Über Natur. Kathrina Talmi

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Über Natur - Kathrina Talmi

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      Über Natur

      Ein philosophischer Essay

      Kathrina Talmi

      AutorenVerlag Matern

      Die Autorin klärt in ihrem philosophischen Essay darüber auf, was Natur aus naturwissenschaftlicher Perspektive ausmacht und stellt in diesem Kontext die Frage nach der menschlichen Stellung in der abstrakt gefassten Natur. Doch mehr als ein Zweig der irdischen Fauna bleibt den Menschen nicht, resümiert die Autorin, allenfalls in ihren emotional überheblichen Einbildungen.

      2. Auflage 2020,

       Copyright © 2018 AutorenVerlag Matern

       Cover-Design: Joshua, unter Verwendung eines Bildes von MabelAmber

       Schriften: www.linuxlibertine.org,

       www.softmaker.de (Cover)

       ISBN 9783929899955 (ePub)

       ISBN 9783929899962 (Mobi)

       ISBN 9783929899948 (PDF)

       Alle Rechte vorbehalten

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      Einleitung

      Es gibt kaum ein Wort der deutschen Umgangssprache, das missverständlicher gebildet ist als die Lautreihe ‚Natur‘. Nicht soziale Konvention, sondern der verfügbare Wissensstand könnte genutzt werden, um ein relevantes Wort ‚Natur‘ zu bilden. Dies ist gesellschaftlich nicht der Fall. Indem kulturelle, mithin primär eine menschlich soziale Tradition in den Vordergrund rückt, wird ein möglicher Einfluss von veränderlichen Wissensständen minimiert. Der staatlich und sozial als normativ geltende Duden, der seinerseits bloß ein Sammlesurium der gesellschaftlichen Schriftsprache ist, verhindert sachbezogene Neubildungen in gesellschaftlicher Breite, verschiebt relevante Diskussionen in Expertengremien aus Wissenschaftlern, in diesem Fall aus Naturwissenschaftlern mit ihren Expertensprachen, erschwert eine rudimentäre Bildungsmöglichkeit der Bevölkerung im Erlernen von Sprache. Resultat ist die sozial vorherrschende Umgangssprache und ihre sachliche Unrelevanz. Ich fasse dies als ‚gesellschaftliche Esoterik‘.

      Kaum ein Wissensgebiet hat seit dem 20. Jhd. solche rasanten Veränderungen erleben lassen wie die Naturwissenschaften. Seit den 20er Jahren - im Zuge von physikalischen, speziell quantenmechanischen Experimenten -, gibt es keine Naturgesetze mehr, sondern lediglich Naturwahrscheinlichkeiten, die auf statistischen Annahmen beruhen. Diese sind relativ, z.B. im Fall der Gravitation, die nicht nur auf dem Mond der Erde anders ausfällt als auf der Erde, wie Videos leicht demonstrieren können, sondern auch auf dem Mars. Solche Veränderungen lassen sich sogar auf der Erde erleben: während eines Parabelflugs; auch von solchen Flügen gibt es Aufzeichnungen. Die Gravitation ist keine absolute Kraft, sondern ein relativer Wert, in Abhängigkeit von den jeweiligen Bedingungen.

      Statistische Wahrscheinlichkeiten von eventuell erwartbaren / voraussagbaren Vorgängen bzw. Ereignissen stehen nicht nur in Relation zu jenen, die unabhängig von menschlichen Einflüssen geschehen - die jeweilige Gravitation lässt sich bislang von Menschen nicht verändern -, sondern auch zu menschlichen Verhaltenweisen. In der Soziologie und in der Wirtschaftswissenschaft gelten ebenfalls statistische Wahrscheinlichkeiten, keine absoluten Gesetze. Die Sicherheit von Voraussagen ist im Zu-sammenhang mit Menschen zwar geringer, aufgrund der jeweiligen menschlichen Wahlmöglichkeiten, dennoch bietet jeder kausale Erklärungsansatz für menschliches Verhalten eine mögliche (stastistische) Determination. Menschen sind methodisch lediglich eine der tierischen Arten, von denen sich Menschen umgangssprachlich abgegrenzt sehen.

      Natürlich gibt es über die Stellung der Menschen auch wissenschaftlich Streit. Besonders einige Ar-chäologen und Anthropologen betonen einen Unterschied zu anderen Tieren: Menschen würden nicht nur irgendwas als Werkzeug nutzen, sondern fertigen auch Werkzeuge an. Diese Ansicht ist verhaltensbiologisch allerdings veraltet, wie z.B. ein Blick auf Krähen zeigen kann. Verantwortlich für die Kreativität unter Tieren ist die relative Hirngröße zur Körpergröße. Bei einer Reihe von Tieren fällt die relative Hirngröße überdimensional aus. Wissenschaftlich ist eine soziale Herrschaft des Menschen nicht zu retten, auch wenn es immer mal wieder Journalisten gibt, die eine alte, ehemals religiös motivierte Herrlichkeit der Menschen feiern.

      Die Erfindungsgabe von Menschen wäre ohne Annahmen darüber, wie Natur funktioniert, kaum gediehen. Die Statik von Gebäuden hätte niemals ermittelt werden können, die Eigenschaften von Materialen zur weiteren Verarbeitung wären unbekannt geblieben, über die Natur hinaus reichen lediglich religiöse oder metaphysische Spekulationen, nichts, was tatsächlich innovativ gewesen wäre.

      In dem Essay „Über Natur” kläre ich darüber auf, was Natur ist und was alles auf Annahmen über Natur beruht, über die unbelebte als auch belebte. Ein Balkon ist in diesem Zusammenhang nichts als ein Naturphänomen, weil dieser und seine Statik den Naturwahrscheinlichkeiten unterliegt, unabhängig davon, welche Bedeutungen bzw. Relevanzen ihm von menschlicher Seite aus zukommen mögen. Mein primärer Gegner ist die menschliche Einbildung.

      Was ist eine naturwissenschaftliche Perspektive?

      Perspektivismen sind u.a. als relativierende Erkenntnishaltungen von Philosophen des 19. Jhds. und von Ethnographen des 20. Jhds. berüchtigt. Sie reichen historisch jedoch viel weiter, sind z.B. auch bei Leibniz zu finden (vgl. König, G., 1989, S.362-375). Ohne mich historisch zu verlieren: Was könnte eine naturwissenschaftliche Perspektive sein? Bei den Worten ‚Perspektive‘ handelte es sich in jenen relativierenden Fällen um soziale Metaphern, die auf individuelle oder gruppenspezifische Sichtweisen zugeschnitten waren. Bei Metaphern ist jedoch Vorsicht geboten, wie Kai Pege im Kontext über Metaphern erläuterte (vgl. Pege, K., 2014, S.16-22.). Ob andere Perspektiven wissenschaftlich relevant sein können, ist mit der Wahl ‚naturwissenschaftliche Perspektive‘ nicht gesagt. Als soziale Metapher könnte ihr Bezug den gesamten Wissenschaftsbereich umfassen, in Abgrenzung vom alltäglichen Umgang und von Esoteriken.

      Zu betonen ist, dass die naturwissenschaftliche Herangehensweise unter Menschen keineswegs üblich ist. Die Methoden, Zeichen und die Sprache sind relativ vielen Menschen fremd, auch innerhalb der Wissenschaften. Im Zentrum der Naturwissenschaften stehen Fragen nach kausalen Abläufen von Ereignissen, nach relevanten Einflussgrößen, die dabei helfen können, nicht nur vergangene Ereignisse besser zu verstehen als bislang, sondern auch zukünftige. Die aktuell betriebene Klimaforschung ist ein typisches und durch die Medien bekanntes Beispiel solcher Hinwendungen, auch wenn über die konkrete Arbeit, über detaillierte Fragestellungen und Probleme innerhalb der Klimaforschung, öffentlich wenig zu erfahren ist.

      Allgemein lässt sich zunächst formulieren, dass es aus naturwissenschaftlicher Perspektive relevant ist, etwas über die konkreten Bedingungen zu erfahren, unter denen etwas Spezielles geschieht. Kausalität zu erforschen, ließe sich als das Auffinden von Bedingungen eingrenzen, die ein bestimmbares Ereignis entstehen lassen können.

      Fragen nach kausalen Wirkungen reichen jedoch nicht aus. Die Parameter der Bedingungen müssen prüfbar sein, und sei es durch wiederholte Messungen. Es würde keineswegs ausreichen, eine Meinung oder einen Glauben zu vertreten, wie es z.B. in den Perspektivismen des 19. und 20. Jhds., im Journalismus oder in einer Religion üblich sein kann, oder in einem belletristischen Essay.

      Außer einer Relation zur Empirie ist jedoch noch etwas erforderlich, das sich nur in der relevanten Sprache und in der Mathematik findet, etwas, das zu einem zweiten

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