Der Mord am Pulverbach. Gisela Garnschröder
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Читать онлайн книгу Der Mord am Pulverbach - Gisela Garnschröder страница 6
»Du hast recht. Aber ich mache mir auch Gedanken, warum ein Siebzehnjähriger zu der späten Stunde allein durch die Gegend fährt.«
»Hat seine Mutter nichts gesagt?«
»Sie ist Nachtschwester im Städtischen Krankenhaus in Gütersloh. Als sie gegen neun Uhr am Donnerstagabend das Haus verlassen hat, war ihr Sohn noch da. Sie hatte keine Ahnung, dass er noch weg wollte.«
Vera hatte sich in den Stuhl vor Josef Tanns Schreibtisch geworfen, wobei sie ihre langen Beine ungeniert von sich streckte. Sie las noch einmal den Bericht der Rechtsmedizin durch, und Tann beobachtete sie schweigend. Zur schmalen, dunkelbraunen Hose trug sie einen braunen Pulli und eine dazu passende, beigefarbene Weste. Tann stellte insgeheim fest, dass ihr Outfit gut zu ihren grell rot gefärbten Haaren passte und er überlegte, ob seine Frau, die von Natur aus über üppiges, rotes Haar verfügte, was ihr bis auf die Schultern fiel, auch bereit wäre, das Tomatenrot von Vera auszuprobieren. Bei diesem Gedanken musste er unbewusst grinsen und Vera, die es auf sich bezog, fauchte ihn an: »Was gibt‘s denn da zu lachen?«
Er setzte sich aufrecht und war gleich wieder ernst:
»Ich war mit den Gedanken etwas abgeschweift. Hatte nichts mit unserm Fall zu tun.« Vera zog die Brauen hoch, legte den Bericht zur Seite und meinte nachdenklich:
»Ist dir aufgefallen, dass der Tote am Pulverbach etwa um die gleiche Zeit starb, wie der Schüler?«
»Natürlich. Deshalb bin ich fast sicher, dass der Schüler etwas gesehen hat und dabei erwischt wurde.«
»Wenn der Schüler von den Baustellenräubern gefesselt wurde, hätte die Spurensicherung doch etwas finden müssen. Im Bericht steht, dass der Junge an den Handgelenken Spuren eines Sisalstrickes an der Haut hatte. Die Spurensicherung am Pulverbach hat nichts dergleichen ergeben.«
»Es hatte am Wochenende stark geregnet, und rund um den Bauwagen war da nichts.« In einer plötzlichen Eingebung stand Tann auf und sagte:
»Du hast recht. Wir fahren noch mal hin.«
Vera erhob sich langsam und schüttelte den Kopf: »Jupp, das bringt doch nichts. Wenn die Spurensicherung nichts gefunden hat, finden wir auch nichts.«
»Man kann nie wissen!«, grinste Tann und war schon an der Tür.
Vera hechelte hinterher, machte einen Abstecher in ihr Büro und holte ihn erst auf dem Parkplatz ein.
»Hey, kannst du nicht warten?«, fauchte sie und warf sich schmollend auf den Beifahrersitz. Tann startete ungerührt und stellte mit einem Seitenblick auf seine Kollegin fest:
»Deine Kondition scheint doch nicht so gut zu sein, wie ich gedacht habe.«
»Mistkerl! Du weißt genau, dass ich noch in meinem Büro war«, lachte Vera auf und vertiefte sich in ihren Taschenspiegel, um die Lippen nach zu ziehen. Tann fuhr wortlos links auf die Herzebrocker Straße und nahm am Nordring die Spur Richtung Bielefeld, bog dann an der Brockhagener Straße ab. Als sie Blankenhagen passiert hatten, packte Vera energisch ihre Tasche unter den Sitz und meinte:
»Wir könnten doch vorher bei Cora Meier vorbeifahren. Sie wohnt in Niehorst und kann uns vielleicht sagen, was Volker Wieners zu so später Stunde in Steinhagen gemacht hat.«
»Keine schlechte Idee. In der Schule konnte man uns da ja nicht weiterhelfen.«
Wenige Minuten später standen sie vor einem gepflegten Häuschen am Lühnstroths Weg.
Eine Frau mittleren Alters öffnete und rief sichtlich überrascht aus:
»Polizei? Ist etwas passiert?«
»Frau Meier?« Die Angesprochene nickte. Vera hielt ihren Ausweis hoch und erklärte: »Es geht um den Unfalltod von Volker Wiener. Ihre Tochter soll ihn näher gekannt haben. Könnten wir sie einmal sprechen?«
»Was hat denn der Unfall mit unserer Cora zu tun?«
»Gar nichts«, beruhigte Vera während Josef Tann sich schweigend umschaute. »In der Schule hat man uns berichtet, ihre Tochter sei näher mit dem jungen Mann bekannt gewesen.« Die Frau seufzte.
»War ein ordentlicher Junge, der Volker. Die beiden haben zusammen Mathematikaufgaben gemacht. Dem Fahrer sollte man den Schein wegnehmen.« Sie trat ins Haus und rief: »Cora!«
Oben knallte eine Tür und eine Stimme erklang: »Was ist, Mama?«
»Komm herunter!«
Cora Meier war schlank, etwa eins siebzig groß und hatte blondes, lockiges Haar. Gelangweilt kam sie die Treppe herunter und zuckte leicht zusammen, als sie die Beamten sah.
»Was ist denn?«, erkundigte sie sich etwas unwillig.
Tann und Senft zeigten fast gleichzeitig ihre Ausweise und der Hauptkommissar erklärte:
»Wir kommen wegen des Unfalls an der Vennorter Straße. Kannten Sie Volker Wieners?«
Cora wurde ein wenig blass antwortete aber sofort:
»Wir haben zusammen Mathe gemacht. «
»Können Sie sich vorstellen, was Volker in der Nacht zum Freitag in Steinhagen gemacht hat?« Cora zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.«
»Was hatte er denn für Hobbys?«
»Ich weiß nicht. Karten hat er gespielt. Manchmal ist er gejoggt.«
Tann horchte auf.
»Karten gespielt? Wo? Mit wem? Hat er davon erzählt?«
Cora überlegte.
»Doppelkopf. Mit seinen Freunden. Die sind aber nicht mehr auf der Schule.«
»Wissen Sie die Namen?«
»Er hat selten davon gesprochen. Nur wenn er gewonnen hat. Meistens hat er verloren.« Sie lächelte schwach. »Die Mitspieler wohnen alle in Steinhagen. Sie haben sich nur hin und wieder getroffen.«
Vera zog die Lippe zwischen die Zähne und überlegte einen Moment, dann erkundigte sie sich: »Wusste seine Mutter nichts davon?«
»Keine Ahnung, die arbeitet immer.«
»Waren Sie schon dort in seiner Wohnung?«
Cora warf einen kurzen Blick zu ihrer Mutter hinüber und antwortete leise: »Nein.«
Die Beamten verabschiedeten sich und als sie gerade ins den Wagen einsteigen wollten, kam Cora hinaus und sagte: »Tim, einer der Kartenspieler heißt Tim.« Vera bedankte sich und reichte ihr eine Visitenkarte:
»Wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, melden Sie sich bitte bei mir.«
Cora steckte die Karte ein, nickte der Beamtin zu und schaute dem Wagen nach, bis er um die nächste Kurve verschwunden war.
Tann fuhr wieder auf die Brockhagener Straße, überholte einen Kleinlaster und murmelte:
»Hat