Der Mord am Pulverbach. Gisela Garnschröder

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Der Mord am Pulverbach - Gisela Garnschröder

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gelaufen, und ging nun unruhig im Wohnzimmer auf und ab. Die beiden Uniformierten waren ihr gefolgt und die junge Frau legte den Arm um Christas Schultern.

      »Der junge Mann, den wir gefunden haben, hatte einen Verkehrsunfall. Ein Lehrer des Gymnasiums in Steinhagen hat uns ihre Anschrift mitgeteilt.« Christa blieb stehen.

      »Ich habe es im Radio gehört«, flüsterte sie geschockt, »Ich wollte Sie gerade anrufen. Ist…«, sie stockte. »Ist er tot?« Die Beamtin nickte und Christa ließ den Tränen freien Lauf. Die Beamtin hielt sie umschlungen. Christa bemerkte es nicht. Nach einigen Minuten erklärte die Polizistin:

      »Es ist nicht sicher, dass es Ihr Sohn ist. Er wurde noch nicht identifiziert.« Ein Ruck ging durch die Gestalt von Frau Wiener, sie straffte die Schulten und blickte auf.

      »Er ist nicht nach Hause gekommen. Und die Beschreibung passt zu ihm. Er hat einen Leberfleck am rechten Ohrläppchen.« Sie war jetzt etwas ruhiger.

      »Kann ich ihn sehen?« Die Beamtin nickte wiederum.

      »Jemand muss ihn identifizieren. Trauen Sie es sich zu, oder sollen wir jemand anderen bitten?« Frau Wiener wischte sich mit einem Taschentuch durch das Gesicht und holte tief Luft.

      »Ich komme mit.« Sie ging nach nebenan, kleidete sich hastig um und holte ihren Mantel. Bisher hatte der Polizeibeamte seiner Kollegin das Feld überlassen und verlegen der Unterhaltung gelauscht, nun setzte er seine Dienstmütze zurecht, öffnete die Haustür und ging zum Einsatzwagen. Seine Kollegin folgte ihm, Frau Wiener im Arm.

      Nach einem gemütlichen Wochenende zu Hause wurde Josef Tann gleich am Montagmorgen wieder mit den unangenehmen Seiten seines Berufes konfrontiert. Auf seinem Schreibtisch fanden sich die Bilder des Autounfalls von Freitagnacht und der Bericht der Rechtsmedizin, wodurch er seine Einschätzung, dass der Tote vor den Unfall an beiden Händen Fesseln getragen hatte, bestätigt sah. Gerade als er seinen Kollegen Alfons Weiß, der einige Tage Urlaub hatte, anrufen wollte, kam dieser ihm zuvor. Er hatte sich das Bein gebrochen und würde mehrere Monate ausfallen. Tann wünschte ihm eine gute Genesung und widmete sich wieder dem Bericht der Rechtsmedizin, als Polizeirat Brunger in Begleitung einer Frau mit leuchtend rotem Kurzhaarschnitt sein Büro betrat.

      »Wie steht es mit dem Unfalltoten? Schon erste Ergebnisse?«

      Tann runzelte die Stirn. Er hasste es, nach so kurzer Zeit in Anwesenheit vor Fremden eine Erklärung abgeben zu müssen. Murmelnd reichte er Brunger ein Blatt:

      »Der Bericht der Rechtsmedizin. Wie ich schon vermutete, war der Junge vor dem Unfall an beiden Händen gefesselt, außerdem soll er einen Knebel getragen haben, am Mund wurden Spuren von Leukoplast gefunden. Am rechten Fuß war eine Schwellung, der junge Mann hatte sich den Fuß umgeknickt. Wir müssen davon ausgehen, dass der Schüler absichtlich überfahren wurde.«

      Brunger warf einen flüchtigen Blick auf den Bericht und erklärte:

      »Da ist nichts zu machen. Übrigens, Kollege Weiß hat sich krank gemeldet, Beinbruch. Sie benötigen dringend Unterstützung.« Tann blickte auf die junge Frau an Brungers Seite, grinste plötzlich und reichte ihr die Hand.

      »Himmel, Vera, du hast dich aber verändert.« Die Angesprochene grinste zurück und fuhr mit der Hand durch ihr rotes Haar.

      »So sieht man mich wenigstens schon von weitem.«

      Brunger stand etwas ratlos dabei, sah von einem zum anderen und räusperte sich vernehmlich.

      »Wie ich sehe, Sie kennen sich noch.« Mit einem Blick auf die junge Frau wandte er sich zur Tür: »Wenn Sie Schwierigkeiten haben, Frau Senft, ich bin immer für Sie da.« Eilig verschwand er aus dem Raum und überließ die beiden sich selbst. Vera Senft sah ihm nach und lachte:

      »Der gute Brunger hat sich wirklich nicht verändert.«

      Tann, der sich an Veras Haarpracht nicht sattsehen konnte, lachte ebenfalls.

      »Du aber umso mehr«, sagte er. »Ich habe dich nicht erkannt, als du hereinkamst.«

      Vera Senft setzte sich ihm gegenüber, errötete leicht und warf einen schnellen Blick auf den Bericht der Rechtsmedizin. Tann nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz und betrachtete sie abwartend. Vera hatte als pummeliges Mädchen mit langen, blonden Haaren bei ihm die Ausbildung absolviert, nun sah er sich einer schlanken, sportlichen Frau mit raspelkurzem Haarschnitt gegenüber. Vera ließ sich von Tanns Begutachtung nicht stören, studierte gründlich den Bericht, legte ihn dann zur Seite und meinte:

      »Der Junge war erst siebzehn. Habt ihr schon den Namen?« Tann nickte.

      »Einziger Sohn einer Krankenschwester. Er heißt Volker Wiener. Die Mutter lebt im Außenbereich von Brockhagen in einer kleinen Dachwohnung. Sie hat den Jungen identifiziert.«

      »Wie schrecklich. Die arme Frau.«

      Tann stand auf und holte seine Jacke.

      »Er hat das Steinhagener Gymnasium besucht. Ich möchte mich da ein wenig umhören. Du kannst mitfahren.«

      »Natürlich«, gab Vera zur Antwort und gemeinsam gingen sie zu Tanns Wagen.

      Tann startete, sah Vera Senft von der Seite an und erkundigte sich:

      »Wie war es denn so im Präsidium in Bielefeld?«

      Vera Senft hatte nach der Ausbildung ein Jahr lang Tanns Team verstärkt und sich dann für einige Zeit nach Bielefeld versetzen lassen.

      »Interessant. Ich habe dort bei der Prävention gearbeitet. Besonders die Vorbeugung von Jugendkriminalität, speziell in Verbindung mit Alkohol und Drogen.«

      »Dann bist du jetzt bei mir gerade richtig.«

      »Du glaubst wirklich, zwischen dem Unfall und der Tatsache, dass der Junge gefesselt war, besteht ein Zusammenhang?« Tann nickte und konzentrierte sich auf den Verkehr.

      Wenig später bog er auf den Parkplatz des Steinhagener Gymnasiums ein. Das Gebäude fiel durch sein riesiges, gläsernes Rondell sofort ins Auge. Tann machte sich gleich auf den Weg ins Schulbüro, wobei er einen schnellen Schritt vorlegte, aber Vera Senft folgte ihm mühelos.

      »Noch sportlicher als früher!«, stellte er anerkennend fest und fuhr fort: »Nur deine Haare sind wirklich grausam.«

      Sie grinste frech, gab aber darauf keine Antwort.

      Zielstrebig gelangten sie zum Sekretariat und Tann stürmte nach kurzem Klopfen hinein. Jutta Weigel, die Schulsekretärin, zog empört die Brauen hoch und beendete etwas abrupt ihr Telefongespräch.

      »Was fällt Ihnen ein, hier so herein zu platzen?« Tann strich sein dunkelbraunes Haar aus der Stirn, was dringend einen Schnitt benötigte, und hielt ihr seinen Ausweis unter die Nase.

      »Kripo. Ist der Rektor zu sprechen?«

      Die Sekretärin atmete heftig aus, als habe sie in ihrem Ärger über die Störung sekundenlang die Luft angehalten, sah Tann genervt an und antwortete hastig:

      »Keine Ahnung. Er ist außer Haus, mehr weiß ich auch nicht.«

      Vera Senft lächelte die Schreibtischdame an und erkundigte sich:

      »Ist Ihnen

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