Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus. Anna Malou

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Traumzeit – auf den Spuren des Jakobus - Anna Malou

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dass meine Orientierungsfähigkeit sich von Tag zu Tag verbessert. Es ist eben alles eine Frage der Übung.

      Am Abend muss ich erst einmal meinen Rucksack fertig packen, das Apartment aufräumen, kontrollieren, ob ich nichts liegen gelassen habe, und Geschirr spülen. Immer, wenn ich mehrere Tage – und dieses Mal waren es vier Tage in Lagos – an einem Ort – war, habe ich doch einen großen Teil meines Rucksackes ausgeräumt. Zumal ich am Strand einige Dinge benötigte, die ich sonst nicht gebrauche. Weiterhin gilt es, die Verpflegung zusammenzustellen: Für morgen gibt es wieder viermal 0,5 Liter-Flaschen Selters und zwei Brötchen mit Käse. Zum Frühstück morgen habe ich noch eine Banane. Diese Vorbereitungen für den nächsten Tag erledige ich immer am Abend vorher, damit ich morgens nicht unter Zeitdruck gerate. Ich möchte nämlich nicht, dass mein früher Aufbruch am nächsten Morgen stressig wird.

      Da es so schön lau draußen ist, laufe ich am Abend doch noch einmal in die Stadt. Hunderte von Menschen spazieren mit der Familie oder mit Freunden die Straßen entlang, sitzen in den Restaurants oder Bars draußen und genießen ihre Ferien, die laue Luft, die freie Zeit. Es wird gelacht und geredet, viel Musik klingt durcheinander und alles in allem herrscht eine fröhliche, ausgelassene Stimmung vor. Die Geschäfte haben noch geöffnet und viele bummeln an den Ständen und in den Läden herum.

      Ich setze mich draußen in einer Bar dazu, habe aber dieses Mal Pech, denn es ergibt sich kein weiteres Gespräch, alles scheitert an den Sprachbarrieren. So gehe ich gegen 22.00 Uhr allmählich in mein Quartier, da ich morgen wieder mit Handywecker um 6.30 Uhr aufstehen will. Der Trubel in der Stadt geht jedoch – wie jede Nacht – weiter, wird sogar noch lauter, bis er gegen 3.00 Uhr in der Frühe endlich verstummt. Ich werde durch die Geräuschkulisse immer mal wach, bin aber so müde, dass ich schnell wieder einschlafe.

      Um 7.30 Uhr geht es los. Ich gebe meine Apartmentschlüssel ab, wobei ich noch ein kurzes Gespräch mit meiner Vermieterin habe. Vor allem möchte sie wissen, ob ich denn alles, was sie mir erklärt hatte, gefunden habe. Sie freut sich, dass es an dem ist und ich bedanke mich herzlich, dass ich für diese vier Tage derart komfortabel und preisgünstig untergekommen bin.

      Schließlich laufe ich, mit Rucksack und Walking-Stöcken bepackt, los, um den Bus-Terminal zu erreichen. Dieses Mal habe ich ausreichend Zeit einkalkuliert und kann in Ruhe dort ankommen und auch meine Fahrkarte nach Setubal lösen. 320 Kilometer kosten 18,30 Euro und so sitze ich eine knappe halbe Stunde später in dem Bus, der die Algarve verlässt. Die Reise geht über Aljezur und Zambujeira durch den Parque Naturel an der Serra do Cercal vorbei. Der Bus fährt Serpentinen und in einem erstaunlichen Tempo in einer Berg- und Talfahrt. Ich fühle mich fast wie in einem Karussell. Im Naturschutzgebiet durchfahren wir eine erheblich große Waldfläche, in der lauter teils ganz, teils halb abgebrannte Kiefern- und Eukalyptusbäume stehen. Die Erde ist voller schwarzer Sträucherreste und es riecht sehr unangenehm. Jedes Jahr im Sommer kämpft Portugal mit Waldbränden und dieses ist ein Zeugnis dafür, was so ein Waldbrand der Natur antut.

      Der Bus durchquert Cercal und Sines und hält schließlich in Santiago do Cacem. Hier muss ich in einen anderen Bus umsteigen, der dort schon mit laufendem Motor wartet. Also, schnell, Tasche, Stöcke, Rucksack aus dem Gepäckfach heraus, hinein in das nächste Gepäckfach, wobei ich mich entschieden habe, die Walking-Stöcke mit in den Bus hineinzunehmen, damit sie bei den aufeinander geworfenen Gepäckstücken keinen Schaden nehmen.

      Auch der zweite Bus ist ein neuer, sauberer Reisebus, der sogar Beckengurte zum Anschnallen aufweist. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind hier in Portugal deutlich besser als in Deutschland, zumal sie viel, etwa viermal, billiger sind. Schließlich erreiche ich mein Ziel Setubal um 13.00 Uhr nach viereinhalb Stunden Busfahrt.

      Als ich aussteige, ist die Bewölkung von heute Morgen fast weggezogen und es ist wieder schön warm, aber noch nicht zu heiß. Vom Busbahnhof sattle ich mein Gepäck und frage mich durch, in welcher Richtung sich die „City“ von Setubal befindet. Nach ca. einer Viertelstunde stehe ich auf einem Platz mit einem Monument, alles schön gepflastert, rundherum Straßencafés und daneben die Kirche, eine der Kirchen von Setubal. Nun scheint die Sonne doch wieder, es ist richtig heiß, ich stehe wieder einmal in einer völlig fremden Stadt und habe keine Ahnung, wo ich hinmuss. Es gibt zwar ein Schild „Tourismo“, aber das Touristenbüro ist für mich nicht auffindbar und keiner der von mir angesprochenen Passanten versteht mich oder weiß, wo sich das Touristenbüro befindet. Also, muss ich das Problem mit der Unterkunft wieder einmal selbständig lösen. Auf dem zentralen Platz gibt es, wie mir Passanten zeigen, ein Haus „habitationes“, in dem im zweiten Stock Zimmer vermietet werden. Als ich jedoch klingele, mehrmals, öffnet niemand, so dass ich weitersuchen muss. Zwei Ecken weiter finde ich ein Vier-Sterne-Hotel. Auf meine Nachfrage erfahre ich, dass das Einzelzimmer 40,00 Euro kosten soll, viel zu viel für mein Budget für den Zeitraum von gut sechs Wochen. Jedoch schickt mich die Empfangsdame weiter und siehe da, nur wenige Häuser daneben gibt es eine Pension. Die Haustür steht offen, ich steige in den ersten Stock und frage nach einem Zimmer für eine, eventuell für zwei Nächte. So bekomme ich für 25,00 Euro mein Zimmer, mit Doppelbett für mich allein und mit WC und Dusche, ganz zentral gelegen, und sogar mit einem Minibalkon zur Straße hin.

      Hier muss ich mich wieder mit dem Personalausweis anmelden und sofort bezahlen. Mir soll es recht sein, Hauptsache, ich habe ein Zimmer. Nun brauche ich eine Pause, lege mich kurz aufs Bett und entspanne. Nach der Schaukelei im Bus heute, merke ich meine Knochen doch etwas. Schließlich mache ich mich fertig, um das Ziel meines Haltes in Setubal aufzusuchen, das Castillo Fortaleza de S. Filipe. Ich laufe die Hauptstraße entlang und frage nach dem Castillo, jedoch keiner versteht mich. Offensichtlich können hier, jenseits der Massentourismusströme, bei weitem nicht so viele Leute Englisch sprechen wie an der Algarve. Schließlich habe ich die Nase voll und gehe kurz entschlossen in eine Wechselstube, in der Annahme, dort jemanden anzutreffen, der Englisch spricht.

      Und wirklich, hier bekomme ich Hilfe: Ein junger Mann hinter dem Schalter fertigt mir einen Ausdruck mit einem Bild vom Castillo an und gibt mir eine genaue Wegbeschreibung, rät mir aber zu einem Taxi. Ich jedoch bin entschlossen zu laufen, zumal ich heute schon den halben Tag lang im Bus gesessen habe. Und wirklich, es klappt perfekt, nach dieser Wegbeschreibung finde ich das, was ich suche. Nach zehn Minuten Fußmarsch entdecke ich einen Schilderhinweis auf das Castillo und folge diesem. Nach einer weiteren Viertelstunde ist mir klar, warum ich hätte ein Taxi nehmen sollen, denn der Weg geht steil bergauf und das eine gute halbe Stunde lang. Die Sonne glüht und ich auch, ich schwitze aus allen Poren, bin aber überzeugt, dass ich diesen Weg zu Fuß bewältigen will. Da ich später vorhabe, den gesamten Caminho Portugues zu laufen, brauche ich die Fußmärsche zwischendurch auf jeden Fall, um im Training zu bleiben. So sehe ich bereits seit langem das Castillo, komme ihm aber nur schrittweise näher. Unten auf dem Weg gab es einen Hinweis darauf, dass sich im Schloss eine „Pousada“, eine stilvolle, gehobene Unterkunft, also ein landestypisches Hotel, befindet. Endlich bin ich oben angekommen, schweißnass von der Anstrengung und von der Hitze.

      Als erstes erkenne ich eine riesige, bestimmt dreißig Meter hohe Mauer mit Zinnen und eine halbwegs gepflegte Gartenanlage, in der gearbeitet wird. Ich durchquere den Eingangsbereich, der durch Mauern von mindestens zehn Metern Dicke führt. Auf dem oberen Bereich des Castillos kann ich nur sehr vorsichtig herumlaufen, da dieser verwittert und ungepflegt, mit Geröll und ausgetretenen Steinstufentreppen beschaffen ist. Jedoch habe ich von hier oben eine fantastische Aussicht auf Setubal, auf das Meer, das in der Sonne glitzert. Auch kann ich den Hafen und die Industriebereiche an den großen Kränen, Silos und Schiffen erkennen. Von hier oben blicke ich rundherum in die Landschaft und entdecke auf der anderen Seite typisch portugiesische Windmühlen und habe einen weiten Blick auf das Naturschutzgebiet, was mir sehr gefällt.

      Schließlich steige ich die Treppen vorsichtig wieder herab, um dann kurz in die Pousada einzutreten. Hier bin ich einfach neugierig und frage nach dem Preis für die Übernachtung. 185,00

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