Mutter schon dabei geholfen!‹ Und dann stellte er sich vor: ›Der neue Pfarrer von H.‹ Wie oft haben wir danach über diesen Irrtum gelacht! Ernster wurde dann später unsere Begegnung an dem Sterbebett einer jungen Mutter, die eine Schar unversorgter Kinder zurückließ. Die Forderung des jungen Pfarrers, sich nur ungesäumt mit Freuden zu einem seligen Sterben zu rüsten, schien mir unmenschlich, und ich sagte ihm das. Wir kamen nicht überein, und auch ihn ließ dieses Sterbebett so bald nicht mehr los. Eines Tages bat er mich, ihn und seine junge Frau doch einmal in H. zu besuchen, wir könnten dort in Ruhe über diese Dinge sprechen. Im Laufe der Jahre bin ich dann so manches Mal dort eingekehrt, und immer war unsere Begegnung eine lebendige. Waren wir uns über irgendeine Fragestellung und ihre Beantwortung nicht ganz im Klaren, so bekam ich ein Buch in die Hand gedrückt, dessen Seiten mit zahlreichen Notizen, Frage- und Ausrufungszeichen bedeckt waren.

      Bei der Lebhaftigkeit seines Geistes und Temperamentes konnte er manchmal heftig dreinfahren; das blieb nicht aus. Meine ›Toleranz‹ ärgerte ihn oft; für ihn gab es nur schwarz oder weiß, Feuer oder Wasser. Seit er sich unter schweren Kämpfen seinen Glauben errungen hatte, stand dieser Glaube fest wie ein kantiger, aus dem Boden gewachsener Felsen, an dem die Wasserwirbel emporschäumen und sich, wenn auch unter Toben und Brausen, teilen mussten. Niemals habe ich einen Menschen gekannt, der so völlig unbeirrt, so kompromisslos seinen Weg gegangen wäre. Der junge Kämpfer nötigte einem schon Hochachtung ab, wenn auch seine Jugendkraft über das Ziel hinausschießen konnte. Regelmäßig kam er dann hinterher, um die Sache wieder in Ordnung zu bringen.

      Einmal schrieb er mir: ›Es war mir doch eine große Erleichterung, als Sie mir auf meinen etwas kriegerischen Brief eine so freundliche Antwort schrieben. Hinterher habe ich es nämlich doch mit der Angst gekriegt, ob es recht war, so zu schreiben, wie ich es tat. Christen sollten sich doch immer ganz ernst nehmen und einander gelten lassen.‹ – Dieser seiner herzlichen Art konnten sich nur wenige Menschen verschließen. Dazu kam eine großzügige Gastfreundschaft des Pfarrhauses. Es war in den Jahren der großen Arbeitslosigkeit. Menschen zogen mit Kind und Kegel durch das Land, um für sich und die Ihren das tägliche Brot zu finden. Als

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