Einfach geh'n: Stefan Wiebels Lebensreise. Hans-Joachim Bittner
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Ich handelte – abgedroschen – nach bestem Wissen und Gewissen und erhielt von meinem Buch-Hauptdarsteller inspirierende Geschenke: Geschichten voller Leben, Abenteuer, Poesie und bunter Bilder. Bei all den Wiebel’schen Erzählungen wäre ich immer wieder am liebsten selbst aufgebrochen, abgereist zu neuen Ufern.
Von Stefan erfuhr ich auch, nachdem er „seine“ Lebensreise gegengelesen hatte, den Mut, die Kraft und den Schwung, weiterzumachen: „Ich hatte beim Lesen das Gefühl, als wärst du selbst dabei gewesen“. Vielen Dank, mehr Anerkennung könnte sich ein Autor nicht wünschen.
Hans-Joachim Bittner
Einige – keineswegs unwichtige – Hinweise zum besseren Lese-Verständnis sind an dieser Stelle unvermeidbar. Denn das Trennen der beiden Namen „Stefan Wiebel“ und „Stefan Wörz“ war kein Leichtes. Die Schwierigkeit für mich als Autor: die identischen Vornamen UND die gleichen Initialen „S. W.“ Für einen Schreiber fast schon ein Albtraum, aber nur fast. Darum folgende Lösung: Wenn in den Kapiteln allein von „Stefan“ die Rede ist, ist der Wiebel gemeint. Wenn ich jedoch von seinem Reisepartner erzähle, und dies geschieht fast ausnahmslos in Absätzen, in denen sich die Erlebnisse mit jenen von Stefan Wiebel vermischen, steht auch dessen Familienname (Wörz) dabei. Dennoch kommt der Nachname des Hauptdarstellers „Wiebel“ durchaus öfter vor. Das geschieht immer dann, wenn es zum klaren Verständnis sein musste.
Die Kapitel „X: Wörz“ sowie „XVII bis XIX - Lappland 1 bis 3“ sind in erster Linie in enger Zusammenarbeit mit Stefan Wörz entstanden.
Davon träumte Stefan vor der Reise: In einer kleinen Grill-Kota in Schweden Feuer machen, kochen und übernachten.
Naturbelassene Flusslandschaft im Süden Schwedens.
Stefan Wiebel
Mit der Kamera unterwegs.
Stefan Wiebel
Der Momentensammler
Stefans „Gartentürl“steht jedem offen.
Hauptdarsteller in meinem Buch ist einer, der sich durch nahezu nichts aufhalten ließ und lässt. Dabei trieb er es immer wieder mal zu bunt, wie er selbst sagt. Und der berühmte Strich durch die Rechnung, seinen Lebensweg, kam für ihn mehrfach näher als ihm lieb war. Ein zu risikoreicher Gleitschirmflug und ein hb-Wert von 3,5 (normal wäre bei ihm 14 bis 18) im Frühjahr 1993 beschloss das „Kapitel Stefan Wiebel“ nahezu, beendete fast alles. Aber der Reichenhaller kämpfte, biss sich durch, überlebte und lebte fortan ein anderes Leben. Sicherer, aber nicht minder abenteuer- oder unternehmungsfreudig. Stefan entschied sich auch gegen das Drinnensein. Er muss raus, so oft es geht.
Geboren am 31. Juli 1970 in Karlstadt am Main („Es passt ihm gar nicht, dass er kein echter Oberbayer ist“, verrät Papa Willi), aufgewachsen in Bad Reichenhall, ist Stefan mehr als ein Globetrotter: Er ist Gleitschirmflieger seit 1987, professioneller Tandempilot mit Deutschem Meistertitel, der jährlich über 100 Flüge absolviert – außer, wenn er, wie in den letzten Jahren, monatelang durch Norwegen, Schweden oder Finnland reist. Er ist erfahrener Höhenbergsteiger, der in seiner Vita auf Touren und Expeditionen im Himalaya, in Tibet, den Anden oder Neuseeland verweisen kann, er ist Faltboot- und Schlauchkanadier-Paddler, Skitourengeher und -wiederabfahrer, Mountainbiker und Hobbyfotograf mit Profi-Ansprüchen und mittlerweile echtem -Können, Multivisionsreferent, examinierter Krankenpfleger und nicht zuletzt, vielleicht sogar in der Hauptsache, „Momentensammler“. Den Song von TV-Moderator und Liedermacher Werner Schmidbauer stellte Stefan 2013/14 seiner Vortragsreihe „Mit den Gezeiten“ voran. Eine 42-Tage-Reise, die er mit „Spezl“ Stefan Wörz 2012 erlebte – „erleben durfte“, wie er sagt. 2014 waren sie wieder unterwegs, hatten fast nur schlechtes Wetter, so viel Geplantes konnten sie nicht umsetzen, in Lappland. Trotzdem kehrten sie tiefenentspannt und glücklich zurück. Kein Jammern, kein Hadern, kein bisschen. Stattdessen reichlich Gefühl und Tiefe, Staunen, Sehen, Erleben und viel mehr als unvergessliche Augenblicke. Bilder für die Ewigkeit. So geballt.
Schwer bepackt mit dem Faltboot in Nordnorwegen unterwegs.
Stefan ist naturverrückt. Im positiven Sinn. Sein Motto: „Wer sich in der Luft ohne Hilfsantrieb fortbewegen kann, benötigt auch zum Reisen keinen Motor.“ Wenn es möglich war, fuhr er mit dem Fahrrad und einem Hänger hinten dran, 50 Kilogramm schwer, zu den Ausgangspunkten zum Klettern und noch viel öfter zum Gleitschirmfliegen.
Letzte Umarmung: Zwei Monate sahen sich Stefan und Irmi im Frühjahr 2014 nicht.
Die Geschichte seiner bislang 44 Lebensjahre würde für eine ganze Buchserie reichen. Stefans hervorstechende Momente, glückliche wie die weniger gelungenen – nicht nur einmal hat er sein Dasein übertrieben –, erzählte er mir in monatelanger intensiver Zusammenarbeit. Und ich verspreche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, in den folgenden Kapiteln fast alles, was ein Mensch erleben kann: Lebensmut und -freude, Leidenschaft, Überschwang, Inspiration, Risiko, Abenteuer, Emotion, Trauer, Wut, Verzweiflung und Schmerz – und ganz viel Herzblut. Garniert mit beeindruckenden Bildern aus der wahrhaft ungewöhnlichen Lebensreise eines echten Oberbayern. Denn das ist er trotz seines unterfränkischen Geburtsortes ohne jeden Zweifel.
Stefan ist mit Irmi verheiratet und lebt mit ihr in Bad Reichenhall im Berchtesgadener Land. Sein Garten bietet den perfekten Rundumblick auf alle seine Flugberge, von denen er immer wieder solo sowie als Tandem-Gleitschirmpilot – mit Irmi oder begeisterten Gästen – abhebt, um seine Heimat von oben zu erleben.
Kapitel I: Nichts versäumen
Kapitel I: Nichts versäumen
Das Ziel stets klar vor Augen.
Es geht nicht um Rekorde, es geht um Erleben, in der Natur. Still und sanft. Ruhe aufsaugend, Spannung haltend, Langsamkeit spürend. Körperlich wie seelisch, physisch wie psychisch. Gedankenfrei, wenn möglich. So inspirierend. Stefan braucht das, immer stärker. Immer intensiver. Immer impulsiver, die Kopfgeburt. Das Kribbeln, das Sprudeln in der Magengegend, die Vorfreude, das warme Wohlgefühl des auferlegten Ziels stets vor Augen. Und die Neugierde, den Pulsschlag, das Pochen, das Wissenwollen. Es geht nicht um Rekorde. Nie.
Monatelange Vorbereitungen. „Denke ich an alles? Bloß nichts übersehen. Was kommt auf mich zu?“ Stefan läuft auf und ab, im Haus. Aufgeregt. Das ausladende Erdgeschoss, die liebevoll her- und eingerichtete Wohnung voller Reiseaccessoires im Reichenhaller Talkessel,