Familienglück im zweiten Anlauf. Dorothee Döring
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Sehr treffend zeigte das der Film „Woche für Woche“ (ARD, 10. Februar 2010, 20.15-21.45 Uhr), der mit dem Deutschen Fernsehpreis 2009 ausgezeichnet wurde. Es ist ein Film über ein Scheidungskind und sein chaotisches Leben zwischen Mama und Papa:
Felix Weingarten ist sieben Jahre alt und Einzelkind. Seine besorgte Mutter tut alles, um ihren Sohn zu fördern. Sie besorgt ihm eine Therapie gegen seine Rechtschreibschwäche und meldet ihn wegen seiner schlechten Körperhaltung beim Yogakurs an. Sein Vater arbeitet als Alleinverdiener viel in der eigenen Schreinerei. Dann passiert das, was statistisch gesehen in jeder dritten Ehe in Deutschland vorkommt: Felix΄ Eltern trennen sich, einvernehmlich, wie sie nie vergessen zu betonen. Aus Gründen der Fairness entscheiden sie sich, eine gerechte Lösung hinsichtlich ihres einzigen Sohnes zu finden. „Woche für Woche“ heißt das Modell, nach dem Felix abwechselnd bei seiner Mutter und bei seinem Vater lebt. Was für die Eltern zunächst eine faire, salomonische Lösung ist, bedeutet für den Jungen absolutes Chaos und Orientierungslosigkeit. Zwei materielle Identitäten prallen aufeinander, im Wochenwechsel ist der Junge gezwungen, nicht nur umzuschalten zwischen Mama und Papa, sondern zwischen zwei Kinderzimmern, zwei Betten, zwei Zahnbürsten.
Während sich seine Familie halbiert, verdoppelt sich seine materielle Existenz. Felix erlebt einen wechselvollen Alltag in verschiedenen Milieus: Bei der Mutter lebt er in bevorzugter Wohngegend in einem schönen Jugendstilhaus, bei seinem Vater in einem wenig repräsentativen Wohnviertel mit hohem Ausländeranteil, wo er aber Carem kennenlernt, einen Jungen aus einer türkischen Großfamilie mit zahlreichen Geschwistern, Cousins und Cousinen. Dort ist immer etwas los und Felix fühlt sich nicht mehr allein.
Während Felix immer noch hofft, dass seine Eltern wieder zusammenfinden, sehen gerade diese sich mit immer größeren Problemen konfrontiert. Sein Vater stößt schnell an seine Grenzen, als er versucht, Beruf und Kindererziehung unter einen Hut zu bekommen. Yoga- und Legasthenietermine fallen öfter aus und statt Vollwertkost gibt es eher mal Pizza, was seiner Ex-Frau natürlich gar nicht gefällt: Ein Psychotherapeut soll die Trennung des Elternpaares begleiten, damit der Sohn keinen Schaden davonträgt, aber gerade in der Therapiestunde verschärft sich der Machtkampf der Eltern durch gegenseitige Schuldzuweisungen.
Der Film zeigt, dass die Eltern zwar das Beste für ihr Kind wollten, Felix aber mit der Situation, Woche für Woche bei dem einen oder anderen Elternteil zu leben, überfordert war. War er bei der Mutter, hatte er Heimweh nach seinem Vater, war er bei seinem Vater, hatte er Heimweh nach seiner Mutter. Felix kam mit seinen getrennt lebenden Elternteilen nicht gut zurecht und empfand es als Defizit, seine Eltern nicht mehr gleichzeitig zu haben.
Der kleine Felix hat theoretisch zwei „Zuhause“ und deshalb gar keins, weil er weder hier noch dort so richtig Wurzeln schlagen kann. Das „Zwei-Zuhause-Modell“ ist bei Psychologen umstritten.
Aber es gibt auch Kinder, die sich durchaus in zwei Familien zu Hause fühlen und keine Probleme mit ihrer „Doppelresidenz“ haben. Positive Beispiele habe ich in dem Ratgeber „Glückliche Patchworkkinder – Zuhause in mehreren Familien“5 beschrieben.
Während manche Kinder nach der Scheidung ihrer Eltern zwei Zuhause haben und sich beide Elternteile regelmäßig um sie kümmern, haben andere Scheidungskinder nicht selten den Verlust eines Elternteils – in der Regel des Vaters – zu verkraften. Nur wenige aller geschiedenen Väter kümmern sich regelmäßig um ihre Kinder und nicht alle Scheidungskinder bleiben in Kontakt mit dem abwesenden Elternteil.
Manche Kinder interpretieren das Desinteresse ihres abwesenden Elternteils an ihnen so, als ob sie nichts wert und nicht liebenswürdig seien. Solche Gefühle werden verstärkt, wenn der abwesende Elternteil keinen Unterhalt zahlt oder sein Umgangsrecht nicht wahrnimmt, häufig Besuche absagt oder zu den vereinbarten Terminen nicht erscheint.
Viele Konflikte, in die Kinder mit hineingezogen werden, beziehen sich auf Unterhaltszahlungen, die gar nicht oder nur unregelmäßig geleistet werden. Das kann dazu führen, dass die Mutter ihre Enttäuschung und Verbitterung bei den Kindern ablädt und sie als Klagemauer missbraucht.
Insa, 32:
„Ich bin ein Scheidungskind, inzwischen 32 Jahre alt und beginne ganz langsam damit, mich selbst anzunehmen und mein Leben auf eigene Beine zu stellen.
Jahrelang habe ich mich vergeblich nach der Liebe meiner Eltern gesehnt, aber meine Eltern waren zu sehr mit sich selbst und ihren Scheidungsauseinandersetzungen beschäftigt, und insofern unfähig, meine Bedürfnisse wahrnehmen zu können.
Nach der Scheidung erfolgten verspätete Ehekriegsspiele ohne Ende. Alles drehte sich um den Unterhalt, den mein Vater für mich zu zahlen hatte, aber gar nicht oder nur unregelmäßig zahlte. Meine Mutter ließ mich einen Brief an meinen Vater schreiben wegen des nicht geleisteten Unterhaltes. Ich weiß nicht, was genau ich da schreiben sollte, für mich klang es so, als ging es nur um eine Bescheinigung. Ich war aufgeregt, denn schließlich hatte ich seit Jahren nichts von ihm gehört.
Eines Tages war ein Brief von meinem Vater im Briefkasten. Ich zitterte vor Aufregung am ganzen Körper und hatte Schmetterlinge im Bauch. Mein Papa hatte geschrieben, „weiß ich nun endlich, wessen Geistes Kind du bist“. Das ist der einzige Satz, an den ich mich erinnere. Immer wieder klingt er nach, ich sehe noch die schwarze Tinte auf dem weißen Papier und kann noch heute den Schmerz fühlen, der mir dabei die Tränen in die Augen schießen ließ. Meine Mutter tröstete mich, um dann wieder auszuholen und mir davon zu erzählen, wie grausam dieser Mensch zu ihr gewesen war, dass er mich nie wollte, weil ich ein Mädchen war, dass nur Jungs etwas für ihn zählten. Sie erzählte stundenlang, immer und immer wieder. Mein Gefühl starb dabei. Ich durfte nicht traurig sein. Bis heute weiß ich nicht, was in diesem Brief an meinen Vater gestanden haben muss, was ihn so wütend hat werden lassen. Zwischendurch gab es gelegentlich Kontakt zu meinem Vater, der aber immer abbrach, wenn ich mich nicht mehr meldete. Er selbst meldete sich nie. Und ich tat es dann irgendwann auch nicht mehr.“
Tina, 36:
„Ich bin selbst Scheidungskind. Meine Eltern ließen sich scheiden, als ich neun Jahre alt war. Ich habe sehr unter der Abwesenheit meines Vaters gelitten. Ich habe erlebt, dass die wenigsten geschiedenen Väter sich umfassend um ihre Kinder kümmern. Bei einigen meiner Freundinnen habe ich das auch beobachten können. Meistens sind es die Mütter, denen alles überlassen wird.
Vor einiger Zeit befragte ich meinen Vater, warum er sich kaum um mich gekümmert habe. Seine Antwort: „Ich hatte eine neue Familie.“
So oder ähnlich verhält sich auch mein Freund, der Vater meines Sohnes, seit unserer Trennung.
Auf eine Mitverantwortung bei Betreuung und Erziehung lassen sich Männer kaum ein. Auch bei Freunden und Bekannten sehe ich diesen Zustand oft.
Für mich steht das Wohl meines Sohnes im Mittelpunkt. Er liebt seinen Vater bedingungslos. Zurückweisungen schluckt er und leidet. Leider kann man niemanden zur Liebe zwingen. Doch wenn man seinen Kindern täglich in die Augen sieht, ihnen zuhört und mit ihnen ist, merkt man, wie sehr ihnen diese Liebe fehlt. Sie brauchen einfach beide – Mama und Papa. Und jede Geste, jedes Wort, jede Berührung und Zuwendung saugen sie auf. Ich wünschte mir sehr, dass die Väter kämpfen würden, um jede Sekunde mit ihnen.“
Es ist ein großer Verlust für Kinder, deren Väter „abtauchen“ und sich ihrer Verantwortung entziehen, denn Kinder brauchen Mütter und Väter. Der Gesetzgeber hat das erkannt und