Kein Lord wie alle anderen. Inka Loreen Minden

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Kein Lord wie alle anderen - Inka Loreen Minden

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gehört«, murmelte Izzy.

      »Kann sein. Mr Turner war wohl öfter beim alten Lord Wakefield eingeladen. Die beiden verstanden sich angeblich ganz gut. Mr Turner hat mich letzte Woche besucht und mir zum Titel gratuliert. Er ist in meinem Alter und arbeitet in London als Landschaftsarchitekt, gestaltet private Parks und die Gärten der Reichen.«

      »Oh, er wäre eine interessante Bekanntschaft für Papa. Er vergöttert seinen verrückten Garten.«

      Henry lächelte. »Ich habe die Follies auch schon bewundert. Vor allem den Nachbau der römischen Ruine finde ich sehr gelungen.«

      »Ich liebe das kleine Amphitheater«, gestand ihm Izzy und konnte kaum den Frühling erwarten, um wieder auf den Steintreppen in der Sonne zu sitzen und ein Buch zu lesen.

      Als die Musik verstummte, fühlte sie ein wenig Enttäuschung aufsteigen, denn Rowena zerrte den nächsten Tanzpartner auf Izzys Liste regelrecht im Zickzackkurs durch die Gäste in ihre Richtung: Lord Rutherford, wenn sie sich nicht irrte. Der Mann war über fünfzig – und bei bester gesundheitlicher Verfassung, wie es schien. Izzy würde wohl mit ihm tanzen müssen. Rowenas energischer Blick duldete keinen Widerspruch. Dabei hätte sich Izzy so gerne noch länger mit Henry unterhalten. Gerade jetzt wurde es spannend!

      »Ich habe unser Gespräch wirklich sehr genossen, Miss Norwood«, sagte er schnell, nun wieder förmlich, und erhob sich kurz nach ihr.

      Izzy lächelte ihn sanft an. Hoffentlich hatte sie ihm das Unwohlsein ein wenig vertreiben können. »Die Freude lag ganz auf meiner Seite, Mylord. Vielleicht finden wir später noch einmal Zeit, um unsere Unterhaltung fortzuführen.«

      Als sich seine Brauen fragend hoben, setzte sie schnell hinzu: »Als Freunde!«

      Henry schmunzelte und sagte so leise, dass es niemand sonst hören konnte: »Natürlich, meine neue beste Freundin.« Dabei beugte er sich so nah zu ihr, dass sie seinen angenehmen Duft wahrnahm.

      Plötzlich stand Lord Rutherford bei ihnen, und Henry wurde von Rowena in Beschlag genommen. Sie zog ihn von ihr weg, und Izzy befand sich mit dem Adligen allein am Rande des Parketts.

      »Lord Rutherford!«, begrüßte sie den ergrauten Mann lächelnd, der noch mehr Haare auf dem Kopf hatte als ihr lieber Herr Papa. »Sie sind also der Nächste auf meiner Tanzkarte.«

      »In der Tat, meine liebe Miss Norwood.« Als er grinste, zeigte er erstaunlich gerade und helle Zähne. »Auf einen Tanz mit Ihnen freue ich mich schon den ganzen Tag.«

      Oh je, Penny hatte wohl recht. Es gab anscheinend wirklich Männer, die Interesse an ihr hatten.

      Ihre Freundin stand ein paar Meter hinter Lord Rutherford, fächerte sich Luft zu und blinzelte mehrmals in Izzys Richtung. Das war ihr geheimes Zeichen, dass Penny ihr etwas Wichtiges mitzuteilen hatte.

      »Lord Rutherford!«, stieß Izzy so laut hervor, dass sich einige Gäste zu ihnen umdrehten. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir eine Limonade zu holen? Ich könnte eine Erfrischung vertragen.«

      Er nickte lächelnd und eilte davon.

      Schon trat Penny zu ihr. »Ich habe dich mit Lord Wakefield beobachtet, Izzy. Du scheinst dich sehr gut mit ihm unterhalten zu haben. Warum habt ihr nicht getanzt?«

      »Ich glaube, er hat Schmerzen im Bein.«

      »Wegen einer Kriegsverletzung?«

      »Vermutlich.«

      Penny blickte sie ehrlich empört an, während sie sich wild Luft zuwedelte. »Du weißt es gar nicht? Worüber habt ihr denn die ganze Zeit geredet?«

      »Wir haben erst lange über mich gesprochen, und als es wirklich interessant wurde, war die Quadrille schon wieder vorbei.«

      »Schon?« Penny ließ sich ein wenig undamenhafter als sonst auf dem Stuhl nieder. »Ich bin völlig außer Atem. Ich kann verstehen, dass du eine längere Pause gebraucht hast. Du tanzt heute bereits den ganzen Abend!«

      »Ich gestehe, ich würde mich gerne noch länger mit Lord Wakefield unterhalten.« Izzy blickte sich um und entdeckte ihn neben Lord Hastings und seiner Frau. Emily sagte etwas zu ihm, und er nickte, wobei sich nur sein rechter Mundwinkel ein bisschen hob. Immerhin schien er jetzt besser gelaunt zu sein als zuvor. Dadurch wirkte er gleich weniger finster.

      »Bei dir hat er oft gelächelt«, flüsterte Penny ihr fröhlich zu. »Eigentlich zum ersten Mal an diesem Tag. Doch wenn ich ehrlich bin, finde ich ihn immer noch angsteinflößend. Er steht stramm wie ein Offizier und …«

      »Er war ja auch ein Offizier«, unterbrach Izzy sie. »Ein Captain, soweit ich gehört habe.«

      Penny nickte eifrig. »Er soll erst in der Armee gedient und sich später der Ostindien-Kompanie angeschlossen haben. Bestimmt versteckt er eine Waffe unter seinem Rock.«

      Izzy lachte. »Du hast eine noch blühendere Fantasie als ich.«

      Penny grinste verschmitzt. »Was dachtest du denn, was er unter seinem Rock versteckt?«

      Plötzlich stieg eine unglaubliche Hitze in Izzy auf, als sie sich Henry nackt vorstellte. In der Bibliothek hatte sie ein Anatomiebuch gefunden und wusste, wie ein erwachsener Mann aussah. Außerdem hatte sie in der Eingangshalle des Hauses von Pennys Eltern mehr als einmal die römische, fast völlig unbekleidete Männerstatue studiert. Vor allem die breiten Schultern und schmalen Hüften hatten sie fasziniert, warum auch immer. Im Grunde unterschied sich ein Mann auch nicht so sehr von einer Frau, bis auf ein gewisses … Anhängsel.

      »Penelope Clearwater, woher kommen plötzlich diese schmutzigen Gedanken?«, fragte Izzy übertrieben entsetzt.

      »Ashtons Anwesenheit bringt mich völlig durcheinander«, gestand ihr Penny, wobei ihr Gesicht hinter dem Fächer knallrot anlief. »Izzy, ich bin so furchtbar aufgeregt wegen der Hochzeitsnacht.«

      Izzy setzte sich neben sie und legte einen Arm um ihre Schultern. »Das haben wir doch schon besprochen. Wenn der Mann rücksichtsvoll ist, tut es angeblich nicht weh, und ich glaube, dein Earl ist ein guter Mann. Außerdem habe ich dich letzten Monat zu Bauer Smither mitgenommen und du hast gesehen, wie es funktioniert.«

      Penny riss die Augen auf. »Das waren Kühe, Izzy!«

      »Recht viel anders ist es bei den Menschen auch nicht«, murmelte sie. Der Mann stürzte sich regelrecht auf die Frau und »vergnügte« sich so lange, bis er seinen Samen vergossen hatte. »Also … vielleicht überlegst du dir das noch mal wegen der Hochzeit, wenn du Vorbehalte hast.«

      Penny schmunzelte. »Ich werde keinen Rückzieher machen. Ich habe heute Morgen meine Zofe Trish gefragt, ob sie etwas über das Thema weiß. Sie sagt, sie hätte eines unserer Zimmermädchen mit dem Knecht gesehen, und es machte den Eindruck, als würde es der Frau sehr gefallen.«

      Das konnte sich Izzy beim besten Willen nicht vorstellen, obgleich sie natürlich hoffte, dass der ganze Vorgang für ihre Freundin nicht allzu schlimm wurde. Penny wünschte sich so sehr Kinder, eine ganze Schar, und Ashton schien wirklich ein anständiger Mann zu sein. Doch man konnte einem Menschen nur bis vor die Stirn sehen …

      Izzy schüttelte sich und kalte Schauder rieselten über ihren Rücken, wenn sie daran dachte, was sie kurz nach Mutters Tod erlebt hatte. Nein, diese Sache konnte nicht angenehm für eine Frau sein.

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