Operation Terra 2.0. Andrea Ross

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Operation Terra 2.0 - Andrea Ross

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Transport als fehlend gemeldet hatte. Wieder und wieder überprüften die Männer die Kennnummern der Faltbehälter, doch das Ergebnis war stets dasselbe: das Ding fehlte schlicht und einfach! Ein absolutes Novum für diese bestens durchorganisierte Gesellschaft.

      Was überdies noch fehlte, war ein Mensch. Der Wissenschaftler Solaras war nach dem KIN 13.5.15.14.19 nicht mehr an seinem Arbeitsplatz erschienen. Man hatte selbstverständlich auch in seiner privaten Behausung nach ihm gefahndet, doch die Nachbarn wussten ebenfalls von nichts. Er schien spurlos verschwunden zu sein, ebenso wie die Dozentin Kalmes. Die Frau wurde von den Verantwortlichen der Sektion Ideologie und Bildung ebenfalls verzweifelt gesucht. Und nicht nur von denen

      – ein gewisser Mediziner Gabriel war außer sich vor Sorge, seit er von ihrem Verschwinden wusste.

      Zwei KIN später entdeckte eine junge Assistentin mehrere eingetrocknete Blutstropfen auf dem Boden vor dem Gelände der Untersektion Transport, auf dem die Uniblocks stapelweise aufbewahrt wurden. Einer Eingebung folgend, entnahm sie eine Probe und jagte diese durch ein GenalytGerät. Der Abgleich mit der Datenbank, in der sämtliche Bewohner Tiberias abgespeichert waren, ergab eine hundertprozentige Übereinstimmung mit dem einzigartigen Genprofil einer gewissen Kalmes, ihres Zeichens Dozentin bei Ideologie und Bildung. Und genau die war seit Tagen als vermisst gemeldet.

      Die Informationsfäden liefen schließlich bei Regentin Alanna zusammen, die sofort zutreffend vermutete, dass sich die bei Aden Verschwundenen mit der Deep Red Planet zum Mars abgesetzt haben könnten. Eine Rückfrage bei der Marsbasis erbrachte Gewissheit – dort fehlte einer der Raumgleiter. Somit stand für Alanna felsenfest, dass zwei ungehorsame Tiberianer neuerdings auf Terra ihr Dasein fristeten.

      »Ach, sollen sie doch in diesem Elend dort jämmerlich verrecken!«, knurrte sie missmutig. »Aber wer weiß? Vielleicht können sie eines Tages für mich noch von Nutzen sein.«

      

       Terra, 01. Dezember 2016 nach Christus, Donnerstag

      

      Im Gegensatz zu Kalmes fand Solaras nicht genügend Ruhe, um wegdämmern zu können. Wie spät mochte es sein? Längst war die Sonne untergegangen, und die Lichter der Strandpromenade spiegelten sich im Wasser. Von der Innenstadt schimmerte farbiges Licht durch Lücken in der Häuserzeile, das sich auf den Wellen spiegelte. Doch anstatt sich allmählich zu leeren, schien der Strand immer voller zu werden. Flanierende Paare, ausgelassene Jugendliche und Leute, die ihre Hunde ausführten, gaben sich ein Stelldichein. Wieso hielten die sich nachts nicht in der Geborgenheit ihrer Häuser auf?

      Waren die etwa alle obdachlos, so wie sie?

      Wenige Meter entfernt ließ sich ein Junge nieder. Er mochte etwa sechzehn bis achtzehn Jahre alt sein. In seinen Händen hielt er eine viereckige Glasflasche, die er immer wieder an die Lippen setzte. Ab und zu schielte er neugierig herüber. Nach einer Viertelstunde fasste Solaras sich ein Herz, legte behutsam Kalmes‘ schlafenden Körper im Sand ab und schlenderte zu ihm hinüber. Junge Leute wissen in allen Zeitaltern am besten Bescheid, was in einer Stadt so abläuft.

      »Guten Abend. Wie geht es dir, ist alles in Ordnung?«

      »Spar dir die Ansage. Kommst du von meinen Alten, oder was? Nichts ist in Ordnung! Meine Freundin hat mich wegen eines Anderen verlassen, okay?«, blaffte er unfreundlich und wendete seinen starren Blick wieder in Richtung Wasser.

      »Das tut mir sehr leid für dich. Hättest du einen Moment Zeit für mich? Ich würde dir gerne einige Fragen stellen.«

      Der Junge verdrehte die Augen. »Also bist du ein Bulle oder einer der Typen vom Ordnungsamt, ja? Ich weiß selber, dass Feiern am Strand verboten ist. Hatten wir alles schon. Ich will einfach nur in Ruhe hier sitzen, etwas Beruhigendes trinken und meinen düsteren Gedanken nachhängen, werde also weder ein Lagerfeuer anzünden noch den Strand zumüllen. Die Pulle nehme ich nachher wieder mit. War es das?«

      Solaras dachte kurz nach. »Nein, ich bin kein … Bulle … oder was auch immer du damit meinst. Einfach nur ein verunsicherter Mann, der sich in deiner Stadt nicht auskennt. Könntest du mir also behilflich sein?«

      Der Jugendliche mit der Strubbelfrisur grinste breit. »Ah, sag das doch gleich, du willst Drogen kaufen! Ich hab aber nichts dabei, also vergiss es.«

      »Drogen? Was hat hier nur jeder immerzu mit Drogen? Ich sagte doch, ich brauche nur Auskünfte. Sonst nichts«, rief Solaras entrüstet. Er hätte etwas drum gegeben, hätte er einschätzen können, was mit diesen Drogen gemeint war. Ein paar Meter weiter räkelte sich Kalmes stöhnend im Sand, drehte sich um und schlief weiter. Die Glückliche.

      Für ein paar Minuten herrschte Funkstille. Man hörte nur noch das Rauschen der Wellen. Aus der Ferne trug der Wind Lachen und Straßengeräusche herüber. Der Gepäckträger eines passierenden Fahrrades klapperte.

      »Na gut! Also, was willst du wissen? Die angesagten Clubs habe ich alle durchprobiert«, brüstete sich der Junge.

      »Nein danke, was immer so ein Club bietet! Es ist einfach so, dass ich lange Zeit außerhalb dieser Zivilisation verbracht habe. Ich kenne mich im Stadtleben nicht mehr aus. Also müsstest du mir bitte ein paar grundlegende Dinge erklären. Wie ich an eine Wohnung und an Arbeit komme, wie der normale Alltag hier abläuft, wie man sich richtig kleidet und so weiter. Meine Freundin da drüben und ich sind sonst vollkommen aufgeschmissen.«

      »Die ist deine Freundin? Ich hätte sie eher für deine Mutter gehalten. Sie hat doch bestimmt zwanzig Jährchen mehr auf dem Buckel als du. Na, soll jeder halten wie er denkt. Ich bin übrigens Aaron«, grinste er.

      »Freut mich. Solaras, ich stamme aus Nazareth. Und meine Begleiterin heißt Kalmes.«

      »Und wo habt ihr bis jetzt gelebt, wenn ihr noch nicht einmal eine Wohnung habt? Auf dem Mond?«, scherzte Aaron.

      »Fast richtig. Aber dazu möchte ich lieber keine genaueren Angaben liefern, es tut ohnehin nichts zur Sache. Also, hilfst du uns nun oder nicht?«

      »Verstehe … ihr habt euch anscheinend in einer abgelegenen Gegend versteckt gehalten. Na schön, ich stelle keine neugierigen Fragen. Darüber will ich ohnehin lieber keine Details wissen. Aber wenn es so ist, bin ich der falsche Ansprechpartner. Ich habe allerdings einen Kumpel, der eine Zeit lang auf der Straße gelebt und in seinem jungen Leben auch sonst so einiges durchgemacht hat. Habt ihr überhaupt gültige Papiere?«

      »Wir besitzen nur das, was wir auf den Körpern tragen.«

      ›Und ein paar tiberianische Gewänder sowie einen Holographen, der noch im geklauten Raumgleiter liegt‹, dachte Solaras insgeheim.

      »Himmel … ja, dann braucht ihr unbedingt Levis Hilfe. Ich kann ihn bitten, morgen Abend mit hierher zu kommen, wenn ihr wollt. Ihr dürft euch nur nicht gleich erschrecken. Er sieht ein wenig … unkonventionell aus.«

      »Kein Problem«, beeilte sich Solaras zu beteuern.

      *

      Am folgenden Nachmittag saßen Solaras und Kalmes schon gegen 15 Uhr am Strand, um Levi nur ja nicht zu verpassen. Was hätten sie auch sonst unternehmen sollen? Die Häuserschluchten erzeugten bei ihnen immer noch Furcht, das Geld war aufgebraucht und die eingekauften Lebensmittel vollständig verzehrt.

      »Was machen wir, wenn

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