Geständnis mit Folgen. Ursula Schmid-Spreer
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Читать онлайн книгу Geständnis mit Folgen - Ursula Schmid-Spreer страница 6
Belu stellte sich und ihren Mitarbeiter vor. »Sie haben alle gehört, dass heute Morgen Ihr Kollege Martin Meier durch Fremdeinwirkung ums Leben gekommen ist. Die genauen Umstände sind noch ungeklärt.«
Irgendjemand räusperte sich. Der Geruch nach Schule stieg Belu noch intensiver in die Nase.
»Hat jemand von Ihnen etwas beobachtet, was mit diesem Vorfall in Zusammenhang stehen könnte? Ist Ihnen etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
Schweigen. Wirklich, wie früher in der Schule, dachte Belu. Hoffentlich ruft mich niemand auf oder spricht mich an.
Ein älterer Herr stand auf. »Hans Weigel, Französisch und Englisch. Ich habe nichts beobachtet. Ich habe heute nach der Pause Unterricht, bin auch eben erst gekommen. Mit Herrn Meier hatte ich wenig Kontakt. Er ist, äh, war in einer anderen Fachschaft.« Weigel setzte sich, zog ein Papiertaschentuch aus der Jacke und schnäuzte hinein.
»Wenn Sie eben erst gekommen sind, woher wissen Sie dann vom Tod Ihres Kollegen?« Klaus hielt die Hände verschränkt, zog die Augenbraue nach oben.
»Nüsslein, er …«
»Sie brauchen nicht weiterzusprechen. Es passiert ja schließlich nicht jeden Tag, dass ein Kollege mit eingeschlagenem Schädel aufgefunden wird. Und das muss sofort sensationslüstern weitererzählt werden.« Belu schnaubte. Am liebsten hätte sie das Fenster ganz weit aufgerissen, um diesen konservativen Mief hinauszuwedeln.
Eine Frau hob den Kopf, blieb sitzen. »Elfriede Wagner. Martin war in unserer Fachgruppe Religion. Erst gestern hatten wir eine kleine Meinungsverschiedenheit, nein wohl eher eine kleine Reiberei, wie wir das Thema Sexualität und Partnerschaft im Unterricht behandeln. Er hat sich nie um irgendwelche Lehrpläne geschert. Das geht natürlich nicht …« Frau Wagners Stimme war immer leiser geworden. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass diese Auseinandersetzung ein Mordmotiv hätte sein können. Die Kollegen sahen sie auch ziemlich entsetzt an.
»Das ist doch kein Grund ihn umzubringen! Ich unterrichte Religion, bin gottesfürchtig und achte das Leben!«
Eine junge Frau durchbrach die anschließende Stille, indem sie betont munter meinte: »Susanne Graber, Referendarin, Wirtschaft und Deutsch. Ich bin nach sieben Uhr am Schulhaus angekommen, habe Frau Wagner vor der Tür getroffen und dann sind wir beide zusammen ins Lehrerzimmer gegangen. Mir ist nichts Besonderes aufgefallen. Ich kann Ihnen nichts anderes sagen.«
Man sah Frau Wagner an, wie erleichtert sie war. »Stimmt, ich bin mit Frau Graber …« Sie brach ab, schnaufte hörbar. So ging es noch eine Weile weiter. Auch die anderen Kollegen stellten sich brav mit Namen und Fächerverbindung vor.
Belu nickte. Natürlich war niemandem etwas aufgefallen. Es war ein Schultag wie jeder andere auch. Schüler und Lehrer waren, wie jeden Morgen, ins Schulhaus gegangen. Schwatzten miteinander, stellten Fahrzeuge und Räder ab. Nichts Ungewöhnliches.
»Danke. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, melden Sie sich auf dem Polizeipräsidium. Falls wir noch Fragen haben, kommen wir auf Sie zurück.« Belu nickte, Klaus deutete einen Gruß an. Dann verließen beide das Lehrerzimmer. Sie erwarteten, dass nun ein Stimmengewirr eintreten würde, aber hinter der Tür blieb es still.
Während Belu die Treppen hinunterging, sah sie überall neugierige Gesichter. Einige Schüler standen in Grüppchen am Fenster, andere saßen auf den Bänken, die schlangenförmig in Nischen aufgestellt waren. Manche Klassenzimmertüren standen offen, es war erstaunlich leise. Von Weitem sah Belu das rotweiße Band, das die Spurensicherung vor die Turnhalle im Erdgeschoss gespannt hatte.
»Wo gehst du denn jetzt schon wieder hin?« Klaus hatte Mühe, seiner Chefin zu folgen.
Nachdenklich stand Hausmeister Nüsslein da. Als er die Kommissarin erblickte, tat er so, als hantiere er geschäftig an dem Heizkörper vor der Pförtnerloge herum.
»Nun, Herr Nüsslein.« Belu hätte ihn am liebsten eine Schwatzbase geheißen, sie unterließ es aber. Mit wenigen Schritten war sie bei dem Hausmeister. Die Menschen waren nun mal neugierig und wollten wissen, was ein Absperrband und Polizeipräsenz bedeuteten. Ein anderer wusste etwas, in dem Fall Nüsslein, und er wollte sein Wissen weitergeben. Dadurch wurde er wieder ein Stückchen wichtiger. Er hatte die Leiche Meiers schließlich aufgefunden. Stattdessen fragte ihn Belu: »Was ist mit dem Schlüssel zur Turnhalle?«
»Ähm, der Schlüssel lag im Kasten.«
»Nun denn, wie’s ausschaut, hatten Sie also nicht alleine die Schlüsselgewalt. Wenn der Schlüssel dieser Dozentin im Kasten lag, dann musste Herr Meier selber einen gehabt haben.«
Nüssleins Gesichtsfarbe wechselte. Das ging wohl gegen seine Hausmeisterehre, denn er polterte los. »Ich froch mich wergli, was dann Protokolle und Verordnungen nützen, wenn man sich ned dro häld. Und der Meier, des wor a bsonders Schlauer.« Nüsslein presste die Lippen fest aufeinander. Seine Hände waren zu Fäusten geballt, die er schnell in den Taschen seines Kittels verschwinden ließ. Auf seinen Wangen zeigten sich rote Flecken.
»Warum ärgert Sie das so?« Belu sah den Hausmeister herausfordernd an.
»Wie ich scho gsocht hob, warum beschließt ma, dass nur ich an Schlüssel hobn soll und dann schwirrn a boar umanander.« Nüsslein putzte so heftig an der Heizung, dass Belu schon fürchtete, die Farbe würde abblättern.
»Danke vorerst, Herr Nüsslein.«
»Schüler befragen …?« Klaus machte eine Kopfbewegung Richtung Treppe.
»Später.«
Während die beiden Kommissare zum Haupttor der Schule gingen, sagte Belu: »Ich möchte wirklich wissen, warum Nüsslein wegen des Schlüssels so aufgebracht ist.«
»Ich vermute mal«, antwortete Klaus, »das ist eine Frage der Ehre. Etwas ist ohne sein Wissen passiert. Schließlich ist er der Herr über alle Türen im Schulhaus. Weiß, was sich dahinter verbirgt. Nur er kann überall rein. Und man muss ihn fragen, wenn man etwas will. Dieser Meier, den er sowieso für einen Arrogantling hielt, machte ihm das Schlüsselprivileg abspenstig. Wenigstens da wollte er doch ein bisschen Macht demonstrieren. Und das hat ihm Meier wohl auch weggenommen. Wollen wir jetzt zur Ehefrau des Opfers fahren?«
Belu nickte. »Je früher wir das machen, umso eher haben wir es hinter uns. Aber halt.« Belu blieb mit einem Mal stehen, so dass Klaus ihr in die Hacken lief. »Sagte der Direktor nicht, dass Meiers Klasse noch im Schulhaus ist? Auf der Tafel stand, in welchen Zimmern sich die Klassen aufhalten.«
»Gerade wollte ich das von dir wissen.« Klaus war beleidigt.
»Ist ja gut, hast recht, wenn wir schon hier sind, sollten wir die Kids gleich befragen.«
Belu machte kehrt und folgte den Pfeilen. Natürlich sprach es sich wie ein Lauffeuer in der ganzen Schule herum, dass man Studiendirektor Meier tot im Turnsaal aufgefunden hatte. Die Klassentüre der 10a war nur angelehnt. Belu blieb erneut abrupt stehen. Klaus konnte gerade noch einen Satz zur Seite machen, sonst wäre er ihr wieder in die Ferse gelaufen. Sie drehte sich um und legte den Finger an den Mund, lauschte.
*
Die Suppe ist zu heiß! Himmel, bist du zu dämlich, um Suppe zu kochen? Mit einem Ruck packte er den Teller und schüttete den Inhalt auf den Boden. Sie bekam einige Spritzer auf die nackte Haut ihrer Wade. Es tat höllisch weh. Am liebsten