Schwarzes Gold. Dominique Manotti

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Schwarzes Gold - Dominique  Manotti

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ihm mit einer Handbewegung einen Stuhl zu und nimmt Platz. »Commissaire Daquin, erfreut, Sie bei uns zu haben, Sie sind uns herzlich willkommen.«

      Die beiden Männer sitzen sich gegenüber. Payet ist schlank, geradezu mager, grauer Anzug, knochiges Gesicht, sehr kurzer Bürstenschnitt, erstarrt in der ständigen Furcht, die Kontrolle zu verlieren. Daquin, groß, athletisch, ein Tier, das auf Gefühlsregungen und Überraschungen lauert. Es funkt nicht zwischen ihnen.

      »Regeln wir zunächst das Administrative. Ihr Posten: die Ermittlungsabteilung, Gruppe zur Bekämpfung der Bandenkriminalität, Sie sind zweiter Stellvertreter des Gruppenchefs. Ihnen untersteht ein kleines Team: Inspecteur Grimbert, ein hervorragender Kenner der Marseiller Situation, er ist seit über zehn Jahren hier im Évêché, und Inspecteur Delmas, ein Jungspund, frisch aus dem Südwesten. Büro 301 ist Ihrem Team zugeteilt. Alles klar?«

      »Vollkommen klar, Herr Direktor.«

      »Kommen Sie heute Mittag her, dann stelle ich Sie dem Leiter der Kriminalabteilung und dem Chef der Gruppe zur Bekämpfung der Bandenkriminalität vor. Und ich betraue Sie mit dem ersten Fall, um Sie einzuarbeiten. Courbet erzählte mir, dass er Sie gestern mit zum Tatort im Belle de Mai-Viertel genommen hat.«

      »Das ist richtig.«

      »Ein guter Einstieg in die Materie. Leider sind solche Vorkommnisse in unserer Gegend nicht selten. In letzter Zeit wurden sämtliche Fälle von Abrechnungen im Milieu gebündelt und die Ermittlungsverfahren Richter Bonnefoy übertragen. Sie werden das Team der Kriminalpolizei verstärken, das mit Bonnefoy zusammenarbeitet, und sich speziell um den Fall Belle de Mai kümmern. Ist Ihnen das recht?«

      »Sehr recht, Herr Direktor.«

      »Dann bleibt mir nur noch, Ihnen gute Arbeit und viel Glück zu wünschen.«

      »Danke, Herr Direktor.«

      Daquin sucht das ihm zugewiesene Büro, findet es bald am Ende eines Flurs, abseits der großen Verkehrsströme innerhalb des SRPJ. Der Raum ist zu klein, aber hell und ruhig, hastig eingerichtet, drei Stühle und drei Schreibtische, bunt zusammengewürfelt, zwei Schreibmaschinen, zwei Telefonapparate und zwei Metallschränke. Er wählt seinen Schreibtisch, gegenüber der Tür, Fenster im Rücken, und liest die regionale Berichterstattung über die Morde im Belle de Mai-Viertel, während er auf seine Teamkollegen wartet.

      Die beiden Inspektoren treffen eine halbe Stunde später zusammen ein. Daquin steht auf und begrüßt zuerst den Älteren, Grimbert, den guten Kenner des Marseiller Lebens, den Mann, den der Chef, wie er annimmt, ebenso zu seiner Unterstützung wie zu seiner Überwachung abgestellt hat, den Mann, dessen Vertrauen er gewinnen muss. Seine Physis überrascht Daquin. Um die dreißig, ein großer Blonder mit halblangen Haaren und blauen Augen in einem länglichen, kantigen Gesicht, romantische Ausstrahlung, leicht britisch. Er stellt einen großen Karton mit Akten auf einem der leeren Schreibtische ab und drückt Daquin die Hand, während er ihn mustert. Gegenseitiges Beschnuppern.

      Hinter ihm folgt Delmas, ein kleiner Dunkler von sechsundzwanzig, ein Muskelpaket mit dem Gesicht eines Lebemanns. Er kommt mit leeren Händen, begrüßt Daquin gut gelaunt und nimmt den letzten verfügbaren Schreibtisch.

      Ein paar Willkommensworte, dann sagt Daquin: »Richten Sie sich in Ruhe ein, ich hole solange Espresso, dann machen wir uns an die Arbeit.«

      »Espresso? Woher?«

      »Auf der Etage. Keine Espressomaschine?«

      »Nein, nicht dass ich wüsste.«

      »Dann in der Bar des Hauses. Es gibt doch wohl eine?«

      Grimbert setzt sich mit einer Pobacke auf eine Schreibtischecke, schiefes Lächeln auf den Lippen. »Ja, natürlich gibt es eine, im Keller, die Garage, eine Bar, die die Kfz-Mechaniker der Truppe betreiben. Aber ich muss Ihnen das erklären. Sie sind dort nicht willkommen. Aus einer Reihe von Gründen. Der erste: Es ist das Terrain der Sécurité publique, Beamte in Uniform, die auf der Straße arbeiten, sich aufführen wie die Prolls der Profession. Uns, die Bullen in Zivil, die Ermittler der Kriminalpolizei, betrachten sie als Faulpelze und Intelligenzler, und sie wollen uns in ihrer Garage nicht haben. Zweiter Grund: Sie sind Commissaire, also einer von den Bossen, und kein Commissaire, nicht mal einer der Sécurité publique, ist in der Garage willkommen. Zu guter Letzt sind Sie Pariser. Wenn ein Pariser den Évêché betritt, schrillt im ganzen Haus die Alarmglocke. Das wird sich legen, aber es wird etwas Zeit brauchen.«

      Grimbert spricht mit einem ausgeprägten Marseiller Dialekt. Überspielt, denkt Daquin, oder antrainiert.

      »Ich danke Ihnen, dass Sie mir eine peinliche Situation ersparen. Ich verzichte heute auf Kaffee, das wird schwer, aber ich werd’s schaffen. Und ich werde Mittel und Wege finden, in diesem Kabuff einen elektrischen Espressokocher zu installieren.«

      Ein paar Minuten später machen sich die drei Männer an die Arbeit.

      »Sie wissen, dass wir den Mordfall Belle de Mai geerbt haben?«

      »Ja, der Chef hat uns informiert.«

      »Er hat Ihnen gesagt, dass ich mit Inspecteur Courbet eine Fahrt zum Tatort gemacht habe?«

      »Ja, das hat mich überrascht.«

      »Reiner Zufall, ich kam gerade hier vorbei.«

      »An einem Sonntag?«

      Die Akte mit den Erhebungen am Tatort, ersten Ergebnissen und den Fotos liegt aufgeschlagen vor Daquin auf dem Schreibtisch, der sie Grimbert zuschiebt und fortfährt: »Bei diesem Fall sprechen der Chef und Courbet beide spontan von einer Abrechnung im Milieu. Woran erkennen Sie Abrechnungen im Milieu, Grimbert?«

      »Zunächst die Vorgehensweise der Mörder: Sie halten sich nicht mit Feinheiten auf, veranstalten ein Gemetzel, schießen aus nächster Nähe oder mit einer Automatikwaffe. Auf offener Straße oder an öffentlichen Orten. Am helllichten Tag und mit unverhülltem Gesicht. Keine Spuren, wir sammeln zwar ein paar Patronenhülsen auf, aber die Waffen werden exportiert oder zerstört, im Allgemeinen werden sie nicht zweimal benutzt. Und auch keine Zeugen. Dann die Persönlichkeit der Opfer: Sie töten sich untereinander, im Rahmen von Machtkämpfen. Es gibt zwar manchmal Kollateralopfer, aber das ist schlichtes Pech und wir kümmern uns nicht groß darum … Schließlich und endlich wird keiner der Fälle mit der Identifizierung der Mörder abgeschlossen, schon gar nicht mit ihrer Festabnahme.«

      »Das ist eine detailgetreue Wiedergabe dessen, was ich gestern gesehen habe. Der Chef sagte mir, dass solche Abrechnungen öfter vorkommen. In welchem Rhythmus, seit wann?«

      »Seit letztem September hatten wir fünf, etwa einen pro Monat, mit insgesamt acht Toten. Ich schreibe Ihnen eine detaillierte Notiz, wenn Sie wollen.«

      »Warum diese plötzliche Häufung?«

      »Es ist die Rede von einem Erbfolgekrieg zwischen Zampa und Francis le Belge um die Kontrolle des Marseiller Milieus nach dem Fall des Hauses Guérini.«

      »Wo kommen diese beiden her?«

      »Beide sind Zöglinge von Guérini. Zampa wurde etwas länger bebrütet als Le Belge, er ist erfahrener. Im Moment trägt er allem Anschein nach den Sieg davon, es steht sechs Tote gegen zwei.«

      »Ein Spielstand wie im Tennis«, bemerkt Delmas. »Zampa gewinnt das Set,

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