Zu dramatischen Ereignissen. Erich Honecker

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Zu dramatischen Ereignissen - Erich Honecker

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Die »friedliche Revolution« wurde, wie jetzt immer klarer wird, durch eine radikale Änderung der Weltpolitik ermöglicht. Die großen Veränderungen, die sich in der zurückliegenden Zeit in der Weltarena vollzogen, waren nur möglich, weil sich das militärische Kräfteverhältnis in der Welt veränderte.

      Die Politiker der USA, die im Interesse reaktionärer imperialistischer Kreise seit Jahrzehnten, ja, man kann sagen, seit Beendigung des 2. Weltkrieges, danach strebten, eine solche Situation zu schaffen, wie sie heute ist, sie haben ihre Chance genutzt.

      Es ist ihnen gelungen, dem Sozialismus eine schwere Niederlage zu bereiten.

      In den sozialistischen Ländern Mittel- und Osteuropas und in der Sowjetunion vollzog bzw. vollzieht sich ein Systemwechsel. Ich lasse dahingestellt, ob Herr Schewardnadse recht hat, dass die Thesen des politischen Berichts an den 27. Parteitag eine »kategorische Absage an die herrschende Ideologie« war, dass die Ideen des Berichts eine »entschlossene Demontage des Systems« ankündigten. Jedenfalls konnte man dies in der darauffolgenden Zeit nicht aus den vielen Gesprächen mit dem Berichterstatter an den 27. Parteitag der KPdSU, aber auch nicht in den Gesprächen mit Schewardnadse im Juni 1989 erkennen. Selbst als das »europäische Haus« in die Weltpolitik eintrat, war das noch nicht erkennbar.

      Es ging immer um Koexistenz, also um das friedliche Nebeneinander, die Zusammenarbeit von zwei unterschiedlichen gesellschaftlichen, ja Weltsystemen. So wird das aber heute von Schewardnadse offenbar nicht gesehen. Der Erwärmung der Beziehungen der beiden Supermächte folgte die »Entlassung« der DDR und der anderen sozialistischen Länder in die »Freiheit«. Die Revolutionäre vom Herbst 1989 stehen im Regen. Die Geschichte möge beurteilen, ob es sich um die Opferung der DDR, der Volksrepublik Polen, der Tschechoslowakischen Republik, der Volksrepublik Ungarn, der Volksrepublik Bulgarien, der Sozialistischen Republik Rumänien auf dem Altar der Perestroika handelte, wie einer der Begründer dieser neuen Philosophie dies deutet. Tatsache ist, der Machtbereich der Imperialisten, der NATO wurde bis zur Westgrenze der UdSSR erweitert. Tatsache ist, dass es zu einer Tragödie in einem bisher nicht gekannten Ausmaß für die Völker gekommen ist, ebenso für solche Staaten der Dritten Welt, wie Nicaragua, Mozambique, Angola, Äthiopien und für die kommunistische Weltbewegung. Das hegemonistische Streben der USA, ihr Drang, alles in der Welt nach ihren Vorstellungen zu »ordnen«, hat angesichts ihrer Siege in den verschiedenen Teilen der Welt nicht an Zielstrebigkeit verloren, obwohl der Widerstand dagegen sich verstärkt. Die Demontage des Systems in der Sowjetunion, der Systemwechsel in Mittel- und Osteuropa führte zu Unsicherheiten, zu Irritationen in der kommunistischen und Arbeiterbewegung, bei einigen zum Übergang zur Sozialdemokratie. Wenn Herr Schewardnadse angeblich schon 1986 darüber philosophierte, »was schwerer zu machen sei, eine friedliche oder eine gewaltsame Revolution«, kann man angesichts solcher konterrevolutionärer Vorgänge wie in der UdSSR und dem Rachefeldzug in der Ex-DDR, der dort gegen Mitglieder und Funktionäre der SED, gegen 1,7 Millionen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, des Ministeriums des Inneren, gegen die Angehörigen der NVA, gegen Richter und Staatsanwälte, gegen weltweit angesehene Ärzte und Wissenschaftler, gegen die Kommunisten in allen ehemaligen sozialistischen Ländern geführt wird, und nun auch in der Sowjetunion, die Frage nach dem Stattfinden der »friedlichen, sanften« Revolution schon heute beantworten.

      Kann man eine solche Art neuen »Herangehens« an die Lösung internationaler politischer Fragen im Nachhinein mit dem Argument rechtfertigen: »Sonst wären Panzer gerollt«? Oder: »Die Gefahr eines Krieges wäre heraufbeschworen worden«? Soll das als Feigenblatt dienen? Es besteht kein Zweifel, die DDR und die sozialistischen Länder Mittel- und Osteuropas wurden Opfer des amerikanischen und deutschen Imperialismus. Diese Entwicklung vollzog sich in einem Tempo, das offenbar nicht einmal mehr Zeit ließ, die noch gültigen Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand außer Kraft zu setzen. Diese waren noch gültig bis zum Zeitpunkt des 2-plus-4-Vertrages. Die Vereinigung kam, so Kohl kürzlich in einer Erklärung, »in einem lichten kurzen Augenblick der Weltgeschichte zustande«, »sie wäre weder nachher noch vorher möglich gewesen«. Waren diese Augenblicke nicht doch schon langfristig vorbereitet worden? Wenn man die jüngsten Auslassungen von Schewardnadse liest über Gespräche »am Kamin in Washington«, kommt man zu diesem Schluss, dass die 1989/90 noch gültigen Verträge mit den Verbündeten in seinen Überlegungen, um mit den USA und der BRD zu einem Übereinkommen zu gelangen, keine Rolle spielten. Mit dem »Umbruch« entstand ein neues Kräfteverhältnis in der Welt. Nichts macht das deutlicher als der Golfkrieg. In Jugoslawien gibt es Bürgerkrieg. Über Nacht stand die Menschheit vor der Gefahr eines neuen Weltkrieges. Wie die Friedensdemonstrationen in der Zeit des Golfkrieges zeigten, hatten die Völker dies verstanden. Sie gingen wie nie zuvor auf die Straße unter der Losung »Kein Krieg für Öl«.

      Ja, das Kräfteverhältnis hat sich verändert. Ohne die Änderung der Landkarte Europas, die Schwierigkeiten in der Sowjetunion, in dieser für die Menschheit so verhängnisvollen Zeit, wäre die nun offen zutage getretene Dominanz der USA nicht möglich gewesen, wäre ihre Hegemonie nicht zum Tragen gekommen, wäre die Konzentration der Armada zu Wasser, zu Lande und in der Luft in der Golfkriegsregion zur Führung des amerikanischen Krieges unmöglich gewesen. Die militärische Entlastung der USA in Europa durch die Auflösung des Warschauer Paktes hat das amerikanische Abenteuer am Golf erst ermöglicht. Ihr Sieg, mit dem sie die führende Rolle in der Welt unterstreichen will, wird den Völkern noch manche Gefahren bringen. Eine davon bahnt sich im Nahen Osten bereits an. Bereits im Frühjahr 1990 habe ich mich dazu geäußert. Schon damals war klar, dass die Probleme im Nahen Osten, die nur auf dem Verhandlungswege gelöst werden können, Gefahren für den Frieden enthalten.

      Die Palästinenser, trotz ihres tapferen Kampfes unter der Führung der PLO und Jasyr Arafats, unterstützt durch die UNO und die Sicherheitsresolution, sind nach wie vor vogelfrei. Es wird schwer sein, zwischen den arabischen Nationen, die gegliedert sind in viele Staaten, und Israel zu einem Übereinkommen zu gelangen, das den Resolutionen des Sicherheitsrates entspricht. Die Ereignisse am Golf, die Sicherung der Existenz Palästinas und Israels sind Fragen, die im Interesse der Menschheit einer friedlichen Lösung bedürfen. Ja, ich möchte aus Kenntnis der Sache sagen, dass die Existenz Israels auf das engste mit der Existenz Palästinas verbunden ist. Es ist ein Glück, dass die PLO und Arafat so denken. Noch finden sich nicht alle arabischen Staaten mit der Existenz Israels ab.

      Der Ruf der USA nach Weltherrschaft, ihr Streben nach Dominanz hält an, das ist eine große Gefahr. Man muss dem Anspruch der USA nach Hegemonie entgegentreten, ihr den Weg versperren. Die Siegesreden nach der barbarischen Bombardierung der Zivilbevölkerung Iraks, der Mord an Frauen und Kindern strotzten von Worten über die »Größe der USA, ihre Fähigkeit, die Geschicke der Welt in ihre ordnenden Hände zu nehmen«. An dieser Absicht besteht kein Zweifel, man kann jedoch auch seine Kräfte überschätzen. Im Krieg am Golf haben die USA die Stärke des Gegners bewusst stärker dargestellt, als sie war, um ihren Sieg größer erscheinen zu lassen und so die Berechtigung des Anspruches, ins Weltgeschehen »ordnend eingreifen« zu können, für die Weltöffentlichkeit glaubhafter zu machen. Es ist nicht anzunehmen, dass es unter Führung der USA in der Welt »gesittet« zugehen wird. Die USA werden die Welt nicht in Ordnung bringen. Und es besteht kein Zweifel, die sozialen Fragen, die bestehenden und neu entstehenden sozialen Konflikte lassen die Träume der USA nicht in den Himmel wachsen.

      Nimmt man nur die Theorie von dem »Partner in Führung«. Sie ist sicher nicht nur für mich sehr fraglich. Welche Rolle will und wird das imperialistische Deutschland spielen? Wie wird es mit dem »Partner in Führung« weitergehen? Wer lässt sich von wem führen? – betrachtet man die großen Regionen der Welt, die Entwicklung der arabischen Welt in ihrer Vielfalt und mit ihren Widersprüchen. Wie ist es um die Gegenwart und Zukunft Lateinamerikas bestellt, wird es der Hinterhof der USA auf ewig bleiben wollen? Wie geht es auf dem afrikanischen Kontinent weiter? Welche Rolle wird Japan spielen, wie wird sich die Entwicklung zwischen Elbe und Atlantik vollziehen? Welche Widersprüche wird die Entwicklung in Europa mit sich bringen, wird es ein deutsches Europa oder ein europäisches Deutschland geben? Welche Rolle wird die Sowjetunion spielen, welche Rolle

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