Männerdämmerung. Frank Krause

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Männerdämmerung - Frank Krause

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auch nur in seine Nähe kommen und sich womöglich infizieren würde, ist schwer vorstellbar. Ob irgendjemand von uns sich ausmalen kann, was es bedeutet, so total isoliert zu sein, wie dieser Aussätzige?

      Nun, ehe wir abwinken, sollten wir uns die Klagen zahlloser Ehefrauen anhören, die wie im Chor ein Lied darüber singen können, dass ihr Mann so schrecklich unberührbar ist, sie nicht an sich ranlässt, ihr Herz vor ihnen verbirgt, ihnen nicht mitteilt, was wirklich in ihm vor sich geht und genau wie der Lepröse ständig nonverbal die Botschaft ausstrahlt: „Rühr mich nicht an! Lass mich in Ruhe! Lauf mir nicht hinterher!“ Viele Männer sind an eine Menge Isolation gewöhnt und spielen sehr gekonnt die Nummer „einsamer Wolf“. Und vielen wurde offenbar auch nicht beigebracht, wie das Wort „Kommunikation“ buchstabiert wird. Ihr Aussatz ist nicht äußerlich, sondern innerlich. Dort, in ihrem Inneren, sind sie krank an Unberührbarkeit, ohnmächtig und verwirrt – und darum geneigt, jeden anzuknurren, der sich ihnen nähert.

      Und „Jesus streckte die Hand aus und rührte ihn an: ‚Sei rein!‘“ Wieder liest sich dieser kleine Satz so schnell, dass uns vielleicht nicht bewusst wird, welche ungeheure Dramatik darin liegt. Mit dieser Berührung tat Jesus sowohl das Undenkbare als auch das Verbotene! Diese Worte waren es, die für den Aussätzigen die „Reset-Taste“ auslösten und die Zeit auf null drehten. Für den Mann wendete sich das grauenhafte Lepra-Schicksal, brach ein neuer Tag an und eine neue Identität wurde ihm zuteil: Er wurde vom Aussätzigen wieder zu einem menschlichen Individuum. In einem Moment. DAS nenne ich Transformation. Das nenne ich eine Revolution Gottes. Die Macht Gottes stürzte die Herrschaft der Krankheit um und befreite den Mann dazu, wieder ein Mensch zu sein. Großartig!

      Solange Männer die direkte Berührung mit Jesus und seine Macht über ihren unheilbaren Zustand nicht erleben, solange sie nicht erfahren, dass Jesus für sie das „Undenkbare und Verbotene“ tut, wird es keine Männerdämmerung geben und alles beim Alten bleiben.

      Und es geschah an einem der Tage, dass er lehrte, und es saßen da Pharisäer und Gesetzeslehrer, die aus jedem Dorf von Galiläa und Judäa und aus Jerusalem gekommen waren; und des Herrn Kraft war da, damit er heilte. Und siehe, Männer bringen auf einem Bett einen Menschen, der gelähmt war; und sie suchten, ihn hineinzubringen und vor ihn zu legen. Und da sie nicht fanden, auf welchem Weg sie ihn hineinbringen sollten, wegen der Volksmenge, stiegen sie auf das Dach und ließen ihn durch die Ziegel hinab mit dem Bett in die Mitte vor Jesus. Und als er ihren Glauben sah, sprach er: Mensch, deine Sünden sind dir vergeben … (Lk 5,17-20).

      Und er sprach zu dem Gelähmten: Ich sage dir, steh auf und nimm dein Bett auf und geh nach Hause! Und sogleich stand er vor ihnen auf, nahm auf, worauf er gelegen hatte, und ging hin in sein Haus und verherrlichte Gott. Und Staunen ergriff alle, und sie verherrlichten Gott und wurden mit Furcht erfüllt und sprachen: Wir haben heute außerordentliche Dinge gesehen (Lk 5,24-26).

      Man stelle sich einmal vor, was die Worte Jesu für diesen gelähmten Mann bedeuteten. Für ihn, den Betreuungsfall, volle Pflegestufe, Inkontinenz, Kontraktionen, Schmerzen – dessen Tag darin besteht, dazuliegen und an die Decke zu starren, waren die Worte „Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause!“ die Reset-Taste, die Stunde null, der Neuanfang des Lebens. Ein einziger Satz definierte sein Leben neu. In einem Moment verwandelte er sich vom Pflegefall zurück zum eigenständigen Individuum. Das Alte war nun vorbei, Neues war geworden. Und das nicht nur für den „Patienten“, auch für seine Familie und seine Freunde. Das ist Transformation. Das ist wirklich und wahrhaftig die Revolution des Evangeliums.

      Wiederum können wir ohne Mühe die Situation des Gelähmten auf uns moderne Männer übertragen. Ist die Lähmung auch zumeist nicht äußerlicher Natur, so fühlen sich doch zahllose Männer genauso gehandicapt und bewegungsunfähig wie dieser „Pflegefall“. Sie wollen mit Kraft handeln und laufen, etwas Bedeutungsvolles tun und „Berge versetzen“, finden sich jedoch nach einem langweiligen Tag im Büro mit Chips und Bier im Fernsehsessel wieder, wo sie nur noch anderen Männern zuschauen, die mutig Heldentaten vollbringen. Aber selbst im TV verschwinden die Helden zusehends und machen Platz für die Heldinnen, die jetzt den Kampf um die Gerechtigkeit führen. Ach, hätten wir nur solche Freunde wie dieser Gelähmte, die uns vor die Füße Jesu legten! Dort würde auch unser Schicksal sich wenden, wenn wir die Worte hörten: „Mann, deine Sünden sind dir vergeben!“

      Jesus vergibt uns die Sünden nicht, damit wir dieselben bleiben wie vorher mit einem etwas besseren Gewissen und der Hoffnung, einmal in den Himmel zu kommen. Wenn die Vergebung nicht das Alte entmachtet und das Neue ermächtigt, dann haben wir kein richtiges Verständnis von der Kraft des Evangeliums und dem Ziel, welches Gott mit der Vergebung der Sünden verfolgt. Vergebung ist kein Selbstzweck. Wenn wir nicht aufstehen aus unserem Leben der Ereignislosigkeit, des Aussatzes und der Lähmung und in der Kraft des Evangeliums von Jesus Christus andere Menschen werden, dann ist unsere Idee vom Christsein und der Sündenvergebung dringend korrekturbedürftig. Das Evangelium ist eine Revolution.

      Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden … (Röm 1,16).

      Was für ein „Heil“ ist hier gemeint? Dass wir alle dereinst einmal in den Himmel kommen? Das wird ja vielerorts so gepredigt. Aber die vier Freunde hatten Glauben für hier und jetzt und nicht erst für den Himmel. Dies bewiesen sie mit dem Abdecken des Daches ja sehr anschaulich und praktisch. Ihre Erwartung an Jesus war schon ohne Worte völlig klar. Sie brauchten das Heil jetzt, denn ihr Freund war jetzt gelähmt. Er brauchte die Heilung nicht erst später im Himmel, sondern hier auf Erden. Ein Evangelium, welches alle Leidenden auf das Jenseits vertröstet, ist makaber und nicht wirklich als ein „Evangelium“ zu bezeichnen. Das Evangelium ist Gottes Kraft jedem Glaubenden zum Heil. Es heißt nicht, es wird … sein, sondern „es ist“. Die Freunde des Gelähmten erlebten die Erfüllung von Römer 1,16. Das Evangelium war ihnen nicht Vertröstung auf später, sondern wirklich Gottes Kraft zum Heil ihres gelähmten Freundes.

      Dies zu verstehen ist für uns sehr wichtig. Das Evangelium will erlebt werden. Es will zur Anwendung kommen. Es ist „Gottes Kraft zum Heil“! Jesus ging in dieser Kraft umher und brachte überall, wohin er kam, diese Kraft mit, die das Schicksal der Menschen wendete und ihr Leben transformierte. Das ist die Kraft des Heiligen Geistes, die nicht erst im Himmel wirkt, sondern die hier und heute Verlierer zu Gewinnern macht, Aussätzige zu Menschen und Gelähmte zu Laufenden.

      Jesus von Nazareth, wie Gott ihn mit Heiligem Geist und Kraft gesalbt hat, der umherging und wohltat und alle heilte …, denn Gott war mit ihm (Apg 10,38).

      Ein Evangelium ohne die Salbung mit Heiligem Geist und Kraft ist ein anderes Evangelium als das der Heiligen Schrift. Dies muss uns dringend klar werden, damit wir nicht am Eigentlichen vorbeigehen und uns mit einem kraftlosen Imitat abgeben. Paulus warnt uns ganz ausdrücklich davor, zwar eine „Form der Gottseligkeit zu haben, aber deren Kraft zu verleugnen“ (vgl. 2. Tim 3,5). Das Evangelium bedeutet in seiner Essenz: „Gott selbst kommt in Christus Jesus zu uns mit Heiligem Geist und Kraft, um in unser Leben Wohltat und Heilung zu bringen.“ Und wenn wir das empfangen haben, dann können wir es auch weitergeben.

      Die erlebte Güte Gottes an einem gelähmten Mann versetzte die Menschen damals in völliges Erstaunen und ließ sie Gott verherrlichen. Dies sind die Reaktionen, die dem „richtigen“ Evangelium normalerweise folgen. Dass Menschen gelangweilt in Kirchenbänken sitzen und die Predigt „über sich ergehen lassen“ ist in vollkommener Weise unbiblisch und dem Evangelium gänzlich zuwider. Wenn wir an solch einen verkehrten Zustand auch noch so sehr gewöhnt sein mögen, macht es die Sache nicht besser, sondern umso schlimmer. Dass wir uns erlauben, ein Evangelium zu verkündigen, welches keine Kraft mehr zu bieten hat für die Kranken und Zerbrochenen, ist ein Unding. Eine solche Verkündigung ist nicht in Einklang zu bringen mit der Schrift; wir müssen sie dazu schon sehr verbiegen

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