Dantes Inferno III. Akron Frey
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Dantes Inferno III - Akron Frey страница 7
„Was für einer anderen Welt?“ Ich spürte in mir ein beklemmendes Gefühl aufsteigen. Es war wie die Angst des Torhüters vor dem Elfmeter.
„Deiner anderen Welt! Die Frage, die sich hier stellt, ist nicht, wie er ist, sondern wer du bist, und zwar außerhalb der Person, die du zu sein glaubst, denn unterhalb des Ichs, das du kennst, hast du eine unergründliche Seele, von der dieses Ich ein Teil ist, und gleichzeitig ist dieser Teil vom Ganzen getrennt durch einen Wächter, der prüft, ob dieser Teil der Erfahrung von deinem Bewusstsein aufgenommen werden kann oder nicht.“
Dann stand er plötzlich da. Vor dem flammenden Tor zur Wahrheit stand er plötzlich da: eine Silhouette aus Stein. Meine Blicke umkreisten den gewaltigen grauen Findling, der am Ende der Straße unerschütterlich aufgerichtet war. „Was ist dein Begehr“, sprach der Wächter mit erzener Stimme und plötzlich schimmerte in seiner Hand eine goldene Flamme wie ein Strahl gespeicherten Sonnenlichts.
Akron antwortete mit fester Stimme: „Ein Reisender begehrt Einlass in den Berg der Läuterung.“ Und tief im Spiegel öffnete sich ein rotes Augenpaar. Es hatte die Farbe glühender Rubine und schaute mich aus einem Zustand tiefster Finsternis an.
Die Flamme in der Hand des himmlischen Wächters wies direkt auf mich; er schien meinen Begleiter gar nicht wahrzunehmen: „Dann tritt aus dem Schatten hervor, mein Freund, und zeig dich mir – sieh her!“
„Wohin soll ich sehen?“ Nacktes Entsetzen lähmte mir die Glieder. Leicht zitternd machte ich einen Schritt auf den Wächter zu. Es war aber irgendwie keine wirkliche Gestalt, eher so etwas wie eine halb durchsichtige Projektion – eine Art mystischer Vision.
„Auf die goldene Flamme, die ich dir entgegenhalte. Genau dahinter beginnt die andere Welt.“ Die funkelnden Augen leuchteten in ihrem rötlichen Glanz aus der Tiefe der Finsternis hervor und ließen mich am ganzen Körper erzittern. Es war der Schmerz der Jahrtausende, der aus ihnen glühte.
„Hinter der Flamme in deiner Hand?“ Ich konzentrierte mich auf die Flamme und sah in meine eigenen Augen, und gleichzeitig war mir, als ob sich mir die Spitze eines Eiszapfens wie ein kaltes Feuer ins Hirn brannte.
„So empfang das Ende der Geschichte – hier!“ sagte er und zog den Schlüssel aus den Daten meiner zukünftigen Erinnerung: „Das ist der Code – damit öffnet sich die Tür!“
„Die Datennetze sind der Schlüssel. Der Durchgang ist als Buchsymbol getarnt. Am Ende unserer Reise findest du die Erklärung, denn die Lösung steckt in deiner zukünftigen Erinnerung“, lächelte Akron und nahm mich an der Hand. „Komm!“ Rasch zog er mich zum Regal. Das Bild begann sich nach hinten zu öffnen und zeigte die in den Fels gehauenen sieben Stufen mit den sieben Siegeln der sieben Planeten, während auf einer gänzlich anderen Ebene ein einsamer Schreiber vor dem Bildschirm mit der Maus auf das Ikon klickte. Akron fasste durch die Lücke und drehte den Schlüssel von innen um. Dann traten wir durch das Felsentor.
Als sich die steinernen Portale hinter uns wieder schlossen, fanden wir uns auf einer Art Plateau wieder, von dem aus man einen guten Rundblick auf ein weites Tal besaß. Unwillkürlich blieb mein Blick an einem riesigen Turm hängen, der in einiger Entfernung wie ein gewaltiger Fingerzeig Gottes zum Himmel aufragte. Ich blickte meinen Führer in fragendem Staunen an, der mir jedoch nur schweigend andeutete, sich an den Abstieg zu machen. Während wir einen steilen Bergpfad ins Tal hinabkletterten, verspürte ich eine schwere, unangenehme innere Vorahnung. Dieses Empfinden war mir neu. Normalerweise hatten sich meine Depressionen und Ängste stets auf mentaler Ebene entwickelt durch äußere, bedrohliche oder unerfreuliche Situationen, in die ich durch eigenes oder fremdes Verschulden hineingeraten war, aber diesmal ging das dumpfe Gefühl von etwas Unbekanntem aus und berührte mich in einer mir verschlossenen Kammer meiner Seele. Während ich mir noch den Kopf zermarterte, was das wohl sein könnte, was mich so schwächte, fiel mir plötzlich der Schleier von den Augen: Es war diese starre, unbewegliche und festgesessene Energie, die irgendwie von diesem riesigen Turm ausging. Nachdem mir das klar geworden war, bereitete mir auch das Gehen weit weniger Mühe. Mein Atem ging wieder ruhiger und ich fand den Mut, ihn zu fragen, ob es sich bei diesem monumentalen Bauwerk im Tal möglicherweise um den sagenhaften Turmbau zu Babel handelt, der einst als Sinnbild menschlicher Anmaßung in die Chroniken der Erde eingegangen war.
Akron drehte den Kopf und grinste: „Warum nicht? Ich hätte eine opalisierende Pyramide oder einen durchsichtigen Riesenwürfel vorgezogen, aber die Betreiber dieser Hölle lieben es traditionell. Entweder sind sie ziemlich konservativ oder sie kennen die Bedürfnisse ihrer Gäste.“
Ich winkte ab. Von Pyramiden hatte ich die Nase voll; zu unangenehm waren die Schrecken der Schütze-Hölle, die mich am Ende beinahe um den Verstand brachten. Der gemeinsame Abstieg ins Tal zog sich dahin, doch je weiter wir kamen, desto ersichtlicher wurde das Ausmaß dieser beeindruckenden Konstruktion. Der in seiner Grundform rundlich angelegte Turm war in mehreren sich nach oben verjüngenden Etagen erbaut, an deren Außenseiten sich ein verhältnismäßig schmaler Pfad spiralförmig nach oben wand. Ich konnte gerade mal sechs Stockwerke ausmachen, bevor der oberste Teil sich irgendwo zwischen den dunklen Wolken verlor. Allein das erste Stockwerk besaß die Grundfläche einer Fußballarena und ich fragte mich, welch unglaubliches Gewicht dieses Bauwerk wohl besitzen mochte. Das gesamte Gelände glich einer riesigen Baustelle und erinnerte an einen überdimensionalen Termitenhügel, an dessen Wänden unzählige Gerüste, Leitern und Bauaufzüge klebten, auf denen etliche herumwuselnde Arbeiter damit beschäftigt waren das Bauwerk zu verputzen, zu verstärken oder sonst wie auszubessern. Ich pfiff anerkennend durch die Zähne: „Die müssen hier gute Architekten haben.“
„Die Besten“, bestätigte mich Akron und zeigte auf eine Gruppe von Männern, die mit einer Reihe von Zeichnungen und Plänen unweit auf einer Anhöhe standen und sich heftig gestikulierend unterhielten. „Hier findest du all die großen Dombaumeister und Architekten der vergangenen Jahrhunderte versammelt, die die Fertigstellung ihrer Schöpfungen nicht mehr miterleben durften. Oder Freimaurer und andere im Mittelalter Verfolgter, die die neuen Türme nach der Erfahrung des Scheiterns und ihres Falles von innen her errichteten, aus der Mitte der inneren Kraft, nicht mehr von außen und auch nicht wie ein von oben auf die Welt einwirkender Schöpfergott. Als solche sind sie hier nun damit beschäftigt, ein Bauwerk zu errichten, welches ihnen nicht nur ein Gefühl nützlicher Selbstbestätigung vermittelt, sondern von dessen riesigen Ausmaßen sich gleichzeitig auch die schöpferischen Möglichkeiten des Menschen ablesen lassen.“
Ich schaute mich um. Das Ganze glich einem unpersönlichen Ameisenhaufen, in dem jegliches individuelle Aufglimmen einem gemeinsamen, aber unerreichbaren Ziel geopfert wurde. Akron bemerkte meinen Blick und fügte an: „In mühevoller Selbstzucht tragen sie ihre Last ähnlich dem Skarabäus, der eine Kugel aus Mist und Kot als Symbol seiner sich ständig verändernden Vervollkommnung vor sich herschiebt – einer Kugel, aus dem gleichen Baustoff gedreht, aus dem sie einst selbst geformt wurden.“
Mit wachsendem Unbehagen und skeptischem Blick deutete ich auf einen der unzähligen Arbeiter, die sich mit einem schweren Korb voller Steine auf dem Buckel den Weg hinaufschleppten. „Mich erinnert das Spektakel eher an den armen Sisyphos, der seine Busse im Hades abzutragen hat, indem er tagtäglich einen Stein auf den Gipfel eines Berges rollen muss, der ihm aber kurz vor dem Ziel wieder entgleitet.“
„Das