Chef, wir müssen reden. Der Traum vom Ausstieg auf Zeit. Alexander Reeh

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Chef, wir müssen reden. Der Traum vom Ausstieg auf Zeit - Alexander Reeh

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zu schützen. Kwandos Esel haben für ihn als Amputierten eine wesentliche Bedeutung bei der Verrichtung der Farmarbeit; zudem halten die Esel das invasive Guineagras in Schach und liefern Dung für unser Biogemüse. Sie sind wunderbare Wesen unsere Esel. Mit ihnen hielten wir auch ein Sommercamp für behinderte Kinder auf der Farm, eine Initiative, die wir im Juli dieses Jahres (2013) mit einer österreichischen Tiertherapeutin wiederholen werden.

      Ich bin weiterhin vom diplomatischen Dienst beurlaubt, verdiene umgerechnet etwa 500 Euro im Monat, also viel weniger als in meinem alten Leben. Bereut habe ich meine Entscheidung nie, trotz der Widrigkeiten. Ich habe das kreative Schreiben entdeckt, »Honigmann« publiziert. Ich habe durch Kwando, der tief in seinem christlichen Glauben verankert ist, sich zum spirituellen Heiler ausbilden ließ, einen neuen Weg zu meinem alten Glauben gefunden.

      Manche bezeichnen mich als Aussteigerin, doch bin ich nicht ausgestiegen oder abgehauen, viel eher erlebe ich Begegnungen mit Menschen in Europa oder in St. Kitts intensiver als je zuvor. Durch die Öffentlichkeitswirkung meines Buches »Honigmann« melden sich Freiwillige, Gäste, die uns in St. Kitts besuchen. Heute lebe ich ehrlicher, bin in offenherzigerem Kontakt mit Menschen. Und geben wir es doch zu, mit den heutigen Möglichkeiten ist die Welt ein Dorf geworden. Ich bin dankbar, dass ich in St. Kitts weilen kann. So ernte ich, umgeben von Eseln und Pferden, Ingwer oder Minze auf der Farm mit Kwando, unseren Mitarbeitern und den Jugendlichen. Mit meinen Kindern habe ich eine tiefe Verbindung, wir skypen fast täglich und ich fliege mehrmals im Jahr zu ihnen. Doch mein Platz ist jetzt hier, mit Kwando, dem Honigmann.

       Elisabeth Karamat

      Den spannenden autobiografischen Roman »Honigmann« (erschienen bei Bastei-Lübbe) gibt es im Internet oder jeder Buchhandlung.

       Leon Schulz, Autor des Buches »Sabbatical auf See«, möchte alle Gleichgesinnten ermutigen, ihre vage Zukunftsvision vom Ausstieg auf Zeit in Realität zu verwandeln

       © Leon Schulz

      Es konnten unzählige Gründe aufgezählt werden, warum gerade wir ein Sabbatical auf See niemals in die Tat umsetzen würden. Ich pflegte mit Ehrfurcht Segelbücher zu verschlingen, die von all den anderen Glücklichen handelten, die es geschafft hatten, ihre Träume zu verwirklichen. Wir hatten keine Erfahrung im Blauwassersegeln und zudem einen attraktiven Arbeitsplatz als Ingenieure und Kinder, die zur Schule mussten. Wir zweifelten, ob wir es uns überhaupt leisten könnten, ein ganzes Jahr ohne finanzielle Einnahmen auszukommen. Viele gute Gründe dort zu bleiben, wo man sitzt, oder? Aber nachdem wir wieder einmal einen Vortrag von einer echten Blauwasserseglerin gehört hatten, ging ich am Ende des Referates zu ihr und sagte, dass wir auch so gerne das machen würden, wovon sie gerade erzählt hatte. »Na, dann tu’s doch!«, antwortete sie forsch. Ich dachte, sie hätte mich nicht verstanden. Damals war ich noch davon überzeugt, dass ich mein so sorgsam geregeltes Leben weder verändern dürfe noch könne. Wie engstirnig ich doch war! Heute weiß ich: Was man wirklich will, das kann man auch und sollte es tun! Daher warne ich meine Leser: Falls Sie mein Buch »Sabbatical auf See« lesen, tun Sie dies auf eigene Verantwortung! Es könnte sein, dass auch Sie vom Fernweh angesteckt werden, Ihre Chancen sehen und plötzlich den Entschluss fassen, ebenfalls die Leinen loszulassen. Auf jeden Fall würden wir uns sehr freuen, Ihnen auf den Weltmeeren zu begegnen, denn Platz ist dort genug, und das Risiko, dass Sie Ihren Aufbruch bereuen, scheint mir eher gering. Tatsächlich bereuen die meisten Menschen am Ende des Lebens eher das, war sie im Leben unterließen, als was sie gewagt haben. Und mir ist noch keiner begegnet, der am Ende bereute, nicht genug gearbeitet zu haben….

      Vielleicht denken Sie ähnlich wie ich damals, dass man als Familie speziell gestrickt sein muss, eine große Menge Mut braucht, ein wenig Waghalsigkeit, sogar einen Hauch Naivität und schließlich auch überdurchschnittliches Glück, damit alles gutgehen kann.

      Wir nahmen unsere Kinder aus der Schule, verkauften unser Haus, gaben unsere Berufe auf, und dann, ganz einfach, ließen wir die Leinen los und segelten aus dem Hafen. Vielleicht sind wir tatsächlich etwas abenteuerlich veranlagt, und wir brauchten sicherlich auch eine Portion Mut, aber wir sind nicht mehr von Glück gesegnet als andere Familien. Im Gespräch mit den vielen segelnden Eltern-und-Kinder-Crews, die wir unterwegs getroffen haben, wurde deutlich, dass wir alle eine sehr ähnliche Entwicklung durchlaufen haben: mit den gleichen Fragen, mit denselben Ängsten und vergleichbaren Erlebnissen vor, während und nach der Durchführung unseres Segelabenteuers.

      Meiner Erfahrung nach führt ein Sabbatical durch vier Phasen: 1. Träumen 2. Planen 3. Durchführen und 4. Wiedereinsteigen.

      Typisch nähert man sich einem Sabbatical nämlich als Träumer. Es vergehen oft Jahre, in denen man von einer Auszeit träumt, und hier gehört man wirklich nicht zur Minderheit, wie eine Forsa-Umfrage neulich bestätigte. Aber nur 2% schaffen es am Ende den Schritt tatsächlich zu wagen. Zu schade!

      In der Rückschau war für uns der Übergang zwischen der Phase vom Träumen zum Planen tatsächlich am schwierigsten. Diesem Schritt ging ein langer, innerer Kampf voraus, der sich in unzähligen Gedanken und Diskussionen im Kreis drehte. Immer wieder erwogen wir dieselben Vor- und Nachteile, Risiken und Chancen, ohne ein klares Bild zu bekommen. Die Herausforderung schien einfach zu vielschichtig, denn wir hatten Angst vor einer Veränderung! Dieser Prozess ist verständlich und sogar notwendig.

      Sollten auch Sie diesen inneren Kampf schon in sich selbst gespürt haben: Keine Sorge, wir haben alle darunter gelitten – er gehört dazu! Angst ist der Schrecken jedes denkenden Menschen! Angst steht im Zusammenhang mit stammesgeschichtlich herausgebildeten Warn- und Schutzfunktionen und kann schon bei der Vorstellung einer potentiellen Bedrohung auftreten. Daher führt sie oftmals zu Vermeidung, unterdrückt möglicherweise die Freude am Erkunden von Neuem oder am Spiel und hemmt somit Initiative und Kreativität. Aber man kann sie überwinden und den bewussten, reflektierten und respektvollen Umgang mit Angst in einem weitgehend kontrollierten Rahmen auch als lustvoll, befreiend und zutiefst befriedigend erleben. So tobt ein lebenslanger Kampf in jedem Einzelnen von uns zwischen dem Suchen, Ausprobieren und Erkunden auf der einen und dem Vermeiden, Kontrollieren und Bewahren-Wollen des Bekannten auf der anderen Seite. Beide Pole haben ihre Berechtigung, und jeder Mensch muss seine eigene Balance zwischen diesen beiden konkurrierenden Kräften in sich finden. Gewinnt die Vernunft diesen Kampf jedoch vielleicht zu oft in unserer von Rationalität geprägten Informationsgesellschaft? Werden unsere Gefühle unterdrückt, fehlt es an Fantasie, Neudenken sowie der Bereitschaft umzudenken? Sind wir deshalb für individuelle und daher unübliche Gedankengänge zu blockiert? Die Evolution hat uns den Verstand und die Fähigkeit zum Angsterleben gegeben, um Gefahren zu erkennen und ausweichen zu können, denn das Unbekannte könnte gefährlich sein! Aber ohne den Mut, manchmal auch das Risiko einzugehen, etwas zu unternehmen, das wir nicht ganz verstehen oder kennen, das heißt, dessen Konsequenzen nicht von Anfang bis Ende ersichtlich sind, gäbe es keine persönliche Weiterentwicklung und keinen Fortschritt.

      Wir haben einen Freund, der einmal gesagt hat, er wolle das Blauwassersegeln lieber gar nicht erst ausprobieren, denn er habe Angst, es so zu genießen, dass er nie mehr in einen normalen Alltag zurückkönne.

      »Besser es nicht zu wissen…«, murmelte er, während er in seinem Büro mit dem Gestus großer Wichtigkeit bedeutungsvolle Papiere von einem Haufen zu andern schob. Nachdem wir das Blauwassersegeln ja nun gewagt haben und seit einiger Zeit versuchen, uns wieder an unser altes Leben zu gewöhnen, muss ich zugeben, er hatte nicht Unrecht.

      Die dritte Phase, das eigentliche Segeln, ist der leichteste Schritt, denn hier trifft man auf viele Gleichgesinnte, die, wie wir, in ihren Schiffen für eine kürzere oder längere Auszeit auf den Weltmeeren umherschippern. Die gegenseitige Unterstützung der

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