Chef, wir müssen reden. Der Traum vom Ausstieg auf Zeit. Alexander Reeh

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Chef, wir müssen reden. Der Traum vom Ausstieg auf Zeit - Alexander Reeh

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wir haben uns jeden Euro selbst verdient.«

      »Wir konnten uns das in dem Alter aber nicht leisten!«

      Ein Dialog, den wir schon mal so oder in leicht abgewandelter Form führen müssen. Dabei werden wir meist gar nicht mit Fragen, sondern direkt mit vermeintlichen Behauptungen konfrontiert. Auf die letzte Feststellung könnten wir verschiedene Antworten geben. »Man muss sein Geld halt nicht nur verdienen, sondern auch sparen.« Oder »Vielleicht haben wir ja einfach in unserem 25jährigen Berufsleben mehr geleistet.« Oder die sicherlich ehrlichste Antwort: »Was wir machen hat eigentlich wenig mit Geld, sondern mehr mit Mut, Abenteuergeist und Entscheidungsstärke zu tun.«

      Einfach mal die Konventionen hinterfragen. Müssen wir wirklich arbeiten bis zum »Burn-out«? Brauchen wir ein Haus, damit andere sehen, wie erfolgreich wir sind? Gibt es ein Gesetz, dass man tatsächlich bis 67 arbeiten muss? Muss man jemanden um Erlaubnis fragen, wenn man seine Karriere mit 43 beendet?

      Nein, nein, nein, nein!

      Jeder hat sein Leben und das, was er damit macht, selbst in der Hand. Irgendwann habe ich für mich entschieden, 86 Jahre alt zu werden. 43 Jahre, also genau die Hälfte, habe ich in die Karrieren investiert. In 24 Jahren habe ich mich vom Azubi bis in die Führungsebene eines großen DAX-Unternehmens hochgearbeitet. Als Geschäftsführer, Referats- und Abteilungsleiter habe ich rund 100 Mitarbeiter betreut und konnte die Privilegien eines Managerlebens genießen. Ich war in der ganzen Welt unterwegs, mal in der Business Class, mal in der First Class oder gar im Firmenjet. Habe in den tollsten Hotels gewohnt, den besten Restaurants gespeist.

      Doch wir kommen beide aus einfachen Verhältnissen und hatten nie den Drang, das Leben unseren finanziellen Möglichkeiten anzupassen. Wir hatten eine wunderschöne Wohnung mit tollen Nachbarn. Wir brauchten keine Rolex am Arm und keine Kleidung von Armani. Wir haben lieber Camping gemacht, als Urlaub im Hotel. Doch eines, das hatten wir immer zu wenig: Zeit! Zeit für uns und Zeit für einander!

      Warum also nicht die zweiten 43 Jahre unseres Lebens nutzen, um was ganz anderes zu machen? Einfach aussteigen aus dem bisherigen Leben und die Welt bereisen. Sich fremde Länder nicht aus dem Taxi während einer Dienstreise anschauen oder in der perfekten Organisation einer Pauschalreise. Natürlich gab es genug Stimmen, die gesagt haben: »Das macht man nicht!« Viele, die gewarnt haben: »Ihr könnt doch nicht einfach Eure Sicherheiten aufgeben!« und etliche, die uns leicht vorwurfsvoll mit-teilten: »Ich würde das ja auch gerne machen, kann aber nicht wegen …«

      Es ist auch nicht unser Bestreben, unsere Lebensphilosophie als die einzig wahre darzustellen. Was im Endeffekt die richtige Entscheidung gewesen sein wird? Zu dieser Weisheit werden wir wohl erst mit 86 Jahren gelangen. Doch bis dahin genießen wir das Gefühl von Freiheit, den Hauch von Abenteuer und Zeit … Zeit satt!

       Klaus Vierkotten (46), Ex-Manager

       Life is for living

      Einleitung

      Liebe Leserin, lieber Leser,

      »Hört zu, ich will euch von einem guten Lande sagen, dahin würde mancher auswandern, wüsste er, wo selbes läge. Wer nichts kann, als schlafen, essen, trinken, tanzen und spielen, der wird dort zum Grafen ernannt. Jede Stunde Schlafens bringt einen Gulden ein und jedes Gähnen einen Doppeltaler.«

      Vielleicht haben Sie schon von diesem – leider nie entdeckten – Land gehört, dem Schlaraffenland, von dem Ludwig Bechstein in einem Märchen berichtet. Stellen Sie sich vor, Sie erwachen morgens vom leisen Plätschern der Wellen, die Wedel der Kokospalmen wiegen sich sanft im warmen Wind. Das Frühstück auf der Terrasse besteht aus knusprigen Pfannkuchen und einem exotischen Obstsalat. Ihr Blick wandert hinaus auf das smaragdgrüne Meer, während Sie der Duft von Frangipani umgibt. Schon kehren die ersten Fischer mit ihrem Fang zurück und im Geiste malen Sie sich Ihr Abendessen aus … Doch dazwischen liegt noch ein aufregender Tag, vielleicht Schnorcheln in der türkisfarbenen Lagune, Kanu fahren und dabei eine unbekannte Insel entdecken, ein Plausch mit den Eingeborenen …

      Doch die Realität sieht anders aus: Jeden Morgen in aller Herrgottsfrühe klingelt uns der Wecker erbarmungslos aus unseren Träumen. Nieselregen, die üblichen verstopften Straßen, jeden Tag der gleiche Büro-Mief, dazu die muffigen Gesichter der Kollegen.

      Dabei ist die Sehnsucht danach, sich einfach mal aus dem Alltag auszuklinken und die Seele baumeln zu lassen, größer denn je. Ob Almhütte oder Atlantiküberquerung, Pilgern auf dem Jakobsweg oder mit den Kindern auf dem Spielplatz, laut einer Forsa Umfrage wünschen sich 38 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland eine Auszeit.

      Allerdings ist die Zahl derer, die es freiwillig wagen, die alltägliche Tretmühle anzuhalten, noch klein. Zu groß ist die Angst, nicht mehr an den ursprünglichen Arbeitsplatz zurückkehren zu können. Zu mächtig noch immer die Vorurteile, die in unserer Gesellschaft den Menschen entgegengebracht werden, die nicht arbeiten.

      Dabei stehen die Chancen auf ein »Sabbatical« heutzutage so gut wie nie zuvor. Dieser heute gängige Begriff entstammt einem biblischen Brauch, der im Zweiten Buch Mose beschrieben wird:

      »Sechs Jahre sollst du dein Land besäen und seine Früchte einsammeln. Aber im siebten Jahr sollst du es ruhen lassen«, heißt es dort. Professoren in den USA waren die ersten, die sich die Bibelstelle zu Herzen nahmen. Sie führten an den amerikanischen Universitäten Sabbaticals ein: Auszeiten von einem halben Jahr, in denen die Professoren dem Lehrbetrieb den Rücken kehren können, um sich völlig ihrer Forschungsarbeit zu widmen.

      Auch hierzulande machen inzwischen in vielen Betrieben Arbeitszeit- und Urlaubskonten eine solche Pause möglich. Der Arbeitnehmer spart dazu Urlaubstage an, die er dann für eine Auszeit an einem Stück nimmt. Oder aber er bekommt über einen festgelegten Zeitraum reduzierte Bezüge, arbeitet aber voll und nimmt anschließend eine Auszeit, in der das Gehalt gleich bleibt.

      Da Auszeiten dem »Burn-out« vorbeugen und die Mitarbeiter oft hochmotiviert an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, stößt diese Form des Langzeit-Urlaubs bei den Chefs inzwischen nicht mehr durchwegs auf taube Ohren.

      Allerdings sollte ein »Sabbatjahr«, egal ob drei oder zwölf Monate, gut vorbereitet und geplant sein. Tipps, wie Sie Ihren Chef überzeugen und wie auch Ihr Ausstieg auf Zeit gelingt, finden Sie im Anhang dieses Buches.

      Und nun, Arbeit adé, lassen Sie sich von den vielfältigen Berichten der in diesem Buch versammelten »Auszeiter« überraschen und inspirieren.

      Viel Spaß dabei und bei Ihrer Auszeit wünscht Ihnen Ihr

       Alexander Reeh

       Sie war eine erfolgreiche TV-Moderatorin in München. Vor 13 Jahren stieg sie aus - von jetzt auf gleich - kündigte ihre Festanstellung per SMS, buchte spontan den zehnten Flug auf der Anzeigetafel des Münchner Flughafens und landete in der Karibik. Die unglaubliche Geschichte der Lara Sanders

       © Nepomuk Karbacher Bilder.n3po.com

      Einer dieser Tage. November-Nieselregen aus schweren Wolken, Temperaturen um vier Grad, Gesichter unter Kapuzen, Autos spritzen durch die Straßenpfützen. Reisebüros werben für Last-Minute-Flüge in die Sonne, irgendwohin, raus aus dem Grau, der Kälte, den Kapuzen. Irgendwohin. Es könnte so einfach sein.

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