Die Leiche im Hühnermoor. Gisela Garnschröder

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Die Leiche im Hühnermoor - Gisela Garnschröder

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wurde, aber ich wusste ja seit ein paar Tagen von der Toten und meine Gedanken befassten sich unablässig mit dem Mörder, den ich zu kennen glaubte, obwohl ich keinen Beweis dafür hatte.

      Es dauerte nicht lange, bis Arzt und Kripo eintrafen. Der Kommissar, ein Mann Ende dreißig, schlank, fast hager, mit dichten dunklen Haaren, stellte sich mit Hauptkommissar Tann vor. Er warf einen kurzen Blick auf die Leiche und kam dann zu mir.

      »Sie haben die Leiche entdeckt?«, vergewisserte er sich und zückte seinen Notizblock.

      Ich nickte stumm und sah ihn erwartungsvoll an. Anscheinend war er wohl der Ansicht, es sei an mir, mich zu äußern. So gab ich ihm meine Anschrift und meinen Namen und wartete auf seine Fragen.

      Er ging hingegen zu der Toten, die mit der grauen Decke verhüllt worden war, wechselte einige Worte mit dem Arzt und winkte mich heran. Zögernd folgte ich seiner Aufforderung.

      »Wann haben Sie die Tote gefunden, Frau Landner?«

      Da war sie, die Frage, die ich befürchtet hatte. Die ganze Zeit hatte ich gegrübelt, was ich darauf antworten sollte. Jetzt entschloss ich mich zur Wahrheit.

      »Am Dienstagmorgen, so gegen sechs Uhr in der Frühe.«

      Der Kommissar sah mich erstaunt an und seine braunen Augen waren aufmerksam auf mich gerichtet.

      »Am Dienstag?«, wiederholte er ungläubig und sein Notizblock glitt ihm aus der Hand. Er bückte sich schnell, hob ihn auf und ließ mich dabei nicht aus den Augen.

      Ich nickte bestätigtend und überlegte mir eine plausible Erklärung. Hörte mich dann zu meiner Überraschung sagen: »Am Dienstag habe ich mich über das Kleiderbündel aufgeregt und wollte es aus dem Schlamm ziehen, es war mir zu schwer. Zu allem Überfluss begann es zu regnen und ich gab auf. Heute Morgen habe ich es dann erneut versucht.«

      Kommissar Tann sah mich skeptisch an, notierte sich meine Aussage, schlug die Decke zurück, mit der die Leiche bedeckt war, und wollte wissen: »Kennen Sie die Tote?«

      Ich verneinte und bemühte mich angestrengt, nicht in das wässrig aufgedunsene Gesicht zu schauen. In diesem Moment kam der Arzt, der vorher zu seinem Wagen gegangen war, zurück und erklärte: »Wir haben in ihrer Jeanstasche ein kleines Portemonnaie gefunden. Es war eine Plastikkarte der Sparkasse Gütersloh darin. Sie heißt Sonja Bonder. Höchstwahrscheinlich erdrosselt. Bei dem Lederriemen handelt es sich wohl um eine Hundeleine.«

      Der Arzt war mittelgroß und schlank. Er machte auf mich einen gehetzten Eindruck. Sein Alter schätzte ich auf sechzig.

      »Können Sie bereits etwas über den Todeszeitpunkt sagen, Doktor?«, erkundigte sich Kommissar Tann und ich wartete gespannt auf die Antwort.

      Der Arzt hatte sich schon zum Gehen gewandt und zuckte die Schultern. »Ein paar Tage sicherlich, vielleicht auch eine Woche. Das muss die Obduktion klären. Sie lag zu lange im Wasser, um Genaueres sagen zu können.« Er holte tief Luft, sah auf die Tote, bückte sich, zog die Decke wieder über das Gesicht der Frau und eilte ohne ein weiteres Wort davon.

      Der Kommissar befasste sich nun mit mir. »Sind Sie sicher, diese Frau nie gesehen zu haben?«

      Ich ging in Gedanken erneut alle meine Bekannten durch und nickte. »Die Frau ist mir völlig unbekannt.«

      Der Kommissar sah mich an und holte zu einer weiteren Frage aus. »Sie waren Lehrerin in Gütersloh. Könnte es eventuell eine ehemalige Schülerin von Ihnen sein?«

      In diesem Moment hielt ein dunkler Kombi etwas entfernt an dem schmalen Fußweg, was mich einer Antwort enthob. Zwei Männer stiegen aus, holten einen Metallsarg aus dem Auto und kamen zu uns herüber. Sie legten die Tote hinein, gingen den Weg zurück, schoben die grausige Fracht in den Wagen und fuhren mit knappem Gruß zu den Beamten, die dort den Weg absperrten, davon. Einige Leute von der Spurensicherung streunten weiterhin durch das Gelände, fanden aber augenscheinlich nichts.

      Ich überlegte, ob ich von dem Bulli erzählen sollte, der vor Tagen etwas weiter im Gebüsch gestanden hatte, verwarf den Gedanken sofort und fragte stattdessen den Kommissar: »Kann ich gehen oder benötigen Sie mich noch?«

      Er war mit den Gedanken woanders, schrak ein wenig auf und lächelte schwach. »Gehen Sie nur, ich habe ja Ihre Adresse. Wenn Unklarheiten bestehen, melde ich mich.«

      Langsam verließ ich die Stätte des Grauens. Am Ende des Weges schaute ich mich um. Kommissar Tann war an den Rand des Moores getreten und sprach mit einem Kollegen der Spurensicherung. An ihren Mienen konnte ich selbst auf diese Entfernung sehen, dass sie nichts Außergewöhnliches gefunden hatten. Erst jetzt bemerkte ich, dass die Sonne hoch am Himmel stand, kaum eine Wolke zu sehen war und ein Blick zur Uhr sagte mir, dass es schon elf Uhr durch war. Ich schaute einem Sperber nach, der fast direkt über mir flatternd in der Luft stand und nach Beute Ausschau hielt. Plötzlich drehte er ab und flog davon.

      So einen Überblick müsste man haben, von ganz da oben, und natürlich das gute Auge des Sperbers, der selbst eine Maus aus der Entfernung erkennen konnte, dachte ich und grübelte auf dem Heimweg darüber nach, wo ich schon einmal diesen dunkelroten Granatohrring gesehen hatte.

      Es war am nächsten Tag um drei Uhr in der Frühe, als ich aufwachte und es mir schlagartig einfiel: Im letzten Sommer hatte ich einen Einkaufsbummel in Gütersloh gemacht und nach mehrstündigem Gang durch die Geschäfte bekam ich Lust auf ein leckeres Eis und ich setzte mich an einen Tisch vor einer Eisdiele am Dreiecksplatz. Eine Kellnerin, bekleidet mit weißer Bluse und schwarzem, langem Rock und einer ebenso schwarzen Schürze, erkundigte sich nach meinen Wünschen. Sie trug ihr blondes Haar hochgesteckt und an ihren Ohren hingen rote Ohrringe in der Form eines Tropfens. Ähnelten sie nicht dem, den ich bei dem Mordopfer am linken Ohr gesehen hatte?

      Ich konnte mich nicht mehr so genau erinnern, sprang aus dem Bett, ging in die Küche und trank ein Glas Wasser. Wie es meine Art war, hatte ich kein Licht gemacht und sah durch das Küchenfenster hinaus. Ein sternenklarer Himmel hob sich leicht von den hohen Eichen des Hofes ab, deren Wipfel sich sanft im Wind bewegten. Gemächlich ging ich mit dem Glas in der Hand durch das dunkle Haus bis zur Terrasse auf der anderen Seite, öffnete weit die Tür nach draußen und setzte mich auf die hölzerne Bank neben der Tür. Tief atmete ich die frische Nachtluft ein und überlegte, ob die Eisverkäuferin die Tote sein könnte.

      Ein merkwürdig heulendes Geräusch ließ mich zusammenfahren. Einen Moment lang hielt ich den Atem an, dann vernahm ich es wieder. Es klang wie ein entfernter, lang gezogener Sirenenton, fast wie das Heulen eines Wolfes. Schlagartig fiel mir ein, dass es der Welpe von Liedmanns sein musste, dessen Mutter kürzlich von einem Auto überfahren worden war, und das Tier jaulte nach seiner Mutter. Liedmanns hatten versucht, für ihn eine Hundeamme zu finden, was allerdings bisher nicht gelungen war, und so blieb ihnen nur der Versuch, das Junge mit der Flasche aufzupäppeln. Trotzdem hatte das Tierchen Heimweh nach der Mutter, was es mit durchdringendem Gewinsel zum Ausdruck brachte.

      Mein Glas war leer, ich stellte es auf dem Gartentisch ab und ging auf der steinernen Terrasse auf und ab. Nach kurzer Zeit gab ich das Grübeln auf und beschloss, am Morgen in die Stadt zu fahren und der Sache auf den Grund zu gehen. Mit diesem Gedanken ging ich zu Bett und schlief tatsächlich noch einmal fest ein.

       II

      Herzhaft gähnend öffnete Hauptkommissar Tann die Tür zu seinem Büro im Kommissariat an der Herzebrocker Straße und setzte als Erstes die Kaffeemaschine in Gang. Erst danach schaltete er den Computer ein und sah flüchtig die Post durch. Er war

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